Schopfheim Horrorbilanz: „Lage spitzt sich zu“

Markgräfler Tagblatt

Gemeinderat: Wegen Corona: Millionenloch klafft in der Haushaltskasse / Appell zum Sparen

Nicht immer kommt das Beste zum Schluss. Im Gemeinderat war’s am Montagabend zu vorgerückter Stunde vielmehr das Schlechteste – ein Millionenloch in der Haushaltskasse nämlich.

Von Werner Müller

Schopfheim . „ Die Lage spitzt sich dramatisch zu“, zeichnete Bürgermeister Dirk Harscher ein düsteres Bild. Widersprechen wollte ihm da keiner, hatte Kämmerer Thomas Spohn dem Gremium zuvor doch richtig miese Zahlen präsentiert.

Aufgrund der jüngsten Steuerschätzung des Landes müsse die Stadt im laufenden Haushaltsjahr beim Einkommens- und Umsatzsteueranteile mit Mindereinnahmen von rund 1,6 Millionen Euro rechnen, so Spohn. Mit einem weiteren Minus sei auch bei der so genannten „Kopfpauschale“ zu rechnen – genaue Zahlen lägen dazu bislang aber nicht vor. Der Rückgang bei der Gewerbesteuer halte sich bislang noch in Grenzen, berichtete der Fachbereichsleiter – derzeit fehlten „nur“ 270 000 Euro im Vergleich zum Ansatz.

Wegen der Corona-Krise gehen der Stadt nach seinen Worten auch sonstige Einnahmen flöten – unter anderem bei der Vergnügungssteuer (200 000 Euro) sowie bei Kindergarten- (380 000 Euro) sowie Hallengebühren, Bußgeldern und Parkgebühren (128 000 Euro). Dank der Corona-Soforthilfe des Landes in Höhe von 244 000 Euro und höhere Einnahmen bei der Grundsteuer belaufe sich das Defizit in diesem Bereich bei 370 000 Euro.

Unterm Strich verschlechtert sich der Ergebnishaushalt der Stadt derzeit um knapp 2,3 Millionen Euro. Dabei, so Spohn, sei aber noch nicht mit einkalkuliert, welche Verschlechterungen durch Corona noch entstehen. Außerdem sei noch nicht absehbar, welche finanziellen Auswirkungen die „dramatisch Lage“ im Stadtwald (Trockenheit, sinkender Holzabsatz) mit sich bringt. „Der Verlust wird auf jeden Fall größer ausfallen als geplant“, so Spohn.

Der Fachbereichsleiter Finanzen forderte die Stadträte denn auch dazu auf, „kurzfristig Einsparbeschlüsse zu fassen“. Dies sei nötig, um den bereits im Haushaltsplan ausgewiesenen Verlust von rund 0,9 Millionen Euro nicht weiter anwachsen zu lassen.

Nötigenfalls müsse der Gemeinderat „massiv ins Investitionsprogramm eingreifen“ und bereits genehmigte Maßnahmen entweder zurückstellen oder ganz streichen. In Frage kämen laut Spohn auch eine Haushaltssperre oder, „falls alles nichts nützt“, ein Nachtragshaushalt.

Die Verwaltung ihrerseits habe bereits Maßnahmen mit einer Gesamtsumme von rund 1,2 Millionen Euro zurückgestellt. Über diese habe der Gemeinderat im Juni zu beschließen und dazu noch eine weitere Million einzusparen – „und das ist möglicherweise noch nicht das Ende“, warnte Spohn und hatte noch weitere Hiobsbotschaften im Gepäck.

So sind im Finanzhaushalt dieses Jahr bereits Mehrkosten in Höhe von 400 000 Euro aufgelaufen – hauptsächlich für die Außenanlage der Halle Wiechs. Und es wird nicht besser: Für 2021 schlagen in der Finanzplanung noch gar nicht berücksichtige, aber bereits beschlossene Investitionen in Höhe von gut 4,4 Millionen Euro zu Buche – unter anderem für die Lüftung der Stadthalle, die Mehrkosten bei der Vergabe von Campus-Aufträgen (0,8 Millionen Euro), für den Umbau der Mensa (0,6 Millionen Euro), für Abdichtung und Akustik des Bestandsgebäudes (1,2 Millionen Euro), die Beteiligung am Ausbau der Wiesentalstrecke (0,5 Millionen Euro) und den Erhalt des Technikgebäudes der FES (eine Million Euro).

Thomas Spohn schloss seine Bilanz des Schreckens denn auch mit einem dringenden Appell zum Sparen und warnte die Räte mit Blick auf die entscheidende Sitzung im Juni gleich vor: „Es wird schmerzlich werden“.

Thomas Gsell (SPD) fühlte sich in Anbetracht der Horrorzahlen bestätigt und erinnerte daran, dass eine Ratsmehrheit in der vorangegangenen Sitzung noch Mehrausgaben (für den Technischen Beigeordneten und den Erhalt des Technikgebäudes der FES) beschlossen hatte. „Was müssen wir jetzt unseren Bürgern zumuten, um den Haushalt ins Lot zu bringen?“, fragte sich der SPD-Stadtrat. Sein Fraktionskollege Peter Ulrich meinte, vielleicht wäre in Anbetracht dieser Lage das Veto des Bürgermeister gegen die eine oder andere Entscheidung durchaus angebracht gewesen.

Ernes Barnet (Grüne) hingegen wehrte sich gegen nachträgliche Schuldzuweisungen und übertriebene Schwarzmalerei und riet zur Gelassenheit: „Abwarten und gesund bleiben“.

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