Schopfheim Ein Pazifist im Priestergewand

August Bichelmeier

Gedenken: Zum 75. Todestag von Max Josef Metzger. Märtyrer des Friedens und der Ökumene.

Schopfheim - Der Vorgang dauerte sieben Sekunden. Die Uhr zeigte 15.26 Uhr an, als Max Josef Metzger ermordet wurde (Justizmord). Die Enthauptung fand im Zuchthaus Brandenburg-Görden statt und erfolgte mit dem Fallbeil. Diese Hinrichtung jährt sich am heutigen Tag zum 75. Mal.

Als „für alle Zeit ehrloser Vaterlandsverräter“ war der katholische Priester ein halbes Jahr zuvor von Roland Freisler, dem berüchtigten Präsidenten des so genannten „Volksgerichtshofes“ zum Tode verurteilt worden. Auf dem Todesurteil ist Metzgers Geburtsort angegeben – Schopfheim.

An jenem 17. April 1944 erfuhr Max Metzger erst zwei Stunden vorher, dass er an diesem Tag als dreißigster und letzter hingerichtet werden sollte. Er konnte noch kurz zwei Abschiedsbriefe verfassen. Darin schrieb er: „Nun verlangt der Herr doch das letzte von mir – von uns – Sein Name sei gebenedeit! Ich habe IHM mein Leben angeboten für den Frieden der Welt und die Einheit der Kirche – möge ER es so annehmen und segnen! Ich gehe mit frohem Herzen in den Tod - nein, ins Leben, wie ich glaube“.

Max Metzger ist ein Märtyrer des Friedens und der Ökumene. Seit er im Jahr 1915 als Feldgeistlicher die Kämpfe am Hartmannsweilerkopf miterlebt hatte, kämpfte er als Pazifist für Völkerverständigung, Abrüstung und das Recht auf Kriegsdienstverweigerung.

Da die Friedensbotschaft des Christentums unglaubwürdig und damit wirkungslos bleiben musste, solange die christlichen Konfessionen selbst gegeneinander standen, engagierte er sich für die Ökumene und forderte 1939 in einem Brief an Papst Pius XII. die Einberufung eines ökumenischen Konzils zur Wiedervereinigung der Christen.

Im Jahr 1919 gründete er eine religiöse Gemeinschaft, eine Art Orden, in dem alle Mitglieder, ob Frauen oder Männer, ob Geistliche oder Laien, gleichberechtigt sind. Diese Gemeinschaft, das „Christkönigsinstitut“, feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Vor allem in der Betreuung von hilfebedürftigen Menschen am Rande der Gesellschaft war und ist diese Gemeinschaft aktiv.

Einen Namen machte sich Metzger auch in der so genannten Abstinenzbewegung als Kämpfer gegen Alkoholismus und als Vegetarier. Als Christ stand er im Kontrast zum Nationalsozialismus, weshalb er in das Visier der Gestapo geriet.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Metzger in vielen Bereichen im Widerspruch zur damaligen Haltung seiner Kirche stand und in der Gesellschaft der Zwischenkriegsszeit ein Außenseiter war.

Ein Märtyrer des Friedens und der Ökumene

In einem Brief aus dem Gefängnis schrieb er einmal: „Spätere Zeiten werden mich besser verstehen, es war ja immer mein Verhängnis, dass ich der Zeit etwas voraus war und daher nicht verstanden werden konnte“.

Vieles von dem, wofür Max Metzger gelebt hat, ist nach seinem Tod Realität geworden. Das gilt für das Grundgesetz als Basis für die deutsche Demokratie, das gilt für den europäischen Einigungsprozess als Grundlage des Friedens. Das gilt im Bereich der Kirche für die Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils.

Als der Zweite Weltkrieg vorbei war und man daran ging, bisherige Helden und Vorbilder der Deutschen auszusortieren, um sie durch neue, unbelastete zu ersetzen, blieb Metzger das, was er auch zu seinen Lebzeiten schon war – ein Außenseiter.

Als es galt, eine neue deutsche Armee aufzubauen, waren es Claus Graf Schenk zu Stauffenberg und die Männer des 20. Juli, die jetzt gerühmt wurden. Sicher war Stauffenberg ein Held. Heute aber stellen manche fest, dass er kaum in die Ahnenreihe unserer heutigen Form von liberaler Demokratie passen dürfte.

In der katholischen Kirche schaute man nach dem Krieg mit Hochachtung auf Clemens Graf von Galen, Bischof von Münster (seliggesprochen 2005). Wegen seiner Kritik an der NS-Herrschaft, insbesondere an der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“, wird der populäre Oberhirte zu Recht als „Löwe von Münster“ bezeichnet. Es bleibt aber auch festzustellen, dass er die Weimarer Demokratie abgelehnt hatte.

Schopfheimer Wanderausstellung zieht weite Kreise

Max Metzger hingegen war Demokrat und er lehnte jeden Krieg ab. Sein etwas hilflos wirkender Versuch, einen Frieden für ein nach dem Krieg erneuertes Deutschland zu vermitteln, kostete ihn das Leben. Aber ein katholischer Priester, der als Pazifist, Kapitalismuskritiker, Vegetarier und Alkoholgegner in Erscheinung getreten war, passte für die meisten in Politik, Gesellschaft und Kirche auch nach 1945 nicht in das Anforderungsprofil für Vorbilder.

Erst in den 70er und 80er Jahren, als sich zum Teil die Maßstäbe veränderten, wurde Max Metzger bekannter. Auch die Schopfheimer Ausstellung von 1987, die als

Wanderausstellung durch den gesamten deutschsprachigen Raum zog, hat dazu einen Beitrag geleistet.

Bisheriger Höhepunkt dieser zunehmenden Würdigung von Leben und Wirken Metzgers ist sicher das Seligsprechungsverfahren, das, nach jahrelanger Vorbereitung in Freiburg, im Jahr 2014 an die zuständige Kongregation im Vatikan zur Entscheidung weitergeleitet wurde.

Wie mit dem Gedenken an Max Metzger umgehen?

Wie gehen wir heute, wie sollen wir in Zukunft mit dem Gedenken an Max Metzger umgehen? Wie wollen wir die Erinnerung an diesen außergewöhnlichen Sohn Schopfheims weitertragen? Es geht nicht um das Bewahren der Asche, sondern um das Weitergeben der Flamme.

Vielleicht können öffentliche Einrichtungen, einschließlich der Schulen, einen Beitrag dazu leisten, dass Max Metzger nicht vergessen wird. Eine eventuelle Seligsprechung Metzgers sollte seine Heimatstadt nicht unvorbereitet vorfinden.

In der Karwoche wird in regulären Gottesdiensten des 75. Todestages von Max Metzger gedacht. Am heutigen Donnerstag findet um 19 Uhr in der „Krone“ in Tegernau ein Vortrag mit Präsentation über Leben und Werk Max Metzgers statt.

Eine Vorbereitungsgruppe plant, in Schopfheim im Rahmen der ökumenischen Friedensdekade im November eine eigene Veranstaltungsreihe zu Ehren Metzgers durchzuführen.

Max Josef Metzger

Max Josef Metzger wurde am 3. Februar 1887 in Schopfheim als erstes von vier Kindern des Realschullehrers Friedrich August Metzger und seiner Ehefrau Anna geboren. Er besuchte die Volksschule und die Realschule in Schopfheim.

Nach dem Abitur studierte von 1905 bis 1910 Philosophie und Theologie in Freiburg im Breisgau und in Freiburg im Üechtland und promovierte 1911 zum Doktor der Theologie.

Wegen seiner pazifistischen Überzeugung verurteilte ihn der Volksgerichtshof unter Vorsitz seines Präsidenten Roland Freisler am 14. Oktober 1943 zum Tode. Am 17. April 1944 wurde Max Josef Metzger im Zuchthaus Brandenburg-Görden enthauptet.

In Berlin-Wedding ist ein Platz nach ihm benannt. Der Senat enthüllte dort im Jahr 1994 eine Granitstele zu Ehren des Priesters. In Schopfheim trägt die Grundschule seinen Namen. 2016 wurde vor der St.-Joseph-Kirche in Berlin-Wedding, Müllerstraße 161, ein Stolperstein mit seinem Namen verlegt.

Am 8. Mai 2006 begann der Seligsprechungsprozess für Max Josef Metzger. Acht Jahre lang wurden schriftliche Quellen und Zeugenaussagen gesammelt.

Das Ergebnis – rund 6000 Seiten Studien und Belegen – ging 2014 an die römische Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse.

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