Schopfheim „Der Urlaub ist den Menschen heilig“

Markgräfler Tagblatt

Geschäftsübergabe: Wolfgang Grether geht in Ruhestand und hat sein Reisebüro an Seilnacht übergeben

Er ist eine Institution in der Markgrafenstadt, ein unkonventioneller Querdenker, er hat viel Humor - und er hat - statistisch gesehen - jeden Schopfheimer schon mehrmals in Urlaub geschickt: Wolfgang Grether. Zum 1. Mai hat der Tourismus-Experte sein Reisebüro verkauft - neuer Inhaber ist das Reisebüro Seilnacht.

Von Petra Martin

Schopfheim. „Es ist Zeit, das Reisebüro in jüngere Hände zu übergeben“, teilt Wolfgang Grether mit, der seit 41 Jahren in der Branche tätig ist und das Reisebüro Grether seit 31 Jahren führt.

„In den vergangenen 31 Jahren habe ich etwa 200  000 Leute in Urlaub geschickt“, bilanziert der Vollblut-Reiseprofi, der die schönsten Orte der Welt kennt - aber früher niemals gedacht hätte, jemals in seinem Berufsleben in einem Büro zu sitzen. Doch es kam anders - ein Glücksfall für urlaubsreife Schopfheimer.

Wolfgang Grether, der aus Maulburg stammt, absolvierte zunächst eine Buchdruckerlehre bei der Hornberger Druck GmbH; als Quereinsteiger kam er zu Schmidt Reisen in Schopfheim, damals in der „Pflug“-Kurve beheimatet. „Diesen Betrieb, bei dem ich zehn Jahre arbeitete, habe ich mit aufgebaut“, erinnert sich Wolfgang Grether an seine Anfangszeit in der Branche.

Wolfgang Grether machte sich mit seiner Frau Monika 1987 selbstständig, das erste Domizil war auf dem Villringer-Areal, damals noch im alten Gebäude. 1991 zogen die Grethers mit ihrem Reisebüro in das heutige Domizil in der Scheffelstraße.

„Die Entscheidung, mich selbstständig zu machen, war die richtige“, sagt der Reiseexperte. Die ganzen Unkenrufe zur Zukunft der Reisebüros in Zeiten von Internet hätten ihn nie erfasst. „Wir hatten jahrelang super Erfolge“, so Grether, „und das letzte Jahr war das beste seit Bestehen unseres Reisebüros. Das kommt nicht von ungefähr.“

Gepunktet habe man mit Service, darunter speziell der Transfer-Service, Beratung und persönlichen Kontakten. Außerdem hatte Grether immer wieder neue Ideen; erfolgreich sei hier besonders das „Hochzeitspuzzle“. Die Kunden seien nicht allein aus Schopfheim gekommen, sondern aus dem gesamten Landkreis Lörrach, dem Landkreis Waldshut und sogar aus Freiburg.

In der Branche habe das Reisebüro Grether mit seinen zehn Mitarbeitern den Ruf gehabt, dasjenige mit der wenigsten Technik zu sein. „Ist das das Reisebüro ohne Computer?“, hätten Kunden gefragt. „Dann kommen wir.“ Erst 2006 habe auch er aufgerüstet, berichtet der Reiseprofi, der sich bis heute nicht richtig mit der Computertechnik anfreunden kann. Wieso auch? „Wir haben rund drei Millionen Umsatz mit Telefon und Schreibmaschinen gemacht.“ Der Urlaub sei den Menschen heilig. Eher verzichteten sie auf etwas anderes.

Als Buchdrucker in die Reisebranche gewechselt zu haben, hat Wolfgang Grether bis heute nicht einen Tag bereut. Weil es um den Urlaub ging, seien die Kunden immer mit einem Lächeln erschienen.

In dieser Gegend sei eine starke Kaufkraft vorhanden. Das Reiseverhalten habe sich in den vergangenen 31 Jahren indes geändert: „Früher haben die Leute einmal im Jahr für zwei Wochen Urlaub gebucht“, so Wolfgang Grether. Über die Jahre seien Kurzurlaube wie Skiferien, Städtereisen oder - aufgrund der Billigflieger - Kurztrips nach Mallorca dazugekommen, Buchungen für zwei drei Tage im Europapark oder im Wellnesshotel. „Das gehört heute zum guten Ton.“

Die meisten Reisen hat Wolfgang Grether nach Europa verkauft, früher auch in die Türkei, aber weltweite Reisen gehörten auch dazu. Die teuerste, die er je verkaufte, sei eine 106-tägige Schiffsreise rund um die Welt gewesen, die sich zwei Neurentner gegönnt hätten. „Die Welt wird, touristisch gesehen, immer kleiner“, so Wolfgang Grether; die Menschen reagierten bei politischen Krisen beziehungsweise Anschlägen sofort.

Wolfgang Grether ist froh, das Reisebüro einem mittelständischen Familienunternehmen übergeben zu können, das auf eine lange Tradition und Erfahrung setzen kann. Neuer Inhaber ist Michael Seilnacht, der auch Inhaber und Geschäftsführer der Reisebüros in Lörrach, Weil am Rhein und Rheinfelden ist und dessen Großvater vor 82 Jahren das erste Reisebüro Seilnacht gründete.

Michael Seilnacht will die noch verbleibenden sieben Mitarbeiter des Reisebüros Grether übernehmen. Sein Vater, Klaus Seilnacht und dessen Ehefrau, Jutta Seilnacht, stehen beratend zur Seite.

Wolfgang Grether, der auch im Beirat des Schopfheimer Gewerbevereins als Querdenker Ideen einbrachte („Schopfheim tanzt“, „DM-Umtauschaktion“), will noch bis Ende Oktober mit 20 Stunden pro Woche in der Scheffelstraße tätig sein. Dann wird es für Grether, Jahrgang 1950, Zeit für den Ruhestand, den er mit seiner Frau Monika genießen will - gerne auf der Liege unterm Zwetschgenbaum im Garten.

Doch die Grethers wären nicht die Grethers, wenn sie nicht auch „verstärkt“ reisen wollten. „Wir haben ein Faible für Indien“, sagt das Ehepaar. Für den Ruhestand sind indes viele Reisen innerhalb Deutschlands, nach Skandinavien und in unbekannte Ecken Spaniens und Portugals in Planung.

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