Schopfheim „Kindermedizin ist zeitintensiv“

Markgräfler Tagblatt
Kein Geld für kranke Kinder? Über dieses Thema sprachen Akik-Vertreterinnen mit den Bundespolitikern. Foto: zVg

Akik: Monika Werner fordert von der Politik ein Umdenken / Durch Fallpauschale fehlt es an Geld

Schopfheim-Wiechs - Das Aktionskomitee „Kind im Krankenhaus“ (Akik) traf sich mit seiner Landesvorsitzenden Monika Werner und der Bundesvorsitzenden Sabrina Oppermann auf Einladung des CDU-Bundestagsabgeordneten Armin Schuster zu einem gemeinsamen politischen Gespräch mit Karin Maag, gesundheitliche Sprecherin der CDU / CSU-Bundestagfraktion in der „Krone“ in Wiechs, um über Schließungen von Kinderstationen in ganz Deutschland zu sprechen.

Monika Werner zeigte sich sehr besorgt darüber, dass in ganz Deutschland Kinderstationen geschlossen würden, wobei es auf vielen Stationen schon jetzt zum Alltag gehöre, dass Betten nicht belegt werden können, weil es an Personal und, unter anderem durch das bestehende Fallpauschalen-System, an Geld mangele, heißt es in einer Pressemitteilung von Akik.

Das führe im schlimmsten Fall dazu, dass kranke Kinder sogar bei Notfällen abgewiesen werden müssen, wie einer ARD-Reportage aus Niedersachsen im Januar dieses Jahres zu entnehmen war.

Schon seit Jahren mahne die Ärzteschaft an, dass Kinderabteilungen im Krankenhaus im DRG-System (diagnosebezogene Fallgruppen) zu wenig Geld erhalten, so Sabrina Oppermann an die Politikerin Karin Maag. Die Kinderkliniken litten darunter, weil sie ein breites Leistungsspektrum anbieten und hohe Vorhaltekosten haben. So betrage die Zahl der DRGs für eine Kinderklinik zwischen 400 und 500 Fallpauschalen, während Abteilungen der Erwachsenenmedizin im Durchschnitt weniger als 200 Fallpauschalen anwendeten.

„Planbare Leistungen sind bei einer Notfallquote von zirka 50 Prozent in der Kindermedizin schwierig“, so Oppermann. AKIK fordert daher, dass Sicherstellungszuschläge an Kinderkliniken gezahlt werden. Der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte (vdää) fordere sogar eine Herausnahme der Pädiatrie aus dem DRG-System.

Karin Maag entgegnete, dass die Krankenhäuser ihre Kosten an das Institut für das Entgeldsystem im Krankenhaus (InEK) mitteilen und daraus im Mittel die Vergütung errechnet wird. Sie wünscht sich, dass mehr Kliniken ihre Zahlen dort melden. Ein Problem sei die Komplexität und Vielfalt der Diagnosen in der Pädiatrie. Auch sei Akik bekannt, so Monika Werner, dass die Zahl der Kinderabteilungen in den letzten Jahren von 440 im Jahr 1991 auf 354 im Jahr 2015 zurückging, die Fallzahlen, also die Anzahl an Patienten, aber stetig steigen. „Kindermedizin ist eine personalintensive Medizin“ betont Sabrina Oppermann. „Gerne wird aber am Personal gespart, und durch die kürzere Verweildauer sollen mehr Patienten in kürzerer Zeit behandelt werden.“ Dies stehe im Widerspruch, dass Kindermedizin zeitintensiv ist.

Um verängstigte Kinder und deren Eltern optimal auf Behandlungen vorzubereiten oder für eine altersgerechte Aufklärung der Kinder, bleibe nicht genug Zeit, fügte Oppermann hinzu. Wo bleibt da die optimale Grundversorgung aller kranken Kinder, wenn wirtschaftliches Denken Vorrang hat?

So startete die Deutsche Akademie der Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) zu Beginn des Jahres eine Online-Petition für bessere Rahmenbedingungen in der medizinischen Versorgung der Kinder und Jugendlichen, an der sich auch Akik auf Bundes-, Landes- und Ortsebene mit seinen Mitgliedern beteiligte. Strukturelle Defizite, ein Wirtschaftlichkeitsdruck und vor allem ein sich absehbar verschärfter Mangel an Fachkräften könnten bereits jetzt nicht mehr kompensiert werden, mahnte Monika Werner an.

Karin Maag erwiderte dazu, dass im Januar dieses Jahres die von der Bundesregierung eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Sektorenübergreifende Versorgung“ einen Zwischenbericht veröffentlichte. Darin heiße es: „Es besteht innerhalb der AG Einigkeit darüber, die Versorgungssituation in der Kinder- und Jugendmedizin verbessern zu wollen.“

Zum Abschluss des 45- Minuten-Gesprächs wollte Monika Werner gerne wissen, wie die beiden Politiker zum neuen Zentralklinikum in Lörrach stehen, das 2025 seinen Betrieb aufnehmen wird.

Es werde eine hervorragende Klinik werden, darüber waren sich beide Politiker einig.

In der Hoffnung, dass das Gespräch eine Verbesserung in der Kinder- und Jugendmedizin nach sich zieht, um auf offene Ohren bis in das Gesundheitsministerium nach Berlin zu stoßen, verabschiedeten sich alle Teilnehmer voneinander.

Das Aktionskomitee Kind im Krankenhaus (Akik) ist ein Elternverband, der sich 1968 gegründet hat, um dafür zu kämpfen, dass Eltern oder Bezugspersonen zu jeder Zeit beim kranken Kind sein dürfen. Seitdem engagiert sich Akik ehrenamtlich für das Wohl und die Rechte von Kindern und Jugendlichen vor, während und nach einem Krankenhausaufenthalt. Der Akik-Bundesverband leistet Lobbyarbeit für die Rechte kranker Kinder und Jugendlicher in politischen und in fachlichen Gremien. Projekte: Besuchsdienst, Bücherdienst und Rettungsteddy.

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