Abgesehen von der Tatsache, dass Kauten den klavieristischen Anforderungen bei der berühmtesten aller ungarischen Rhapsodien Liszts, der Zweiten, vollauf gewachsen ist, verdient in diesem abwechslungsreichen Programm ihre Bartók-Interpretation Beachtung. Belá Bartók hat selbst besonders gern und oft seine Suite für Klavier solo op.14 gespielt: ein Werk in einem neuen Klavierstil. Dieser liegt der Schweizer Pianistin mit ungarischer Abstammung besonders gut. Vielleicht, weil Andrea Kauten die ungarische Klaviertechnik beherrscht, die im Gegensatz zu der anderen, der russischen Anschlagstechnik, den Ton aus den Tasten des Flügels „herauszieht“, vielleicht auch, weil sie Bartók mit sublimem Temperament, feinnerviger Rhythmik und Feinmotorik der Finger angeht, gelingen ihr vier unmittelbar packende Sätze, sensibel in den Stimmungsunterschieden abgetönt.
Wer so lebendig und ansprechend, ganz auf Klang und Rhythmus abgestellt, Bartóks Musik interpretieren kann wie sie, von dem möchte man noch mehr Solo-Werke des Ungarn hören! Dass Andrea Kauten aber auch ihre Qualitäten im Schumann-Spiel hat, bewies ihre geschlossene Darstellung von sieben ausgewählten Stücken aus dem „Album für die Jugend“, einem Zyklus, der sonst im Konzertsaal keine große Rolle spielt. Aber Stücke wie „Wilder Reiter“ oder „Fröhlicher Landmann“ sind aus der Klavierstunde bis heute nicht wegzudenken und können, zumal mit so größter Identifikation gespielt, auch im Konzert bestehen.