Schopfheim Echtes Original mit Liebe zum Wald

Markgräfler Tagblatt

Helmut Bäckert: Der Stadtförster geht nach 35 Jahren in den Ruhestand / Interview zum Abschied

Förster zu sein, war schon immer sein Traumberuf: Seit der vierten Klasse hatte Helmut Bäckert das Ziel, diesen Beruf zu ergreifen - und er übte ihn als Förster für den Schopfheimer Stadtwald mit Leidenschaft aus.

Schopfheim. Zum 30. Juni geht Bäckert nach 35 Jahren als Stadtförster in den Ruhestand. Unserer Redakteurin Petra Martin stand Helmut Bäckert gerne Rede und Antwort.

Zunächst erinnerte Bäckert, der schon als Kind am liebsten in der Natur war, an seine Kindheit und Großmutter. „Meine Oma hat mich geprägt. Sie war eine Frau aus bescheidenen Verhältnissen, die sich in der Natur gut auskannte. So kam es, dass ich als kleiner Bub zum Beeren und Pilze sammeln in den Entegast und zum Kräuter sammeln auf den Dinkelberg kam.“

Frage: Dem Wald wird eine gesundheitsfördernde und entspannende Wirkung nachgesagt. Der Wald war Ihr Arbeitsplatz. Wie entspannt sind Sie?

Jetzt eigentlich ganz entspannt. Nachdem ich loslassen konnte oder durfte, sehe ich der weiteren Zeit gelassen entgegen (Bäckert schmunzelt).

Frage: In welchem Zustand befindet sich denn der Schopfheimer Stadtwald?

Er befindet sich aus meiner Sicht in einem ordentlichen Zustand, ohne zu übersehen, dass auch der Schopfheimer Wald nicht ohne Gefahren und Schäden dasteht. Zum Beispiel haben wir das Eschentriebsterben, das derzeit unsere Eschen hinwegrafft. Im Augenblick ist auch wieder eine latente Gefahr durch die Borkenkäfer vorhanden.

Frage: Wie kann die Bedrohung durch das Eschentriebsterben und den Borkenkäfer minimiert werden?

Gegen das Eschentriebsterben gibt es nichts. Es handelt sich um einen Pilz, der sich über die Sporen verbreitet, da gibt es keine Möglichkeit, dagegen anzugehen. Experten hoffen, dass eine bestimmte geringe Prozentzahl der Eschen resistent beziehungsweise tolerant gegenüber diesem Pilz ist und sich dadurch diese Baumart erhalten kann.

Gegen den Borkenkäfer hilft die so genannte saubere Waldwirtschaft, das heißt möglichst kein Totmaterial dem Borkenkäfer anbieten und möglichst Mischbestände begründen, damit der Borkenkäfer Schwierigkeiten hat, die Fichten zu befallen.

Frage: Inwieweit macht die Klimaerwärmung dem Wald zu schaffen?

Aus meiner Sicht kann man das für den Schopfheimer Stadtwald noch nicht sagen. Aber Experten stellen fest, dass Fichten immer stärker an den Rand ihrer Existenzmöglichkeiten gelangen. Vielleicht wird irgendwann einmal ganz auf die Fichte als Baumart verzichtet, denn sie leidet unter der Temperaturerhöhung am meisten. Allerdings gehörte sie früher nicht so stark zum Waldbestand dazu.

Sie wurde eher aus wirtschaftlichen Gründen stärker angebaut, weil sie schneller als Laubholz wächst.

Frage: Das Spannungsfeld zwischen den verschiedenen Funktionen des Waldes ist ja ein heikles Thema. Einerseits geht es um die wirtschaftliche Relevanz, anderseits gilt der Wald als das Freizeitgelände schlechthin.

Der Anspruch an den Wald als Erholungsraum hat in den letzten 30 Jahren deutlich zugenommen. Dadurch wird auch im öffentlichen Wald bei der Bewirtschaftung mehr Rücksicht auf diese Ansprüche genommen. Die Bewirtschaftung selber wird dadurch nicht einfacher.

Konflikte mit Waldbesuchern entstehen besonders bei Absperrungen, die nicht beachtet werden. In Fahrnau haben Mountainbiker einfach eine Downhillstrecke auf einem schmalen Fußweg geschaffen. Kürzlich haben mich drei Mountainbiker bei der Hohen Möhr angepöbelt.

Frage: Wie hat sich der Stadtwald in den vergangenen 35 Jahren entwickelt?

Der Stadtwald wird heute naturnäher bewirtschaftet. Der Anteil des Laubholzes hat sich deutlich erhöht, weil besonders nach den beiden Förstertraumata - der Sturm vom 16. August 1989 zusammen mit den Orkanen Vivian und Wiebke im Februar 1990 sowie Lothar am 26. Dezember 1999 - die dadurch entstandenen Flächen mit Laubholz wiederbewaldet wurden. Das hat ökologisch schon Vorteile. Damit wird auch der Klimaveränderung Rechnung getragen.

Ebenfalls wurden in den letzten Jahren circa 14 Hektar Fichtenbestände auf dem Dinkelberg im Zuge von Ausgleichsmaßnahmen für die A 98 in Eichenwald umgewandelt.

Frage: Die Orkanereignisse waren das Schlimmste in Ihrer Amtszeit?

Ja, das sehen Sie schon daran, dass ich die Daten auswendig weiß. Am 16. August 1989 hat der Sturm im Schopfheimer Stadtwald (im unteren Teil des Entegasts) mit Schwerpunkt auf dem Dinkelberg rund 30 000 Festmeter Schadholz angerichtet, das Sechsfache des normalen Jahreseinschlags. 50 Hektar Kulturfläche waren aufzuforsten.

„Lothar“ hat lediglich für einen Schaden von 25 000 Festmetern gesorgt. Da war schon eine Naturverjüngung im Gang und nicht so viel aufzuforsten.

Frage: Ist der saure Regen eigentlich noch ein Thema?

Der saure Regen ist derzeit kein Thema. Die Maßnahmen vor 30 Jahren haben weitgehend zu dem Ziel geführt, dass sich die Situation deutlich verbessert hat. Aber auch auf diesem Gebiet herrscht nicht die heile Welt.

Frage: Werden Sie im Ruhestand Waldspaziergänge unternehmen?

O ja, das genieße ich sehr. Und ich werde den wilden Orchideen nachlaufen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass der Bürokratismus in den letzten Jahren meiner Dienstzeit exorbitant zugenommen hat, so dass sich das Verhältnis Arbeit im Wald zu Arbeit am Schreibtisch letzterem zugeneigt hat.

Frage: Herr Bäckert, was ist Ihr Lieblingsbaum?

Mein Lieblingsbaum ist die Elsbeere. Es ist ein Baum, der recht selten ist, der auf dem Dinkelberg natürlich vorkommt, er hat wunderschöne Blätter und wunderschönes Holz. Es ist die Holzart, die am wenigsten „schafft“ und deshalb früher für Zeichen- und Messwerkzeuge verwendet wurde.

Helmut Bäckert, Jahrgang 1952, kam im alten „Pflug“ in Schopfheim zur Welt. Seine Vorfahren väterlicherseits waren in Wiechs ansässig.

Bäckert war seit dem 1. November 1983 als Stadtförster in Schopfheim tätig, zum 1. Januar 2007 wechselte er in den Dienst des Landkreises, was zur Folge hatte, dass er zusätzlich zum Stadtwald für den Privatwald auf den Gemarkungen Schopfheim, Eichen, Fahrnau und Wiechs zuständig war. Helmut Bäckert ist selbst Privatwaldbesitzer.

Von 1984 bis 2013 war Bäckert Verbindungsoffizier der Bundeswehr zum Landratsamt in Lörrach mit dem Auftrag, den Katastrophenstab im Falle eines Großschadenereignisses über mögliche Hilfeleistungen durch die Bundeswehr zu beraten.

Die letzten vier Jahre war der Oberstleutnant der Reserve Verbindungsoffizier zur Schweizer Armee für die Beratung und Organisation gegenseitiger Katastrophenhilfe mit militärischen Kräften.

Am kommenden Mittwoch, 27. Juni, wird Bäckert in einer Feierstunde im Schopfheimer Rathaus offiziell verabschiedet.

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