Alleinige Konzentration auf die stationäre Pflege verhindert laut Pia Maria Späth das Entstehen alternativer Modelle und Strukturen. Angebotsvielfalt sei vonnöten, Netzwerke müssten geknüpft und alternative Wohnformen umgesetzt werden. Es gelte das Prinzip der gemeinsamen Verantwortung. Die Gemeinde Maulburg beispielsweise ziehe ein kleines Quartiersprojekt einem Pflegeheim vor. „Das Zauberwort heißt Pflegemix“, so Späth.
Mangelware sei die geriatrische Reha, die beispielsweise nach einem Oberschenkelhalsbruch erforderlich wäre. Wenn man sich für stationäre Einrichtungen entscheide, dann am besten für kleinere Einheiten, so Pia Maria Späth. Solche Einheiten mit kurzen Wegen, Bäcker, Geschäft, Arztpraxis und Friseur würden präferiert. Eine Bündelung der Angebote spiele eine große Rolle, um das Ziel zu erreichen: Lebensqualität in jeder Lebensphase. Auch in einem Sterbeprozess könne es Lebensqualität geben, erläuterte Pia Maria Späth.
Der Teilhabeplan IV habe für die Zukunft die selbstständige Lebensführung auch bei Pflegebedürftigen und eingeschränkter Mobilität zum Ziel. Der Auftrag für die Stadt für ein gelingendes Altern habe die Schwerpunkte: Kurzzeitpflege, medizinische und hauswirtschaftliche Versorgung, Mobilität und Tages- und Nachtpflege. Für besondere Zielgruppen müssten Angebote geschaffen werden im Sinne einer demenz- und behindertenfreundlichen Kommune (Barrierefreiheit); auch Menschen mit Migrationshintergrund müssten miteinbezogen werden.
Lebensqualität in jeder Lebensphase
Für ein gelingendes Altern sei es wichtig, bestehende Strukturen mit quartiersbezogenen Versorgungssystemen zu ergänzen und generationsübergreifende Initiativen zu starten. Es gebe Kriterien für einen nachhaltigen Prozess – hierbei seien die Rolle des Bürgermeisters und die Positionierung des Gemeinderats entscheidend. Späth: „Es lohnt sich, sich auf diesen Weg zu machen.“
Aufgrund der demografischen Entwicklung gebe es hierzu keine Alternative, machte Grünen-Stadträtin Marianne Merschhemke deutlich. „Wir sollten uns auf den Weg machen.“ Es handele sich um eine wichtige Aufgabe der Verwaltung. Auch Fraktionskollege Ernest Barnet sah dies so. Dass künftig keine Deckung der Grundversorgung mehr bestehe, sage alles. Barnet fragte sich, weshalb die Seniorenbeauftragte der Stadt nicht bei der Sitzung war. Er plädiere für einen Arbeitskreis, „gerne unter Federführung der Seniorenbeauftragten“.
Die meisten Menschen wünschten sich alternative Wohnformen, nicht eine stationäre Pflege, pflichtete Grünen-Stadträtin Elke Rupprecht bei. Freie Wähler-Stadträtin Hildegard Pfeifer-Zäh wünschte sich eine regelmäßige Beschäftigung mit dem Thema, auch wenn es derzeit gut laufe.
Bürgermeister Harscher sprach die künftige Bebauung im Kohlengässle an und die Wiederverwendung des Krankenhausgebäudes nach Inbetriebnahme des Zentralklinikums – jetzt könnten die Weichen für dortige Angebote der Altenhilfe gestellt werden. Es sei ein Mehrwert für die Gesellschaft, wenn ältere Menschen so lange wie möglich eigenständig leben könnten mit verschiedenen Betreuungsoptionen je nach Bedarf. Wer in eine Betreuungseinrichtung ziehe, mache auch Wohnraum frei. Das evangelische Sozialwerk Wiesental sei mit seinen Häusern und dem ambulanten Pflegedienst Curare ein „Vorzeigeunternehmen“ in Schopfheim.