Schopfheim „Da kannst nur noch Schaden begrenzen“

Markgräfler Tagblatt
Kennt sich aus mit Ideal und Wirklichkeit der Kindererziehung: Dreifach-Mutter und Kabarettistin Martina Schwarzmann. Foto: Anja Bertsch Foto: Markgräfler Tagblatt

Kabarett: Bayrisch-boshaft-bodenständig: Martina Schwarzmann trifft in der Stadthalle ins Rabenschwarze

Von Anja Bertsch

Bewehrt mit akustischer Gitarre, breitestem oberbayrischem Dialekt und einer zündenden Mischung aus boshaft und bodenständig, sorgte die Kabarettistin Martina Schwarzmann am Freitag in der gut gefüllten Schopfheimer Stadthalle für beste Unterhaltung.

Schopfheim. Ihre mal in netten Liedchen, mal im vergnügten Plauderton leutselig dahergeratschten Geschichten und Anekdoten sind mitten herausgegriffen aus dem Alltag als Dreikind-Mama vom Dorf – und werden von Martina Schwarzmann genüsslich, boshaft und mit einer ordentlichen Portion erdig-derber Direktheit so lang gegen den Strich gebürstet, bis sie aus dem vermeintlichen Landidyll abdriften und im Off zwischen absurd und rabenschwarz landen. Und damit mitten hinein treffen ins Zwerchfell des Publikums.

Verpieselte Kinderhosen und obendrüber die zweispurige Rotznase, erdig-direkte Szenen aus dem Schlafzimmer der Schwarzmannschen Eheleut’′ und sonstige Missgeschicke, oder der monatliche Weiberstammtisch, der einem einzigen Zweck dient: „Einmal im Monat essen, so lang’s Essen noch warm ist, und was runterfällt, nicht auswischen müssen.“

Perspektive und Prioritäten ändern sich beim Eintritt ins Familienleben, und mit dem -Idyll hat das oft nix „zum Tun“. Fürs Publikum bringt das jede Menge Wiedererkennungswert, der in der lakonisch-selbstironischen und boshaften Lesart von Martina Schwarzmann zum echten Vergnügen wird.

Lacher und Sympathiepunkte garantiert vor allem Schwarzmanns freimütig eingeräumter Drall ins Unperfekte und der komplette Mangel an hausfraulichem Ehrgeiz: Aufräumen, Ordnung halten und putzen bloß, weil Besuch kommt!? „So an verlogner Scheiß!“ Und was bitte qualifiziert eine Frau zum Fenster putzen?! Die Brüste als wesentlicher Unterschied zum Mann braucht′es dafür sicher nicht - „im Gegenteil: „Das macht′s sogar noch schwierig, wegen dem Gleichgewicht.“

Konsequenterweise verspürt Schwarzmann denn auch keinerlei Ehrgeiz, dem Nachwuchs – den Abend hindurch konsequent als „minderjährige Mitbewohner“ bezeichnet – als perfekte Mutter eine perfekt Kindheit zu bieten: Ein Alptraum! Da gäb’′es später ja nicht mal eine Erklärung, wenn′es einmal psychische Probleme gibt – „die Möglichkeit will ich ihnen nicht nehmen“, erklärt Schwarzmann nachdrücklich. Überhaupt: Weiß man in der Kinderlosigkeit ja ganz genau, wie′es später laufen soll in der Erziehung, merkt man als Eltern doch sehr bald, dass die lieben Kleinen „eigentlich schon fertig auf die Welt kommen: Da hast wenig Gestaltungsspielraum. Kannst eigentlich nur noch den Schaden begrenzen.“

Großes Pfund in Auftreten und Wirkung Schwarzmanns ist ihr breiter Dialekt, mit dem sie auch dem in Sachen Mundart ja sicher nicht ganz unbeschlagenen Alemannenpublikum in der Schopfheimer Stadthalle noch so manche sprachliche Horizonterweiterung verschafft. Von „oreidigen Sexpraktiken“ ist da dir Rede („da gibt’s kein Hochdeutsch dafür“), von „Feieramd-Lätschn“ („so schauen die Leut′ nach der Arbeit“), und von „g′wampert“ („das is′ wenn man eine Wampe hat“).

Schließlich geht′ es in internationale Gefilde, wenn′es den immer-passenden Bayern-Ausdruck für alles Fremdländische auch in der asiatischen Variante gibt: als „chinesischen Saupreißn“ zum Beispiel.

Am Ende entlässt Schwarzmann ein rundum zufriedenes Publikum - um etliche bayrische Fremdworte reicher, und um die gute Gewissheit, dass der ganz normale Alltag schon recht ist, und jede Menge Stoff hergibt fürs große (Bühnen-)Kino und fürs zufriedene Leben.

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