Schopfheim Die alten Strophen sind immer noch aktuell

Markgräfler Tagblatt
Sopranistin Christine Schmid und Musikgenie Florian Metz begeisterten in der Kulturfabrik. Foto: Ines Bode Foto: Markgräfler Tagblatt

100-jähriges Bestehen: Stehende Ovation für die Darbietung von Liedern aus den Anfangszeiten der VHS

Die berühmten Schlawiner der 1920er und -30er Jahre wurden allesamt in der Kulturfabrik vorgeführt: ob Johnny oder Egon, ob Waldemar oder Siegesmund. „Typen auseinander nehmen“ nannte es die Sopranistin Christine Schmid süffisant – anlässlich des 100-jährigen VHS-Bestehens trat sie im Kulturcafé auf.

Von Ines Bode

Schopfheim. Mit „Liebling mein Herz“ war das Konzert der Chansonsängerin und Akkordeonistin betitelt, und gern kam die Künstlerin dem Wunsch der VHS-Leiterin Katrin Nuiro nach, die sich Lieder von damals erbeten hatte. Jene Goldene Ära, in der „Amüsement angesagt war“, wie Schmid erinnerte. An ihrer Seite glänzte kongenial ein Herr der gewissenhaften Art. Er besitzt viele Talente, die sich im Lauf der zweistündigen Vorstellung hervortaten. Musikgenie Florian Metz begleitete stimmlich, spielte Klavier, Posaune, Basstuba, Kontrabass, Geige.

Als absoluten Knaller zauberte er zum Schluss vor den Augen des verblüfften Publikums ein bis dahin verstecktes Alphorn hervor, um die Palette seiner Künste abzurunden. Für diese Nummer mit Überraschungseffekt spendeten die Zuhörer wie im gesamten Verlauf begeistert Applaus. Die Gäste folgten dem Rhythmus der Evergreens, sangen mit, und lachten herzlich bei heiter-ironischen Texten.

Einhundert Jahre sind die Strophen alt und doch hochaktuell. Nur ein Meister seines Faches war Ralph Benatzky. Jedweder Kummer produzierte saftig-kluge Verse. Spätere Kollegen nahmen sich unrasierter Mannsbildern an („du Stachelschwein“), ebenso der treulosen Burschen. Ein Neandertaler sei die Lösung, sang Schmid. Ein anderer Rat besagte, „Nehm’n Sie ’n Alten, der küßt nur im eig‘nen Raum - ‘s langt ja auch für eine kaum“.

Vom Humor des Otto Reutter ging es zu jenem Exemplar, das „immer soo müde ist, munter kenn ich den nich“, wie einst Loni Heuser klagte. Zu ihren Zeitgenossinnen gehörte Marlene Dietrich, deren Blauer Engel-Hit „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ von Schmid natürlich mit Zylinder interpretiert wurde.

Der Dietrich folgte standesgemäß Zarah Leander, deren wehmütige Windanbetung einen ersten Programmhöhepunkt bescherte. Schmid gab ihrem Oktavenreichtum gehörigen Raum und bot eine neu arrangierte, ausladende Arie. Weiter ging’s mit „Nur nicht aus Liebe weinen“, nicht zu vergessen den Barbar Waldemar, wie es ohnehin nur um Eskapaden und Tiraden ging in den legendären 20ern. Und um den Promille-Faktor! Viel Stoff bot sich der Diseuse Schmid, die wegen eines gewissen Egons von Himbeergeist zum Frühstück sang, und vom Whiskey, der zum Glück genüge. Nicht fehlen durfte Kurt Weill, respektive dessen Mackie Messer. Nach New York emigriert, schrieb Weill das Lied vom Schuft Johnny. „Nimm die Pfeife aus dem Maul, du Hund“, wetterte die Protagonistin, die sich der Verwandlung bediente.

Unvergessene Stücke und eigenes Liedgut kamen zu Gehör bei diesem Auftritt, der nach zwei Stunden nostalgischer Unterhaltung verdient in Zugaben und eine Standing Ovation mündete.

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