Schopfheim „Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht“

Petra Martin
Steuert scheinbar unaufhaltsam der 40-Millionen-Euro-Marke zu: der Campus. Foto: Petra Martin

Campus: Von Totschlag-Argumenten, Ärger und Enttäuschung: Projekt wird immer teurer

Schopfheim - Flotten Kurs auf die 40- Millionen-Euro-Marke nimmt das Projekt Schulcampus, das bei der Gemeinderatssitzung am Montag einmal mehr für Verdruss sorgte. „Das Totschlagargument heißt immer: ’Es geht um den Baufortschritt’“, monierte SPD-Stadtrat Thomas Gsell.

Gsell stimmte einer der zu tätigenden Vergaben nicht zu, denn diese falle um das Dreifache teurer aus als im Budgetansatz aufgelistet. Dabei ging es um die Glas- und Metallfassade für die Verbindungsbrücke zwischen Alt- und Neubau. Die Teuerung sei schwer nachvollziehbar, betonte Fraktionskollegin Teresa Bühler.

Die ablehnende Haltung könne sie verstehen, so die städtische Fachgruppenleiterin Martina Milarch, die freilich darauf aufmerksam machte, dass bei der Ausschreibung von 22 aufgeforderten Firmen lediglich eine, ein auswärtiger Betrieb, ein Angebot abgegeben habe. Dieses beläuft sich auf rund 154 000 Euro. Von einer nochmaligen Ausschreibung rate sie ab. Die Firma liefere gute Qualität, und es sei gerade im Metallbereich schwierig, eine Firma zu bekommen. Zudem könne sie nicht versprechen, dass bei einer nochmaligen Ausschreibung ein Angebot günstiger ausfalle.

Die zweite Ausschreibung ist nicht mehr europaweit

CDU-Stadtrat Thomas Kuri schlug aber eine nochmalige Ausschreibung vor, da diese dann nicht mehr auf Europa-Ebene stattfinden müsste. Zudem kenne er Firmen, die den Auftrag erledigen würden.

Martina Milarch wies darauf hin, dass diese sich aber bei der ersten Ausschreibung nicht beworben hätten. Durch eine zu erwartende zweimonatige Verzögerung könne es im übrigen zu Schäden an der Brücke kommen, diese müsste bis zum Fassadenbau vor Witterungseinflüssen geschützt werden, eine Maßnahme, die zusätzlich Geld kosten würde. Weil sich bei der Ausschreibung nur eine Firma beworben habe, bestehe auch kaum Verhandlungsspielraum, den Angebotspreis zu drücken.

CDU-Stadträtin Marianne Zabel wandte ein, die Bauleitung dränge vielleicht aufs Machen, doch für die Kosten komme die Stadt auf. Martina Milarch wiederum sagte, die Bauleitung unterliege einer Sorgfaltspflicht – dennoch stimmte die Ratsmehrheit gegen die von der Verwaltung vorgeschlagene Vergabe der Arbeiten an die einzige Firma, die ein Angebot abgegeben hatte.

Zugestimmt wurden dagegen weiteren Vergaben. Dazu zählen die Trockenbauwände und Akustikdecken (rund 388 000 Euro) und die Installationsarbeiten für die Regen-, Trink- und Abwasseranlage einschließlich Sanitäranlagen (etwa 348  000 Euro).

Bei der Ratssitzung gab Fachgruppenleiterin Milarch auch den monatlichen Überblick über die aktuellen Kosten für den Campus. Diese belaufen sich derzeit auf geschätzte 36 146 147 Euro. Das sind 3,7 Millionen Euro mehr als im Vormonat. Das „Ende der Fahnenstange“ (Thomas Gsell) ist nicht absehbar, denn im Bestandsgebäude und bei den Vergaben seien Risiken enthalten; auch Mehrkosten wegen der Coronakrise seien noch nicht vorausberechenbar.

Kostenerhöhungen gibt es unter anderem beim Neubau Schule (etwa um 75 000 Euro), und bei dem Hallenneubau kommt es zu Kostensteigerungen wegen der geänderten Bauabschnitte, zurückzuführen auf den Erhalt des Technikgebäudes, den der Gemeinderat im Mai mehrheitlich beschlossen hatte.

Eine hohe Kostensteigerung gebe es bei der Schule (Bestand) wegen der Akustik- und Abdichtungsmaßnahmen (von 5,2 auf fast sieben Millionen Euro). Hier verzeichne man eine Kostensteigerung von zehn Prozent. Eine Kostenerhöhung gibt es auch bei der „Schule Mensa Bestand“, da für die Freianlagen Umplanungen notwendig sind, die ebenfalls auf das Konto des Gemeinderatsbeschlusses gehen, das Technikgebäude zu erhalten.

Fast keine Worte mehr fand dazu Thomas Gsell, der die insgesamt rund 30-prozentige Kostensteigerung „erschreckend“ nannte. Auf die Frage von Thomas Kuri nach Sondierungen etwa beim Bestand, um sich vor unliebsamen Überraschungen zu schützen, sagte Martina Milarch, diese hätten stattgefunden, aber man könne nicht das ganze Gebäude abtragen.

Was den Baukostenindex betreffe, so Martina Milarch auf eine Frage von Peter Ulrich (SPD), so hänge dieser von den einzelnen Gewerken ab. Nach Meinung von Andreas Kiefer (Unabhängige) könnten die Zahlen beim Technikgebäude nach unten korrigiert werden, was ihm von fachlicher Seite her bestätigt worden sei.

Von der Senkung der Mehrwertsteuer profitieren

SPD-Fraktionsvorsitzender Cremans forderte dazu auf, Arbeiten und Vergaben „zu verdichten“, um von der herabgesetzten Mehrwertsteuer zu profitieren. Martina Milarch konnte sich indes eine Bemerkung nicht verkneifen: Wenn die Kosten von Anfang an um zehn Prozent höher kalkuliert worden wären, dann würde man jetzt nicht so enttäuscht sein.

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