Schopfheim „So kann es nicht weitergehen“

Petra Martin
Den gewaltigen Ausgaben stehen enorm weniger Einnahmen gegenüber. Foto: Markgräfler Tagblatt

Haushalt I: Bürgemeister Harscher und Kämmerer Spohn mahnen Kursänderung an

Schopfheim - „So kann es nicht weitergehen.“ Fast gebetsmühlenartig beschwören Bürgermeister Dirk Harscher und Stadtkämmerer Thomas Spohn im Vorfeld der Gemeinderatssitzung heute Abend eine Neuordnung des Haushalts.

Denn der Ergebnishaushalt 2021 ist nicht ausgeglichen, ein Verlust steht an. Die Ursache ist coronabedingt, aber beileibe nicht nur. Vielmehr sei es so, dass sich die ohnehin schwierige Haushaltssituation mit Corona weiter verschärft habe, machten Harscher und Spohn bei einem Pressegespräch am Freitag deutlich.

Wie sieht der Ergebnishaushalt 2021 aus? Die Erträge reduzieren sich auf rund 47, 8 Millionen Euro und verringern sich damit um 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Aufwendungen liegen bei rund 52 Millionen Euro (0,4 Prozent Steigerung). Dies bedeutet einen Verlust von 4,18 Millionen.

Coronabedingt wird ein Minus von rund 3,8 Millionen Euro verzeichnet. Die Gewerbesteuer sinkt um 1,5 Millionen, und die Schlüsselzuweisungen verringern sich um fast 500 000 Euro.

Die Aufwendungen liegen im Verhältnis zu den Erträgen zu hoch – diese Probleme dürfe man auch in Coronazeiten nicht vergessen, so die Stadtverwaltung. Steigerungen gab es bei den Aufwendungen aufgrund von höheren Personalkosten. So hätten beispielsweise sich die Standards in Kitas verändert, es gebe kleinere Gruppen, die Leiterinnen seien teilweise freigestellt, und die Stadt müsse den Rechtsanspruch von Eltern erfüllen, hieß es.

„Wir müssen in ganz andere Sphären kommen“

Höhere Aufwendungen gibt es aber auch durch höhere Sachaufwände, etwa in Bezug auf den Stadtwald oder auf die Grundschulsanierung in Wiechs – obwohl hier schon einige Gebührenerhöhungen berücksichtigt wurden.

Die Einwohnerentwicklung ist indes rückläufig, was zu geringeren Zuschüssen führt. Am 30. Juni 2019 belief sich die Zahl auf 19 577, ein Jahr vorher waren es noch 19 644 Einwohner; ab 2022 wird wieder von einer Zunahme ausgegangen.

Der Finanzhaushalt umfasst ein Investitionsvolumen von rund 15,7 Millionen Euro. Wie viel Wert die Stadt auf Bildung legt oder aufgrund ihrer Verpflichtungen legen muss, ist an den Vorhaben zu erkennen, denn allein elf Millionen sind für Schulen (Jahrhundertprojekt Campus) und Kindergärten (Aufstockung Kita Langenau, Sanierung Kita am Markt) eingeplant.

Auch der Hochwasserschutz in Enkenstein, der öffentliche Personennahverkehr (Wiesentalbahn) und Erschließungen gehören zu den Maßnahmen.

Finanzierungsmittel sind Grundstücksverkäufe (Ortsverwaltung Wiechs, Uehlin-Häuser, Wohnbaugrundstücke), Beiträge und Zuschüsse, so auch aus dem Ausgleichsstock, wie man hofft. Saldo: Der Finanzierungsbedarf liegt bei fast 13 Millionen Euro, und da Mittel aus den Vorjahren derzeit nicht ausreichen, ist eine Kreditaufnahme von 11,6 Millionen erforderlich. „Das macht weh, ist aber gut investiert“, so Bürgermeister Harscher.

Genehmigung nur unter Auflagen

Im Haushaltsplanentwurf für 2021 weiterhin vorgesehen sind Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von rund 11,6 Millionen Euro. Die aktuelle Summe liegt etwas reduziert bei 10,8 Millionen, wovon 7,8 Millionen allein auf den Campus entfallen. Auch die schon erwähnten weiteren Bildungssektor-Investitionen, Hochwasserschutz und der Kauf eines Feuerwehrfahrzeugs gehören dazu. „Die Verpflichtungsermächtigungen werden sicherlich nur unter Bedingungen genehmigt werden“, kündigte Kämmerer Spohn schon mal an.

Düster sieht’s auch nach 2021 aus: Die mittelfristige Finanzplanung zeigt, dass von 2022 bis 2024 Fehlbeträge von rund 7,4 Millionen Euro zu erwarten sind. Das Kreditvolumen umfasst 24,4 Millionen, das des Vorjahres lag bei 17 Millionen; zumindest war das prognostiziert. Durch die Einschnitte im Ergebnishaushalt gab es keine Überschüsse – das Geld fehlt. Auch in der mittelfristigen Planung stehen bei den Ausgaben Campus, Kinderbetreuung und der Ausgleich des Ergebnishaushalts in der Nach-Corona-Zeit an. Im Ergebnishaushalt ist noch mit hohen Verlusten zu rechnen.

Um eine Kursänderung einzuschlagen, muss der Kreditbedarf reduziert werden, einschneidende Maßnahmen werden folgen müssen, „das hat uns Corona vor Augen geführt“, so Harscher. Im Finanzausschuss müssten dringend Sparmaßnahmen vorbereitet werden. 2020 sei zwar wegen der Corona-Landeshilfen besser als zunächst angenommen, 2021 aber werde ein schwieriges Jahr. Ohne strukturelle Anpassungen gehe es nicht mehr, „wir müssen mit den Zahlen in ganz andere Sphären kommen“, so Harscher.

Dennoch sei er guter Dinge, nicht zuletzt dank des Fachwissens und Engagements von Kämmerer Thomas Spohn und dessen Mitarbeiterteam. Spohn kündigte an, im nächsten Jahr werde die Evaluation des Leitbilds Gegenstand einer Klausur mit dem Gemeinderat sein. „Daraus leiten sich die strategischen Ziele ab.“

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