Schopfheim Ein absolutes Bravourstück

Jürgen Scharf
Als eingespieltes Team präsentierten sich in der Stadtkirche die Geigerin Ines Then-Berg und der Organist Jörn Bartels in ihrem neuen Balladen-Programm. Foto: Jürgen Scharf

Konzert: Duo-Abend in der evangelischen Stadtkirche: Balladen mit Violine und Orgel

Guten Anklang fand das zweite Konzert, ein Duo-Abend, zum Auftakt des neuen Kirchenmusikjahres 2022 in der Stadtkirche.

Von Jürgen Scharf

Schopfheim . Wer kennt nicht seit Viscontis Film „Tod in Venedig“ das „Adagietto“ aus Gustav Mahlers fünfter Sinfonie? Aber wer hat schon mal eine Bearbeitung für Violine und Orgel dieses populärsten Sinfoniesatzes von Mahler gehört?

Mit dieser Transkription - puren Saitenklängen und zarten Harfenimitationen an der Orgel - warteten Ines Then-Berg und Jörn Bartels am Samstag in ihrem Spezialprogramm „Balladen - Violine und Orgel stimmungsvoll“ auf.

Hinter diesem Balladenthema - es wurden drei Balladen musikalisch interpretiert und eine rezitiert - verbarg sich ein romantisches Repertoire mit Originalstücken und Bearbeitungen, recht unkonventionell mit individuellem Gepräge.

Es begann mit einem der beiden Violinjuwelen Beethovens, der zweiten Romanze in F-Dur op. 50, ein berühmtes, einschmeichelndes und lyrisches Werk, das einen wunderschönen Violinton und romantischen Ausdruck geradezu herausfordert.

Ines Then-Berg packt diese Romanze geschmackvoll und intensiv zugleich an, mit schlanker Tongebung und flüssigen Tempi - eine stilistische Haltung, die sie den ganzen Abend über beibehielt.

Sie spielt mit entspannten Fingern und einer gelockerten Hand, und diese gute Violintechnik kommt den Charakterstücken entgegen. Etwa der „Méditation Religieuse“ von Auguste Péron mit ihren Achtelbewegungen und Crescendi, der melancholischen „Ballada“ op.15 von Antonin Dvorák mit ihrem melodramatischen Mittelteil oder dem schlichten, eingängigen und kantablen „Prière“ (Gebet) von Camille Saint-Saens in einer Adaption für Violine.

Die Geigerin zeigt – stets in homogenem Zusammenspiel sensibel, feinfingrig und rhythmisch flexibel von ihrem langjährigen Duopartner an der Voit-Orgel begleitet – nicht nur ihre Neigung zum kleinen Genre der Violinmusik und zu Stücken mit meditativem Charakter.

Nein, sie präsentiert auch ein ganz anderes Kaliber: die höchst virtuose dritte Solosonate, betitelt „Ballade“, von Eugène Ysaye. Eines der bedeutendsten Werke für Solovioline nach Bach und Paganini, ein absolutes Bravourstück, technisch an der Grenze des Machbaren.

Für den Vortrag dieser einsätzigen rezitativähnlichen Ballade in rhapsodischem Erzählton (übrigens gewidmet dem rumänischen Geiger und Komponisten George Enescu und ein wundervolles Beispiel raffinierter Geigenvirtuosität) wechselte Ines Then-Berg von der Empore in den Altarraum.

Das musste man auch gesehen haben, die Bogentechnik bei den extrem schwierigen Passagen. Die Darstellung ebenso souverän, technisch versiert wie voller Klarheit und perfekt in der Intonation.

Jörn Bartels, Emmendinger Bezirkskantor, der wie die Geigerin schon öfter in Schopfheim zu Gast war, kam auch von der Orgelempore herab und rezitierte mit stimmlichem Pathos und theatralisch Heinrich Heines aufregende Ballade vom Babylonierkönig Belsazar.

Die Geschichte handelt von der Hybris eines Menschen, der sich über Jehova stellt. Beim Gastmahl erscheint eine Flammenschrift, eine feurige Zeichnung, als Menetekel an der Wand: Hochmut kommt vor dem Fall!

Auf diese beiden Balladen-Höhepunkte, die im Zentrum des Abends standen, folgte als Beruhigung der einfühlsame Mahler-Hit, idyllisch, friedlich, sanft, schwebend mit Geigen-Glissandi, ersterbend, leise verklingend: ein instrumentales „Lied ohne Worte“. Wunderschön.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading