In der Branche habe das Reisebüro Grether mit seinen zehn Mitarbeitern den Ruf gehabt, dasjenige mit der wenigsten Technik zu sein. „Ist das das Reisebüro ohne Computer?“, hätten Kunden gefragt. „Dann kommen wir.“ Erst 2006 habe auch er aufgerüstet, berichtet der Reiseprofi, der sich bis heute nicht richtig mit der Computertechnik anfreunden kann. Wieso auch? „Wir haben rund drei Millionen Umsatz mit Telefon und Schreibmaschinen gemacht.“ Der Urlaub sei den Menschen heilig. Eher verzichteten sie auf etwas anderes.
Als Buchdrucker in die Reisebranche gewechselt zu haben, hat Wolfgang Grether bis heute nicht einen Tag bereut. Weil es um den Urlaub ging, seien die Kunden immer mit einem Lächeln erschienen.
In dieser Gegend sei eine starke Kaufkraft vorhanden. Das Reiseverhalten habe sich in den vergangenen 31 Jahren indes geändert: „Früher haben die Leute einmal im Jahr für zwei Wochen Urlaub gebucht“, so Wolfgang Grether. Über die Jahre seien Kurzurlaube wie Skiferien, Städtereisen oder - aufgrund der Billigflieger - Kurztrips nach Mallorca dazugekommen, Buchungen für zwei drei Tage im Europapark oder im Wellnesshotel. „Das gehört heute zum guten Ton.“
Die meisten Reisen hat Wolfgang Grether nach Europa verkauft, früher auch in die Türkei, aber weltweite Reisen gehörten auch dazu. Die teuerste, die er je verkaufte, sei eine 106-tägige Schiffsreise rund um die Welt gewesen, die sich zwei Neurentner gegönnt hätten. „Die Welt wird, touristisch gesehen, immer kleiner“, so Wolfgang Grether; die Menschen reagierten bei politischen Krisen beziehungsweise Anschlägen sofort.
Wolfgang Grether ist froh, das Reisebüro einem mittelständischen Familienunternehmen übergeben zu können, das auf eine lange Tradition und Erfahrung setzen kann. Neuer Inhaber ist Michael Seilnacht, der auch Inhaber und Geschäftsführer der Reisebüros in Lörrach, Weil am Rhein und Rheinfelden ist und dessen Großvater vor 82 Jahren das erste Reisebüro Seilnacht gründete.
Michael Seilnacht will die noch verbleibenden sieben Mitarbeiter des Reisebüros Grether übernehmen. Sein Vater, Klaus Seilnacht und dessen Ehefrau, Jutta Seilnacht, stehen beratend zur Seite.
Wolfgang Grether, der auch im Beirat des Schopfheimer Gewerbevereins als Querdenker Ideen einbrachte („Schopfheim tanzt“, „DM-Umtauschaktion“), will noch bis Ende Oktober mit 20 Stunden pro Woche in der Scheffelstraße tätig sein. Dann wird es für Grether, Jahrgang 1950, Zeit für den Ruhestand, den er mit seiner Frau Monika genießen will - gerne auf der Liege unterm Zwetschgenbaum im Garten.
Doch die Grethers wären nicht die Grethers, wenn sie nicht auch „verstärkt“ reisen wollten. „Wir haben ein Faible für Indien“, sagt das Ehepaar. Für den Ruhestand sind indes viele Reisen innerhalb Deutschlands, nach Skandinavien und in unbekannte Ecken Spaniens und Portugals in Planung.