Schopfheim Fans schweben in lila Wolken

Markgräfler Tagblatt

Peter Kraus macht auf seiner Abschiedstournee auf dem Schopfheimer Marktplatz Station

Von Hans-Jürgen Hege

Schopfheim (hjh). Die „roten Lippen“, die er 1991 noch sehr heißblütig „küsste“, haben gewiss nicht mehr ganz den früheren Stellenwert im Leben des Peter Kraus von heute. Auch sein gerocktes „Sugar Baby“, das ihn 1959 auf die Erfolgsspur brachte, dürfte wie das „Hula-Baby“ in der Erinnerung des ersten Rock`n` Rollers der Nation etwas verblassen.

Ganz sicher aber ist: Der 76-jährige Bayer hat den „Zeitensprung“ von 1939 bis 2015 gut bis sehr gut überstanden. Und nun? Nun will er den Brettern, die ihm in all den Jahren mehr als nur die Welt bedeuteten, Lebwohl sagen. Mit Ablauf der Tournee, auf der Schopfheim eine von vielen Stationen ist, will er seine Karriere beenden.

Seine Fans vor der Sommer-sound-Bühne mochten das kaum glauben. Zu vital rückte ihnen am Samstag einer der „letzten Rock`n`Roller“ auf den Pelz, viel zu fit scheint er, um aufzuhören. Aber manche der überwiegend älteren Herrschaften, die er mit seiner Musik durch Höhen und Tiefen begleitet hatte, mochten nach einigem Nachdenken auch einsehen: Nach 76 Jahren hat er sich ein wenig Ruhe verdient, Ruhe im Kreis seiner Familie, bei seiner Frau Ingrid, mit der er seit 46 Jahren verheiratet ist.

Bis dahin aber lässt er sich und seinem Umfeld noch etwas Zeit. Keiner weiß genau, wie lange die Abschiedstournee durch die Schweiz, durch Deutschland und durch Österreich dauert, die vor einem Jahr startete und die planmäßig 2016 zu Ende gehen soll. Er hat nämlich noch sehr viel Spaß an sich, an seiner Band, seinem Chörchen und an seinem Publikum, dem er zu Beginn der Show versichert: „Ich freue mich tierisch, hier zu sein.“ Was prompt mit einer 1200-stimmigen Retourkutsche quittiert wird: „Wir auch.“

Wie er schwebten seine Fans auf dem Marktplatz in „lila Wolken“, hingen mit ihrer „Sexy Hexy“ (im nach und nach zwischen den Linden durchschimmernden „Moonlight“) romantischen Träumen nach oder boten dem schwachen Geschlecht an: „Put your head on my shoulder!“ (Scherzhafte) Pfiffe gab es für den „Tiger“ in einer „aus Rücksicht auf mein fortgeschrittenes Alter eigens komponierten Senioren-Version“ im Dreivierteltakt. Und Lachsalven erntete der Topstar, der 60 Jahre Bühnenerfahrung und die Erfahrung aus zahlreichen Spielfilmen in die Waagschale zu werfen hatte, für seine Erklärung: „Ich bin wahnsinnig stolz darauf, den Rock `n` Roll erfunden zu haben. Und ich kann wirklich nichts dafür, dass mich ein junger Mann mit Schmalzlocke im fernen Amerika so schamlos kopiert hat und meinen Hits zu Weltruhm verhalf.“ Sein Elvis-Medley war ein deutlicher Fingerzeig auf den, den er meinte.

In Schopfheim flogen Peter Kraus die Herzen der Herren und vor allem der Damen zu, die nicht erst am Ende der fantastischen Schau völlig aus dem Häuschen waren und den Marktplatz rockten, als ob es kein Morgen gäbe. Für viele, vor allem für die älteren Semester bedeutete das Konzert ihres „Peter! Peter! Peter!“ auch ein Stück Vergangenheitsbewältigung, die Erinnerung an Zeiten, in denen die Schmetterlinge im Bauch rumorten, die „schwarze Rose Rosemarie“ mit ihrem Duft betörte und der „Bosa Nova“ die Schuld an Vielem hatte.

Die Leute erinnerten sich gerne. „Des isch eifach nur schön“, blickte eine jung gebliebene Seniorin zurück und strahlte ihren Begleiter an: „Weisch noch?“ Der blieb die Antwort nicht schuldig, sondern gab sie ohne Worte mit einem vielsagenden Kuss, der keine Zweifel daran aufkommen ließ, dass er noch ganz genau wusste, an was ihn seine bessere Hälfte erinnern wollte. Und auf der Bühne ging es derweil munter weiter. „Das Beste kommt zum Schluss“, hatte Peter Kraus versprochen. Daran hielt er sich. Nicht „leise“ wollte er „zum Abschied Servus“ sagen, sondern „rockig“. Dafür erhielt er am Ende das, was er zuvor mit viel Herzblut musikalisch gefordert hatte: „Applaus, Applaus!“ Und zwar jede Menge.

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