Schopfheim „Nicht an Aktualität verloren“

Markgräfler Tagblatt
Der Film „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ von Regisseur Peter Ohlendorf wird am Samstag, 21. Juli, ab 13 Uhr in der Waldorfschule in Schopfheim gezeigt. Foto: zVg Foto: Markgräfler Tagblatt

Holzrock-Festival: Peter Ohlendorf stellt am Samstag seinen Film „Blut muss fließen“ vor

Bestandteil des Holzrock-Festivals am Freitag, 20. Juli, und Samstag, 21. Juli, in Schopfheim ist auch eine Filmvorführung. Gezeigt wird „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ am Samstag von 13 bis 15 Uhr in der Waldorfschule in Schopfheim. Der Film wurde weder im Fernsehen noch im regulären Programm von Kinos gezeigt. Nach der Vorführung steht Regisseur Peter Ohlendorf für eine Diskussion zur Verfügung. Christoph Schennen hat sich mit dem Filmemacher vorab unterhalten.

Frage: Herr Ohlendorf, worum geht es in dem Film?

Thomas Kuban (Pseudonym) hat mit versteckter Kamera mehr als 50 Rechtsrock-Veranstaltungen besucht und ermöglicht uns dadurch einen Einblick in die Konzertszene der Neonazis. Ich habe ihn über einen Freund kennengelernt, wir haben dann beschlossen, diesen Film zu machen.

Meine Aufgabe war es, eine Dramaturgie und eine Erzählung zu entwickeln, in der wir auch die Reaktion von Politik, Sicherheitsbehörden und der Zivilgesellschaft auf diese Konzertszene beleuchten und natürlich auch zeigen, welche Wirkung Rechtsrock auf junge Menschen haben kann.

Frage: Wann ist der Film entstanden?

Wir haben von 2007 bis 2009 gedreht und dann bis Anfang 2012 den Film geschnitten und postproduziert.

Die Premiere war auf der Berlinale 2012. Wir hatten dort die Chance, ein großes Publikum zu erreichen. Der Film ist ein Zeitdokument und hat – obwohl er schon sieben Jahre alt ist – nicht an Aktualität verloren.

Frage: Ist „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ Ihr erfolgreichster Film?

Mit Sicherheit ist das der größte Erfolg. Wir haben dafür den Alternativen Medienpreis (2. Platz) und 2013 den Georg-Elser-Preis verliehen bekommen.

Frage: Wie reagiert die rechte Szene auf den Film?

Die Filmvorführungen verlaufen ziemlich ungestört. Dass Neonazis reinkommen, ist die Ausnahme. Nur einmal konnte eine Vorführung nicht stattfinden. Das war beim Fanprojekt des Fußballvereins Rot Weiss Essen, da haben Hooligans randaliert.

Frage: Wie groß ist die rechte Szene in Deutschland?

Das ist meiner Meinung nach schwer zu sagen. Wo beginnt die rechte Szene? Im Film liegt der Fokus auf den zum Teil europaweit organisierten Neonazi-Konzerten. Ich schätze, dass in Deutschland ein paar hundert Neonazis zum harten Kern dieser Musikszene gehören. Hier kann man sich treffen, auch Aktionen verabreden und sich gegenseitig bestärken. Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) hat auf solchen Konzerten mitgesungen und anschließend gemordet.

Frage: Die TV-Sender haben ausführlich über den nationalsozialistischen Untergrund und den Prozess gegen die Angeklagten berichtet. Warum wird ihr Film nicht im Fernsehen gezeigt?

Es gab mehrere Anläufe, den Film auch im Fernsehen zu zeigen. Sie waren aber nicht zielführend. Davor fehlte lange das Interesse am Thema Neonazis, kein Sender wollte den Film mitproduzieren. Er erreicht das Publikum aber trotzdem, bald sind wir bei 2000 Vorstellungen. Ein weites Spektrum an Interessierten organisiert Vorführungen, und dann ist nicht mit dem Filmabspann Schluss. Ein Filmgespräch gibt es immer und das kann Impulse setzen. Gerade bei Schulvorführungen ist das ganz wichtig.

Frage: Was ist Ihr aktuelles Projekt?

In meinem nächsten Film geht es um die Auswanderung von Juden aus Rexingen, die aus dem kleinen Ort in Baden-Württemberg 1938 gerade noch nach Palästina fliehen konnten. Thema ist die Erinnerung an diese Zeit, in Rexingen und in Shavei Zion. So heißt diese Siedlung, die sie damals gegründet haben, und auch hier ergeben sich spannende Einblicke.

Frage: Werden Sie sich in ihren Filmen auch weiter mit dem Thema Rechtsradikalismus befassen?

Das ist durchaus möglich. Ich würde gern Licht ins Dunkel bringen rund um den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn. Da recherchieren wir schon länger, weil bis heute staatlicherseits nicht ausreichend für Aufklärung gesorgt wird. Unsere These ist: An diesem Mord kann die wahre Dimension des NSU erkennbar werden.

Weitere Informationen: zum Festival sind online unter www.holzrock.de zu finden, Mehr zur Produktionsfirma von Peter Ohlendorf gibt es im Internet unter www.filmfaktum.de.

Holzrock Open-Air am Freitag und Samstag, 20. und 21. Juli, im Schopfheimer Sengelenwäldchen

Konzert-Programm

Freitag: Beach-Party ab 18.15 Uhr mit „The Sound Monkeys“ (ab 19.15 Uhr), „Enraged Minority“ (20.30 Uhr), „Decibelles (22 Uhr) und „Petrol Girls“ (23.15 Uhr)

Samstag: „Los Fragmentos“ (17.30 Uhr), „The Baits“ (19 Uhr), „Charlie & the Lesbians“ (20.15 Uhr), „Yugen Blakrok“ (21.30 Uhr), „Lo Fat Orchstra“ (23 Uhr)

Workshops: P ermakulur (Freitag ab 16.45 Uhr), Awareness (Samstag ab 15.30 Uhr)

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