Schopfheim Ein klavieristisches Ereignis

Jürgen Scharf
Andrea Kauten stellte in privatem Rahmen ihre neue Solo-CD „Promenade“ mit berühmten Klavierwerken vor.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Foto: Jürgen Scharf

Konzert: Klassik im Krafft-Areal: CD-Release vor Berlin-Premiere / Furioses Spiel von Andrea Kauten

Schopfheim-Fahrnau -  Andrea Kauten, Hauspianistin im Krafft-Areal und künstlerische Leiterin der Klassikreihe, ist nicht nur eine Pianistin, die öfter vor Publikum auftritt, sondern auch eine rege Studiopianistin, die schon zahlreiche Aufnahmen gemacht und auf Tonträger herausgebracht hat.

Erst jetzt wieder hat sie eine neue CD mit zwei bedeutenden großen Standardwerken der Klavierliteratur vorgelegt, die sie bei einem Privatkonzert am Samstag in der Fahrnauer Tonhalle erstmals präsentierte, bevor die Produktion am Mittwoch anlässlich eines Recitals in Berlin ganz offiziell vorgestellt wird.

Bei diesem CD-Release-Konzert bekamen die Freunde und Gönner der Stiftungskonzerte, bei denen seit langem eine innere Beziehung zwischen Veranstalter, Pianistin und Publikum gegeben ist, als Erste Einblicke in das CD-Programm mit den 24 Préludes von Chopin und den „Bildern einer Ausstellung“ von Mussorgsky. Dass Kauten ganz privatissime auftrat, zeigte schon ihr sommerlich helles Outfit anstelle abendlichem Schwarz.

Dieses Hauskonzert belebte das Format früherer Salonkonzerte aus dem 19. Jahrhundert wieder, wie es einst in den Salons von Chopin, seiner Lebensgefährtin George Sand oder Liszt gepflegt wurde. Das letzte offizielle Konzert ist schon lange her, zehn Monate. Und nicht nur die Organisatoren haben fast vergessen, wie sich so ein Konzert anfühlt.

Das Programm war überwiegend das von der neuen CD. Die Aufnahme ist ein weiterer Beweis von Kautens großer Klavierkunst und eine außerordentliche Demonstration in Sachen Virtuosität. Es braucht schon geölte Fingergelenke, um allein die Vortragsanweisungen des Polen Chopin zu befolgen. Jede dieser 24 Miniaturen soll im raschen Wechsel Agitato, Lento, Vivace oder Largo gespielt werden – eine enorme Herausforderung nicht nur für die Solistin, sondern auch für die Zuhörer, diese „Gedichte in Tönen“ mit ihren Spaziergängen durch die Seelenlandschaften und Tonarten auseinander zu halten.

Gerade die schnellen Nummern legt Kauten „con fuoco“, mit feuriger Kaltblütigkeit auf die Tasten. Unter ihren Händen klingen die harmonisch und formal extrem modernen und kühnen Presto-Stücke äußerst brillant; die Pianistin überzeugt manuell durch ihre hervorragende Spieltechnik.

Bei so viel pianistischem Furor kommt der Konzertflügel in der Halle voll zum Tragen. Der große Steinway, der auch schon mal zu Aufnahmen nach Ungarn reisen durfte, blieb für diese CD-Produktion im Gebäude der ehemaligen Schuhfabrik Krafft. Dank eines guten Tonmeisters, der die Akustik in den Griff bekam, klingen die im letzten Sommer und teils schon vorher aufgenommenen Klavierwerke sehr plastisch.

Dazu kommt der prägnante Zugriff der Künstlerin, der auf dieser Platte einmal mehr auffällt. Kauten bringt es fertig, ein so durch Ravels populäre, hochglanzpolierte Orchesterversion abgenütztes Stück wie die „Bilder einer Ausstellung“ in der weitaus weniger bekannten originalen Klavierfassung wie neu und ursprünglich erscheinen zu lassen.

Mussorgskys Klaviermusik in der Originalgestalt ist auf dieser CD ein klavieristisches Ereignis, und war es auch bei der Release-Präsentation. Mit konzentrierter Artikulation und in voller Farbigkeit werden die einzelnen programmatischen Stücke charakterisiert: die spielenden Kinder in den Tuilerien, die tanzenden Küken in den Eierschalen, die schwatzenden Weiber auf dem Marktplatz in Limoges bis hin zur glockendonnernden Apotheose im großen Tor von Kiew.

Dass dem Hörer ein ungemein kräftiger und großer Ton entgegenkommt, ist dem Spiel der Solistin zuzuschreiben. Da die CD den schönen, aus Mussorgskys Zyklus entlehnten Titel „Promenade“ trägt, durfte auch Kautens Hündin Winnika beim Foto-Shooting mit Frauchen mit aufs Cover.

Weitere Informationen: Andrea Kauten: „Promenade“, CD erschienen 2021 bei Solo Musica, München

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