Schopfheim Mit perlender Brillanz und virtuoser Gestik

Jürgen Scharf
Rauschenden Beifall bekamen die Pianistin Andrea Kauten und das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim mit Dirigent Aurélien Bello. Foto: Jürgen Scharf

Schon lange war es nicht mehr so voll in der zum Konzertsaal umfunktionierten Halle auf dem Krafft-Areal.

„Überwältigt“ vom großen Andrang zeigte sich der Veranstalter der Stiftungskonzerte „Klassik im Krafft-Areal“. Hatte man doch nach der Pause seit dem letzten Konzert Anfang September befürchtet, etwas aus dem Gedächtnis des Publikums zu verschwinden. Das Gegenteil war der Fall. Knapp 200 Besucher strömten in die „Tonhalle“ zum letzten Konzert der Saison, mit der künstlerischen Leiterin Andrea Kauten am Klavier und dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim.

Es war nicht unbedingt – bis auf die Zugabe – weihnachtliche Musik, die erklang, sondern mit Chopins erstem Klavierkonzert ein Standardwerk für Pianisten. Chopin zieht, wie man sieht. Das groß dimensionierte Werk scheint nicht nur ein Favoritenstück des Repertoires zu sein, sondern auch des Publikums. Dabei ist der Anfangssatz einer der längsten der gesamten Klavierliteratur.

Durch die Streicherversion, also den Verzicht auf Bläser und Pauken, war der Orchestersatz nicht durch „großen“ Klang aufgebauscht, sondern kam kammermusikalisch schlank daher, und die Wiedergabe zeichnete sich durch eine konzertante Spontaneität aus. Pianistin Andrea Kauten fand erwartungsgemäß mit perlender Brillanz und virtuoser Gestik in den packenden e-Moll-Schwung hinein.

Aurélien Bello, Leiter des Kammerorchesters, das schon oft in Fahrnau gastierte, gab dem reduzierten Streicherpart Kontur, Dramatik und Farbigkeit. Die Interpretation wurde Chopin vollauf gerecht. Schon der Einstand mit der zweiten Streichersonate von Rossini war erfreulich. Zeigte sie doch einmal mehr das kultivierte und lebendige Spiel der Pforzheimer, das hier ebenso erfrischend war wie die Musik selbst.

Für Paul Sacher und sein Basler Kammerorchester hatte Béla Bartók kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs als Auftragswerk das Divertimento für Streichorchester geschrieben. Ein heiteres Werk in den Ecksätzen und ein, wie der Dirigent ans Publikum gewandt meinte, großes Freudebekenntnis wie bei Beethoven, das dem Schicksal trotze und das „wir alle in diesen Zeiten gebrauchen können“. Der Mittelsatz mit gedämpften Streicherklängen ließ dann aber doch das kommende Unheil spürbar werden.

Dieser musikalische Inhalt wurde von den Musikern eindrücklich herausgearbeitet. Aurélien Bello zeigte Ausdruckswillen in seiner Sicht auf Bartók und dirigiert ganz auf diesen dramatischen zweiten Satz hin, was den Espressivo-Stil Bartóks genau traf. Die Wiedergabe erfreute durch ein gut aufgebautes Spannungsfeld, eine Steigerungsdramaturgie im zweiten Satz und eine markante und prägnante Pizzicatostelle im dritten, dem hellen Schlusssatz. Das alles war minutiös erarbeitet, aber auch belebt und beseelt gespielt, mit sauber artikulierenden Streichern. Das Publikum erklatschte sich noch eine Zugabe, jetzt etwas jahreszeitlich Passendes: rumänische Weihnachtslieder von Bartók, der auch als Musikologe unterwegs war und Volksmusik sammelte.

Die Konzertreihe soll im nächsten Jahr weitergehen. Umfang, Programm und genaue Daten stehen aber noch nicht fest.

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