Schopfheim Satirischer Blick auf Provinzposse

Markgräfler Tagblatt
Der Schopfheimer Autor Peter SchwendeleFoto: zVg Foto: Markgräfler Tagblatt

Buchkritik: Redakteur Peter Schwendele hat einen neuen Roman veröffentlicht: „Prost Wahlzeit!“

Von Gabriele Hauger

Regio. „Eine freie Presse kann gut oder schlecht sein, aber eine Presse ohne Freiheit kann nur schlecht sein.“ Diese Worte von großer Wahrheit stellt der Schopfheimer Autor Peter Schwendele zur Einstimmung an den Anfang seines zweiten, jüngst erschienenen Romans. Sie geben einen deutlichen Hinweis darauf, worum es sich in „Prost Wahlzeit!“ dreht: Um Journalismus, um Pressefreiheit, aber auch um Provinzialität, Geklüngel, Biederkeit, Allzumenschliches und die Politik an der Basis. Schon das bunte, wirbelige Buchcover lässt merken: Bierernst geht es hier nicht immer zu.

Schwendele, selbst langjähriger Redakteur unserer Zeitung mit Schwerpunkt Zell, Oberes Wiesental, schöpft in seinem temporeichen, 238 Seiten starken Werk aus dem vollen seiner Erfahrungen mit Lokaljournalismus und badischer Kleinstadt-Atmosphäre. Die Story in flottem, journalistischen (sic!) Schreibstil strotzt nur so von Verweisen auf den Politikalltag, der sich in unzähligen Kleinstädten rund um eine Bürgermeisterwahl entfalten mag.

Sympathischer, durchaus zur Identifizierung geeigneterer Ich-Erzähler ist der Lokalredakteur Jochen Wehlmeier, der in einer fiktiven Kleinstadt namens Dickkirchen unweit der realen Schwarzwaldmetropole Freiburg seit Jahren – mal schlecht, mal recht – die Lokalseiten der Dickkircher Nachrichten füllt. Ein Konkurrenzblatt gibt es auch, ganz wie im wirklichen Berufsalltag des Schopfheimer Autors.

Wehlmeier, ein geschiedener Endvierziger mit pubertierendem Sohn und all den verzweifelnden Nebenwirkungen, die so ein Sprössling mit sich bringt, hat schnell die Sympathien des Lesers. Gepiesackt von einem übereifrigen, schleimigen vorgesetzten Kollegen, von der Ehefrau wegen eines Konkurrenten verlassen, hat er seine besten Jahre als investigativer Journalist bereits hinter sich und dümpelt an seinem Schreibtisch vor sich hin. Doch unvermutet bringt der aktuelle Bürgermeisterwahlkampf Schwung in sein dröges Dasein. Sein Jagdinstinkt ist geweckt, als sich ein überraschender Wahlkandidat aufstellen lässt, der gegen den farblos agierenden Amtsinhaber sowie den schnöseligen Herausforderer, der vom Dickkircher Geldadel gepuscht wird, antritt.

Schwendele weckt in seiner Kleinstadtsatire allerhand skurrile, aber dennoch realitätsnahe Figuren zum Leben. Da ist der dicke, kurzatmige, nervig gut gelaunte Herausforderer Zucko mit seiner sexy Sekretärin Sandy; da sind Bürger, die ihr Fähnchen nach dem Wind drehen; da gibt es aalglatte Dorfpolitiker oder grimmige Großbesitzer, die sich wie Lokalfürsten aufführen. Und da ist der durchaus reale finanzielle Druck, der mittlerweile auf allen Pressevertretern und Verlagen lastet, der Anzeigenkunden zu Königen macht und eine kritische Berichterstattung nicht gerade erleichtert.

Wehlmeier riecht Lunte, als bei einer Informationsveranstaltung über eine geplante Investition zur Rettung des Dickkircher Krankenhauses dubiose Hintermänner auftauchen. Diese planen offensichtlich unschöne Machenschaften, die von der High Society gedeckt werden.

Zeit, etwas zu tun. Da mögen Ressort- und Verlagsleiter noch so nervig und duckmäuserisch sein. Wehlmeier stürzt sich in die Recherche, bei deren Schilderung der Autor aus dem Vollen schöpft: eine Nacht- und Nebel-Aktion, die durchaus Gefahren birgt. Erheiternd, wenn auch bewusst übertrieben, flicht Schwendele noch eine Portion Ulk ins Geschehen, wenn er die Wahlkampf-Idee eines Nacktkalenders mit Kleinstadtprominenz einführt...

Ende gut, alles gut? Irgendwie schon. Wenn auch für uns Kollegen etwas frustrierend, der Protagonist am Ende trotz gelungener Recherche erst im Jobwechsel sein Glück findet.   Peter Schwendele: „Prost Wahlzeit!“, Silberburg Verlag, 238 Seiten

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