Die Kommunen stehen vor immer komplexeren Aufgaben, alle stöhnen unter finanziellen und personellen Engpässen. Sie haben Mühe, ihre Aufgaben aus eigener Kraft zu meistern – und im Haushalt kaum mehr Spielräume, um durch so genannte freiwillige Leistungen ihre Standortvorteile zu verbessern und die Lebensqualität ihrer Bürger zu erhöhen.
„In der Privatwirtschaft sind Fusionen gang und gäbe“, betont Klaus Strütt. Ein 50-jähriger Stillstand wäre da undenkbar. Aus gutem Grund: „Zentralität schafft Spielräume“, weiß der ausgewiesene Verwaltungsfachmann.
Auf das Land zu hoffen, sei sinnlos, zumal solche von oben angestoßene Entwicklungen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern. „Die Kommunen können nicht so lange warten“, ist Strütt überzeugt. Der Anstoß für eine erneute Kommunalreform muss in seinen Augen vielmehr von den Gemeinden selbst kommen, von innen heraus sozusagen.
Das gesetzliche Instrumentarium gibt es schon: So wie die Städte und Gemeinden bestimmte Aufgaben bisher schon in Eigenbetriebe (VHS, Bauhof) verlagern, die sich selbst finanzieren müssen, könnte dies auch in interkommunalem Rahmen funktionieren.
Kommunen müssten dazu Eigenbetriebe, Zweckverbände und Kooperationen bilden oder öffentliche-rechtliche
Reform von innen heraus
Vereinbarungen eingehen, um bestimmte Aufgaben gemeinsam zu bewältigen. Solche Gebilde gibt es vereinzelt jetzt schon (Abwasserbeseitigung, Musikschule). Für Strütt ist dieses Modell aber ausbaufähig.
Ein Beispiel: das Bauwesen. Die beteiligten Gemeinden behalten ihre Planungshoheit und geben den Kostenrahmen vor, delegieren aber die Details wie Planungen, Ausschreibungen, Wettbewerbe oder Anhörungen bis hin zur Bauausführung und zur Kostenkontrolle an den qualifizierten Eigenbetrieb. „Die Aufgabe stellt die Stadt – und übernimmt dann das Gebäude“, so Strütt.
Ähnliche Konstrukte seien denkbar beim Betrieb von Kindergärten (wie es die katholische Kirche mit ihrem Verrechnungsamt schon lange vormacht) oder beim Personalwesen. Statt sich bei der Suche nach Fachkräften gegenseitig Konkurrenz zu machen, rekrutieren die Kommunen geeignetes Mitarbeiter gemeinsam – mit dem geballten Sachverstand eines eigens dafür zuständigen kommunalen Unternehmens beispielsweise. Unabhängig davon entscheiden die einzelnen Gemeinden dann selber, wen sie tatsächlich einstellen wollen.
Ein weiteres Beispiel: die Finanzen. „Warum hat jede Gemeinde eine eigene Buchhaltung?“, fragt sich Klaus Strütt. In Zeiten der Digitalisierung wäre es in seinen Augen ein Leichtes, für einen Gemeindeverbund eine zentrale Zahlstelle einzurichten. Wobei auch hier gilt: Die Finanzplanung bleibt eine Hoheitsaufgabe jeder einzelnen Gemeinde.
Ob es je so weit kommt? „Ich darf das Undenkbare denken“, erklärt Klaus Strütt. Gemeindereform sollte für ihn auf jeden Fall kein einmaliger Akt, sondern ein „permanenter Prozess“ sein.
Klaus Strütt war mit 24 Jahren Rechnungsamtsleiter der selbstständigen Gemeinde Fahrnau. Er wechselte nach der Eingemeindung zur Stadtverwaltung, baute das neue Ordnungsamt mit auf und leitete es gemeinsam mit dem Sozialamt 14 Jahre lang. Strütt fungierte zudem jeweils zehn Jahre lang als Leiter des Hauptamts und des neu gebildeten Fachbereichs. Der heute 75-Jährige betreute das Kulturamt und war nach seiner Pensionierung noch jahrelang Rechner des Abwasserzweckverbands.