Schopfheim Musikalischer Wirbelwind

Markgräfler Tagblatt
Die polnischen Musiker sorgten in der Kirche St. Agathe für Begeisterungsstürme. Foto: Dorothee Philipp Foto: Markgräfler Tagblatt

Konzert: Streichquintett „Volosi“ in der Kirche St. Agathen

Von Dorothee Philipp

Schopfheim-Fahrnau. „Volosi“ nennt sich das polnische Streichquintett, das am Samstag in St. Agathen wie ein Wirbelsturm alle konventionellen Kategorien für diese kammermusikalische Besetzung wegfegte.

Wieder ist es dem Organisatorenteam „Akustik in Agathen“ (AiA) mit Anja Lohse und Bernhard A. Wehrle gelungen, eine neue, aufregende Facette von dem aufzuspüren, das man als „Weltmusik“ eben nicht in eine Schublade sperren kann. Sie hatten die Polen live noch nie zuvor gehört, aber aufgrund geduldiger Recherchen und einer Portion Wagemut ist es ihnen wieder gelungen, ihrem Publikum ein außergewöhnliches und authentisches Musikerlebnis zu präsentieren, für das „AiA“ seit 18 Jahren garantiert. Auch dem seit 2010 ausschließlich „unplugged“ auftretenden Quintett, das inzwischen weltweit für Begeisterungsstürme sorgt, gefiel die kleine, fast 300 Jahre alte Kirche auf Anhieb.

Zwei Geigen, eine Bratsche und ein Kontrabass eröffnen das Konzert mit luftigen Tremoli, die rhythmisch von einem samtigen Bass-Pizzicato zusammengehalten werden. Doch schon bald bricht sich eine Urgewalt von Temperament mit atemberaubendem Tempo die Bahn. Es wirbelt und brodelt, darüber zucken gespenstische Flageoletts, der Bogen des Kontrabass wird zur Peitsche, die den Saiten einen magischen Puls aufzwingt.

Studierte Musiker, die ebenso ihren Beethoven oder Schubert beherrschen, lassen hier der Spiellust, Improvisationsfreude und dem Reichtum eigener musikalischer Ideen freie Bahn. Da bilden sich Dialoge, die in ihrer Heftigkeit an eine Wirtshaus-Streiterei gemahnen. Dann wieder scheint eine betörend schöne Melodie auf, die vielleicht sogar als Wiegenlied taugen könnte.

Bei einer Hochzeitsfeier 2004 in den Karpaten seien die „beiden tektonischen Platten Folk und Klassik“ erstmals aufeinander getroffen, berichtet die Biografie des Ensembles. Seither spielt das Quintett ausschließlich eigene Stücke, die Namen tragen wie Nomadism, Sad Valley, Spin, Downhill oder Galop. Manche haben auch gar keinen Titel, hier geht es ausschließlich um die Musik. Deswegen halten sich Volosi auch nicht mit irgendwie gearteter Moderation auf. Vielfach scheint ihnen sogar der Beifall zwischen den einzelnen Nummern zu lang, sie fallen dem Publikum sozusagen ins Wort und spielen einfach weiter drauflos. Scheinbar, denn jedes Stück hat doch seine individuelle Stimmung, mal übermütig, mal zornig auffahrend, mal träumerisch verloren.

Und immer wieder diese anfeuernden Tänze, bei denen man sich am liebsten mit ins Getümmel stürzen möchte. Schon hängen die ersten Fasern von den Bogen, die förmlich zu glühen scheinen. Dissonante Passagen werden mit Flageoletts und Col-Legno-Effekten zusätzlich verfremdet, es entstehen fragile Klanggebilde von spröder Schönheit.

Atemlos und wie gebannt folgt das Publikum diesen unfassbar wilden, Grenzen sprengenden Eskapaden, die Spannung in der übervollen Kirche ist fast mit Händen zu greifen. Am Ende gibt es Begeisterungsstürme und stehende Ovationen.

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