Der Schülerhort betreut 20 Kinder, die Wartelisten sind nach Auskunft von Stefan Lohmüller dreimal so lang. Die Auslegung, die der Hort in Abstimmung mit der Stadtverwaltung getroffen habe, schließe über die Hälfte der Hortkinder trotz gültiger Betreuungsverträge komplett aus.
Stadtverwaltung: "Im schlimmsten Fall werden sieben Schulen lahmgelegt"
Dafür gibt es nach Überzeugung der Stadtverwaltung eine gute Begründung. Der Hort werde von Kindern von sieben verschiedenen Schulen besucht, teilte Fachbereichsleiter Jürgen Sänger bei der Ratssitzung mit. Man habe kein grünes Licht seitens des Kultusministeriums, diese „Durchmischung“, also eine schulübergreifende Zusammensetzung der Hortbesucher, zu erlauben.
Im schlimmsten Fall einer Ansteckung mit Corona würden sieben Schulen lahmgelegt werden. Stadt und Träger, also die katholische Kirche, müssten sich an die Vorgaben halten. Man habe sich entschieden, die größte Gruppe, die Kinder der Max-Metzger-Schule, im Hort zu belassen.
Stadt: „Das ist kein willkürlicher Ausschluss“
Der Stadtverwaltung lägen alle Hortkinder am Herzen, doch dieser Gefahr wolle man sich nicht aussetzen – zumal es derzeit schon zwei Schulen und einen Kindergarten im Landkreis gebe, die wegen Infektionen kurz nach Schulbeginn wieder geschlossen werden mussten. Nun warte man auf Antwort des Kultusministeriums, teilte Jürgen Sänger mit, der den Vorwurf, hier werde „willkürlich diskriminiert“, zurückwies. Bürgermeister Harscher erinnerte daran, dass die Zahl der Infektionen wieder steige.
Doch was tun? Die Familien hätten die Belastungsgrenze erreicht, machte Stefan Lohmüller deutlich. „Als doppelt Erwerbstätige, zum Teil alleinerziehende Eltern, sind wir angewiesen auf die Betreuung, die uns zugesichert wurde.“
Familien mit existenziellen Problemen
Im übrigen zeige diese ganze Situation schonungslos, wie schlecht Schopfheim in der Kinderbetreuung aufgestellt ist, vor allem in Ganztags- und Nachmittagsangeboten. Es fehle ein durchgängiges Konzept mit ausreichend Angeboten für U3- und Ü3-Betreuung, es fehle massiv an Betreuungsplätzen. Die derzeitige Situation stelle die betroffenen Familien vor existenzielle Probleme.
„Was konkret sind Sie bereit zu tun für den dringend benötigten Ausbau der Kinderbetreuung in einem durchgängigen Konzept?“, fragte Stefan Lohmüller. Schließlich heiße es im Leitbild der Stadt, dass Schopfheim für eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung stehe.
Sven Wünsch (Freie Wähler) hakte deshalb noch mal nach. „Wie können wir den Eltern helfen?“ Die Kinder, die den Hort nicht gemeinsam besuchen dürften, würden zusammen im Fußballverein spielen. Hier handele es sich deshalb „um zweierlei Maß“. Die Stadt habe den Eltern das Angebot gemacht, die Kinder zumindest teilweise von Tagesmüttern betreuen zu lassen, ließ Jürgen Sänger wissen. Doch dies hätten die Eltern abgelehnt.
Neue Handlungsanweisung
Gisela Schleidt (Grüne) schlug ein Treffen zwischen Gesamtelternbeirat und den Rektoren der sieben Schulen vor, moderiert von der Stadt. So könne es gelingen, übergangsweise eine schulweise Betreuung zu installieren. Fraktionskollegin Marianne Merschhemke war es wichtig, grundsätzlich über den Mangel an Kindergartenplätzen und an Betreuung zu diskutieren. Denn in fünf Jahren solle es einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule geben – und das müsse jetzt schon geplant werden.
Die Verrechnungsstelle für die katholische Kirchengemeinde übernehme die Geschäftsführung für den katholischen Schülerhort in Schopfheim, hieß es gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Man habe am Dienstag, also einen Tag nach der Ratssitzung, vom Erzbischöflichen Ordinariat eine neue Handlungsanweisung für Kindertagesstätten und Horte erhalten und sei „im Moment noch in finaler Abklärung, welche Auswirkungen diese auf den Betrieb des katholischen Schülerhorts in Schopfheim hat“, teilte die Verrechnungsstelle gestern auf Anfrage unserer Zeitung mit.
Die Familien des Schülerhorts hatte es indes schon in der Vergangenheit gebeutelt: Wegen Personalmangels war die Einrichtung 2019 sechs Monate geschlossen gewesen, und es gibt laut Stefan Lohmüller dreimal so lange Wartelisten für Plätze der Kernzeitbetreuung an Schulen wie Plätze vorhanden sind.