Von Jürgen Scharf
Kulturcafé: „Der Widerspenstigen Zähmung“ als Ein-Frau-Theaterstück mit Eunike Engelkind
Von Jürgen Scharf
„Schlag nach bei Shakespeare...“. Nein, das ist das falsche Stück. Mit dem Musical „Kiss me Kate“ hatte die Solo-Version von Shakespeares Komödie „Der Widerspenstigen Zähmung“ von und mit Eunike Engelkind in Hannas Kulturcafé nichts zu tun. Und gesungen wurde auch nicht.
Schopfheim . Nach über drei Jahren war die Stuttgarter Schauspielerin jetzt wieder bei Hanna Sanner zu Gast, damals gastierte sie noch im Café Fräulin in Zell mit einem Kaspar-Hauser-Stück. Dieses Mal wollte sie etwas Lustiges machen, weil ihre sonstigen Stücke, die sie alle selbst bearbeitet, eher tragisch sind.
Und so brachte sie jetzt ihr neu verfasstes Ein-Frau-Theater frei nach Shakespeare und dem Libretto der 1874 in Mannheim uraufgeführten komischen Oper „Der Widerspenstigen Zähmung“ von
Sechs Figuren – eine Darstellerin
Hermann Goetz zur Aufführung.
Das Spiel von der Zähmung der Widerspenstigen wurde auf der Bühne ausgetragen von Petruchio und Katharina und weiteren sechs Figuren – allesamt dargestellt von Eunike Engelkind in Personalunion.
Die Reise führte in das Land, wo die Zitronen blühen, in die Lombardei, ins Padua Shakespeares. Engelkind spielt gleich alle Personen, mit veränderter Stimme, wechselnder Kostümierung, passender Gestik und Mimik: die schöne Bianca ebenso wie ihre ältere Schwester Katharina, einen zänkischen Drachen, „die Stolze mit dem Nudelholze“, die als erstes an den Mann gebracht werden soll.
Wie gut, dass da gerade der abgebrühte Petruchio auftaucht, ein elisabethanischer Macho, dem kein zahmes Täubchen zur Braut taugt, denn er will eine feurige Schöne. In feuerrotem Gewande mimt Engelkind die Unbezwingbare, die gebändigt werden soll und am Schluss lammfromm wird, „sanft wie Zephirwind“.
Es ist witzig, wie die Aktrice diese stolze Amazone verkörpert, aber auch wie sie in Sekundenschnelle zum Herrn der Schöpfung wechselt. Eine einzige Kopfbedeckung reicht hier, oder sie rafft mal schnell ihren Rock hoch. Ring frei heißt es beim Hochzeitstag, an dem die Fetzen fliegen, nach dem Motto: „Catch me, if you can!“
Den Vater Baptista spielt die wandlungsfähige Theaterfrau etwas gebrechlich mit Lorgnon, und es gibt viele Anspielungen, eine an Adam und Eva, an die Ode von Schiller/Beethoven („Wer ein holdes Weib errungen“) oder an „Kiss me Kate“.
Nach gut einer Stunde sind Käthchen und Eunike des Kampfes müde und das ewige Fangspiel durch alle Zeiten findet ein Ende. Es herrscht wieder Ruhe in Padua und im Kulturcafé, und die Darstellerin hebt den Weinkrug, um sinnbildlich mit den Gästen anzustoßen.
Im Gespräch nach der Aufführung erzählt die 33-Jährige etwas über ihre Theaterstücke. Im Repertoire hat sie Anspruchsvolles vom Käthchen von Heilbronn über Hölderlins Hyperion und Bettina von Arnim bis zur Widerstandskämpferin Sophie Scholl. Sie wählt gern Themen, die mit Leben und Taten von Persönlichkeiten um 1800 zu tun haben, so wie Napoleon im Zuge der Kaspar-Hauser-Geschichte. In ihrer neuesten Produktion will sie den Versuch wagen, Goethe aktuell als Brückenbauer nach Osten hin zu zeigen.
Ihre Interpretation des „West-Östlichen Diwans“ wird in zwei Monaten Premiere haben. Und wer weiß, vielleicht kommt sie damit irgendwann nach Schopfheim.