Spätestens in der Wolfsschlucht wird es in dieser swingenden Jazzversion der beliebtesten romantischen Oper „Freischütz“ spannend. Ein explosives Gebräu, was sich da zwischen dem Piano von Daniel Mark Eberhard, dem Schlagzeuger Harald Rüschenbaum und dem Bassisten Klaus Füger abspielt. Von Jürgen Scharf Schopfheim-Fahrnau. „Wie" Was" Entsetzen!“ steht als Nr. 17 im Libretto des Texters und Sprechers Wolfgang Griep. Zusammen haben sie für „Jazz im Krafft-Areal“ Carl Maria von Webers „Freischütz“ auseinandergenommen und wieder zusammengefügt. Das Programm mit dem Wortspiel „Swing frei, Schütz!“ mit seinem Klassik-Jazz-Opern-Crossover war wie auf die Fahrnauer Konzertreihe zugeschnitten. Jazz meets Oper gibt es nun öfter, wenn man etwa an Dieter Ilgs Versionen von Parsifal und Otello denkt. Schon vor einigen Jahren hat Daniel Mark Eberhard eine behutsame Annäherung an die meistgespielte deutsche Oper für das Jazztrio von Harald Rüschenbaum geschaffen: kein Free Jazz, sondern ein swingender Sound, der niemanden vergrault. Die Melodien werden in dieser respektvollen Neuinstrumentierung genüsslich aufgegriffen, leicht verjazzt, neu harmonisiert und rhythmisiert. „Kommt ein schlanker Bursch gegangen“ könnte man da ebenso noch mitsingen wie „Wir winden dir den Jungfernkranz“. Zugegeben: Es ist Oper im neuen Gewand, diese kammermusikalische Fassung für drei Jazzer und einen Sprecher. Aber ein populäres Lied wie „Durch die Wälder, durch die Auen“ bleibt immer noch gut erkennbar und der klanggewordene deutsche Wald auch im Lokalkolorit des Jazz atmosphärisch. Webers Oper, die dem alten Nummernschema folgt, kommt der Swing-Bearbeitung mit ihren 33 Track-Nummern sehr entgegen. Das Klavier umkreist die Melodielinien und gibt ihnen in bewegenden und virtuosen Improvisationen verspielte Kontur. Die Art und Weise, wie das Rüschenbaum-Trio mit den Nummern umgeht, überzeugt und begeistert zugleich: Voller Witz zerpflücken die Musiker hier das für den Jazz entdeckte und repertoirefähig gemachte Material aus dieser Paradeoper der deutschen Romantik. Da hört man Ännchen singen, erlebt den bösartigen Kaspar, den jugendlich-naiven Max, die reife, fast möchte man sagen frauliche Agathe. Mit großer Stringenz und nur von der Pause unterbrochen eilt die mit einer Text-Ouvertüre als leichte Parodie begonnene Geschichte ihrem Ende entgegen. Aufgelockert wird sie durch einen groovenden Jägerchor, der als Calypso daherkommt, oder anderen Stücken, die als Latin verpackt sind, bis hin zu Tangorhythmus. Ein Klaviersolo von Eberhard kommt sogar als Boogie Woogie daher, und Rüschenbaum geht schon mal illustrativ ran, indem er sehr druckvoll und teils explosiv an den Drums agiert. Passend zu dieser musikalischen Ebene wird der Text durch den Sprecher Wolfgang Griep ironisiert und in distinguiert-süffisantem Stil à la Loriot vorgetragen. Die zusammengeraffte Geschichte über die Freikugeln und den Freischuss wird mit aktuellen Anspielungen auf den Song Contest und Dieter Bohlen gespickt, bewegt sich aber immer am Opernlibretto entlang. Beim Spektakel in der Wolfsschlucht kommt es zu einer dramatischen Verdichtung, der Probeschuss wird zu einem modernen Melodram. Das war sowohl etwas für Opernfreunde wie Jazzfans: Musikalisch wurde hier voll ins Schwarze getroffen!