Schopfheim „Eine Art Amazon vor Ort“

Werner Müller

IT-Fachmann Ralf Bielawski entwickelt Online-Plattform „Schopfheim kauft ein“ – mit Erfolg

Schopfheim - In der Krise eine Chance erkennen: Als die Corona-Pandemie im März den hiesigen Einzelhandel, der durch die Internetkonkurrenz ohnehin schon gebeutelt genug ist, wochenlang lahm legte, schlug die Stunde von Ralf Bielawski.

„Ich muss für Schopfheim was machen“: Dieser Gedanke ließ den IT-Fachmann, der seit 1995 „intensiv“ in der Markgrafenstadt lebt und hier längst Wurzeln geschlagen hat, nicht mehr los.

Der 58-Jährige betreibt seit 2012 eine eigene Agentur für digitales Marketing – und sah darin fürs heimische Gewerbe eine Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Zum einen, die Corona-bedingten Umsatzeinbußen abzumildern und zum anderen die Flucht der Kunden auf globale agierende Internet-Einkaufsportale zu bremsen.

Online-Plattform bündelt Einkaufsmöglichkeiten in Schopfheim

Als Antwort auf die grassierende Existenzangst im lokalen Handel und Gewerbe schwebte Bielawski eine Online-Plattform vor, die alle Einkaufsmöglichkeiten in Schopfheim bündelt und es den Kunden erleichtert, vor Ort gezielt und bequem nach Waren und Dienstleistungen zu suchen. „Das soll für jeden sein, der mit dieser Stadt etwas zu tun hat, ob Einwohner oder Tourist“, so Bielawski zu seiner Triebfeder.

Von der Idee bis zum fertigen Konzept brauchte er knapp sechs Wochen – Mitte April stand das Portal mit Namen „Schopfheim kauft ein“ im Netz. Es ist nach Angaben des 58-Jährigen etwas ähnliches wie EBay – mit einem gravierenden Unterschied: Wer hier kauft, kauft in Schopfheim ein und nicht am anderen Ende der Welt. „Es ist eine Art Amazon vor Ort“, so Bielawski.

Die Plattform funktioniert wie ihre großen Versandbrüder, mit einem Unterschied: Wer im Suchfenster den Artikel eintippt, landet nicht direkt bei diesem, sondern auf der Homepage des Anbieters oder der Händler, die das Gesuchte in ihrem Sortiment haben.

Plattform bildet Bandbreite des Schopfheimer Gewerbe- und Dienstleistungssektors ab

Sowohl beim Gewerbeverein als auch bei Bürgermeister Dirk Harscher rannte der IT-Experte nach eigenen Angaben mit seiner Online-Plattform offene Türen ein. Entsprechend gut war dann auch die Resonanz bei den eigentlichen Adressaten – und zwar nicht nur bei Einzelhändlern, Gastronomen und bei Gewerbetreibenden.

Aufgrund des großen Interesses öffnete Bielawski seine Plattform auch für Autohäuser und für große Lebensmittelmärkte, für Versicherungen sowie für Hausverwaltungen, so dass sie mittlerweile nahezu die gesamte Bandbreite des Schopfheimer Gewerbe- und Dienstleistungssektors abbildet.

Theoretisch denkbar ist auch, dass große Ketten aus der Textil- oder Lebensmittelbranche mitmachen – sofern sie interessiert sind und sofern sie in der Markgrafenstadt eine Niederlassung betreiben. Was die Teilnehmer auf der Plattform präsentieren wollen – Öffnungszeiten, Angebote, Lieferservice –, bleibt ihnen überlassen.

Nur der Anfang eines Digitalisierungsprozesses

Für Ralf Bielawski ist diese „zentrale Anlaufstelle“ fürs Einkaufen in Schopfheim allerdings nur der Anfang eines weiteren Prozesses der Digitalisierung, von dem er sich noch viel mehr Service verspricht, den es beispielsweise auch bei Amazon nicht zu kaufen gibt.

So hat er für vier heimische Restaurants einen digitale Lösung für die Anmeldeprozeduren bezüglich Corona entwickelt: Statt im Lokal mühsam Name, Adresse, Uhrzeit und Telefonnummer auf Papier zu kritzeln, können Gäste dies dank QR-Code mit dem Smartphone erledigen. Das ist nicht nur für sie selbst komfortabler, sondern erspart den Wirten auch den lästigen Papierkram.

Mittlerweile sind knapp 60 Händler und Gewerbetreibende unter dem Dach „Schopfheim kauft ein“ versammelt – jeder nach seinen eigenen, individuellen Ansprüchen. Und die können weit auseinandergehen, wie Ralf Bielawski weiß. Die einen hatten schon vorher einen eigenen Internet-Shop, für die anderen war die Teilnahme an der Online-Plattform so etwas wie der „erste Schritt in die Digitalisierung“

Plattform ist bislang kostenfrei

Für sie alle gilt: Die Teilnahme an der Plattform ist bislang kostenfrei. An diesem Grundsatz will Ralf Bielawski nach eigenen Worten so lange festhalten, wie die Corona-Pandemie noch ihre Krallen zeigt. Erst danach will er mit seiner Dienstleistung auch ein bisschen Geld verdienen. „Ich bin zwar Geschäftsmann“, sagt er, „in erster Linie geht es mir aber darum, dass meine Heimatstadt funktioniert“.

Er denkt indes durchaus daran, sein Schopfheimer Pilotprojekt, das mittlerweile übrigens mit der Homepage der Stadt verlinkt ist, in abgewandelter Form künftig auch in anderen Städten zu verwirklichen.

Weitere Informationen: www.schopfheimkauftein.de

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