Schopfheim Mit G 9 in die Zukunft

Anja Bertsch

Schulgemeinschaft und Stadt wollen G9-Modellversuch verlängern

Weiterhin kein „Turbo-Abi“ am Theodor-Heuss Gymnasium (THG), statt dessen auch künftig in neun Gymi-Jahren zum Abschluss: Nach einhelligem Wunsch aus Schulgemeinschaft und Stadtverwaltung soll der unterm Titel „Schulversuch G 9“ firmierende Weg mindestens bis Mitte 2029 fortgeführt werden.

Von Anja Bertsch

Schopfheim. Der Gemeinderat soll einem entsprechenden Antrag ans Kultusministerium in seiner nächsten Sitzung zustimmen.

Vorgeschichte: Von G 9 auf G 8 – und zurück

Das Schopfheimer Gymnasium ist weit und breit – konkret: Zwischen Freiburg und Bodensee – das einzige, auf dem die Schüler 13 Jahre – vier Grundschul- plus neun Gymnasiums-Jahre – Zeit bis zum Abitur haben. Als Standard war im Schuljahr 2004/05 in BadenWürttemberg landesweit – und zunächst auch in Schopfheim – das achtjährige Gymnasium (G8) eingeführt worden.

Aufs Schuljahr 2014 hin allerdings hatte sich das THG erfolgreich als G9-Modellschule beworben – und fährt damit seither erfolgreich: Die Plätze für den G9-Zug mussten zeitweise verlost werden, weil es zu viele Bewerber gab. Mit über 1200 liegt die Zahl der Schüler aktuell höher denn je.

Das hat seinen Grund sicher nicht allein in G9, spricht aber dafür, dass Eltern und Schüler das Angebot bestens annehmen und wertschätzen.

Testphase läuft aus – und soll verlängert werden

Nach zehn erfolgreichen Jahren nähert sich die Laufzeit des Modellversuchs ihrem Ende: Eigentlich würden die Schüler ab dem Schuljahr 2025/26 auch in Schopfheim wieder alternativlos auf G8 aufgespurt.

Mitte Januar allerdings hatte die Stadt Vertreter der Schule, des Gesamtelternbeirats, des Regierungspräsidiums und des Gemeinderats zum „Runden Tisch“ eingeladen, berichtet die Verwaltung.

Wichtigstes Ergebnis einer „lebhaften und konstruktiven Diskussion“: Aufgrund der „unkalkulierbaren bildungspolitischen Lage“ soll die Verlängerung des Versuchs bis zum 1. August 2029 beantragt werden. Heißt: Im Schuljahr 2028/29 würden die letzten G9-er auf dem Gymnasium eingeschult werden – wenn bis dahin nicht ohnehin ein anderer Wind weht. Tatsächlich nämlich ist die flächendeckende Rückkehr zu G 9 der aktuellen Diskussion zufolge keineswegs ausgeschlossen.

Das bildungspolitische Ziel sei daher im Moment „äußerst unklar“, eine Entwicklung werde sich erst im Laufe der nächsten ein bis zwei Jahre zeigen. Der mit einem Wechsel zurück zu G 8 verbundene Aufwand aber wiederum ließe sich nur rechtfertigen, wenn dies dann von Dauer wäre. „Das ist derzeit in Frage zu stellen“, schreibt die Verwaltung in ihrer Vorlage.   Der Gemeinderat entscheidet in seiner Sitzung am Montag, 13. Februar, 19 Uhr, im Rathaussaal.

Diskussion um G8 oder G9 nimmt landesweit Fahrt auf

In diesem Schuljahr nehmen in Baden-Württemberg 43 von knapp 400 allgemeinbildende Gymnasien am G9-Schulversuch teil. Ein vergleichsweise dichtes Netz an Modellschulen gibt es im Norden des Landes. Hier im Süden ist das Schopfheimer Gymnasium allein auf weiter Flur zwischen Freiburg, Hausach und Schonach.

Nach offizieller Lesart des von den Grünen geführten Kultusministeriums ist eine Rückkehr zum neunjährigen Bildungsgang derzeit nicht vorgesehen. Aus der Bürgerschaft heraus freilich nimmt das Engagement für einen Kurswechsel an Fahrt auf: Im Oktober wurde beim Landtag ein entsprechender Volksantrag mit Gesetzentwurf eingereicht. Ziel: Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. Kommen innerhalb eines Jahres 39 000 Unterschriften zusammen, muss der Landtag sich damit befassen. Letztlich könnte es sogar zu einem Volksbegehren kommen.

Der Gesamtelternbeirat des Landes sei sehr zuversichtlich, dass die erforderlichen Unterschriften weit vor Fristenende zusammenkommen, weil sich „eine überwältigende Mehrheit der Eltern ein Zurück zu G 9 wünscht“, teilt die Stadtverwaltung in diesem Zusammenhang mit. Die Landesregierung hat aufgrund des Volksantrags Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Mit einer Rückkehr zu G9 wäre Baden-Württemberg dann beileibe nicht allein auf weiter Flur: In der jüngsten Vergangenheit haben Niedersachsen, Hessen, Bayern, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen die Rückkehr zu G 9 beschlossen.

Raumnot bleibt das große Problem

Losgelöst von der aktuellen Diskussion um G8 oder G9 ist und bleibt das große Problem des THG die Raumnot, die die Schule seit Jahren umtreibt – und angesichts stetig steigender Schülerzahlen stetig (be)drängender wird.

Aktuell besuchen 1227 Schüler das Gymnasium. Die aktuelle „Fünfte“ besteht aus 192 Kindern in sieben Klassen – plus eine VKL-Klasse (Vorbereitungsklasse) für Kinder, die noch wenig Deutsch sprechen. Folge: Ein Teil des Unterrichts findet in Container-Provisorien statt, die auf dem Schulhof platziert sind.

Den Grund für die Schülerflut freilich sieht die Stadtverwaltung keineswegs zuvorderst in G 9 – was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Rückkehr zu G 8 „nicht automatisch zu einer deutlichen Verringerung der Schülerzahlen führt“, wird betont.

Gründe sieht man eher in der „ständig steigenden Übergangsquote“ von Grundschulen auf die Gymnasien – befeuert durch den Wegfall der verpflichtenden Grundschulempfehlung. Eine Herausforderung, die Gymnasien in Baden-Württemberg, insbesondere aber in der Raumschaft Schopfheim, Wehr, Bad Säckingen, Maulburg und Steinen treffe.

Vor diesem Hintergrund braucht es in den Augen der Stadtverwaltung eine grundsätzlichere Herangehenweise: „Um eine Entspannung bei der Raumsituation der Gymnasien herbeizuführen, muss die Diskussion um die Schulentwicklung vorangetrieben werden“, schreibt die Stadt. Bezogen auf Schopfheim schwingt da im Hintergrund die Frage eines zusätzlichen Gymansiums mit.

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