Schopfheim Sottisen und Satire im Spa-Hotel

Markgräfler Tagblatt
Viel Zündstoff hat das gesellschaftskritische Stück „Die Damen warten“ von Sibylle Berg, sehr engagiert aufgeführt von der Spielbühne Schopfheim. Foto: Jürgen Scharf Foto: Markgräfler Tagblatt

Spielbühne Schopfheim: Provokatives Theaterstück „Die Damen warten“ hatte Premiere im Bruetschi-Hof

Mutig, mutig, die Damen! Die Akteurinnen der Spielbühne Schopfheim zeigen in dem satirischen Theaterstück „Die Damen warten“ der meistgelesenen deutschen Kolumnistin Sibylle Berg keine Angst vor nackten Tatsachen.

Von Jürgen Scharf

Schopfheim-Enkenstein. Das Drama beginnt, während das Publikum noch die Plätze aufsucht. Die Damen lassen bitten. Sie stehen da wie bei einem Filmstill, regungslos, wie eingefroren, oder ähnlich wie die beiden auf der Bühne platzierten unbekleideten Schaufensterpuppen.

Ein guter Theatercoup von Regisseur Wolfgang Künzel, die Protagonistinnen von Sibylle Berg, der gelernten Puppenspielerin, wie Puppen wirken zu lassen.

Frau Berg, die in Zürich lebende erbarmungsloseste Schriftstellerin und Dramatikerin deutscher Zunge, die auch gerne mal als „Designerin des Schreckens“ oder „moralinsaures Monster“ bezeichnet wurde, ist mittlerweile mit ihren 55 Jahren genau in dem Alter ihrer weiblichen Figuren.

In diesem provokativen Stück einer empörten Autorin geht es recht zynisch zu. Die beiden bedauernswerten Männer sitzen in der Geschlechterfalle, und Frau Berg, die Hasspredigerin, lässt ihren ganzen Zivilisationsekel und Männerhass an ihnen aus. Aber vielleicht trifft in Zeiten von „MeToo“ Bergs spezieller giftig-böser Sound den Nerv der Zeit.

„Fragen Sie Frau Sibylle“: Im Falle dieses Stückes ist es gar nicht mehr nötig, ihren Kolumnentitel wörtlich zu nehmen. Da werden unterschiedliche Lebensentwürfe durchbuchstabiert und gallenbittere Thesen ulkigerweise bei einem Wellness-Aufenthalt der Damen in einem Spa-Hotel durchgeackert. Dass dahinter ein politisches Komplott steckt, kommt erst später heraus, aber da ist das Stück schon dramatisch gekippt. Achtung, es ist also keine launige Wechseljahrekomödie!

Passend war die Premiere in der schön rustikalen HeuBühne des Bruetschi-Hofs in Enkenstein – eine echte Entdeckung – einen Abend nach dem Weltfrauentag. Aber zu hören gibt es keine feminine Lyrik, sondern emanzipatorische Hasstiraden und Sottisen, auch viel frauenverachtende Zitate aus der Weltliteratur.

Die Regie entgeht der Gefahr, dass dieses Thesentheater nur Abziehbilder von Bosheit, Bitterkeit, Frauenfeindlichkeit und Frustration sind. Die Frauen merken bald, dass die Welt ohne Männer nicht funktioniert. Künzel macht keine Slapsticknummern aus diesem Wohlfühl-Wochenende, wie andere Inszenierungen das probierten, er gibt dem Text viel Raum, hat ihn aber extrem gekürzt, was dem Stück in seiner Dichte gut tut. Und er lässt im zweiten Akt auch chorisch sprechen.

Magda Brase ist die etwas naive Hausfrau, Edith Ganter spielt geradeheraus die Alleinerziehende, Marianne Tittel die intellektuelle Pathologin Frau Grau mit arroganter Kälte. Susanne Kita ist die genervte Anwältin als Dauergeliebte. Aus einem Mann werden zwei: Hairstylist, Make-Up-Artist, Masseur und Fitnesstrainer. Die beiden Horst vertreten als schmierige Alphatiere die männlichen Normen. Boris Heilscher – cool, wie er herumtanzt: ein toller Neuzugang im Ensemble – und Gerhard Abt mit gegeltem Haar und Tattoos versprühen nicht nur Aromen aus der Sprühpistole, sondern auch Gift und Galle.

Zuvor pediküren, maniküren, epilieren und traktieren sie die Damen mit Messer, Masken, Wickeln, was dem eigentlich handlungsarmen Stück zusätzlich zu den bissigen Kommentaren einiges an Action verleiht. Die Damen ziehen sich auch aus, setzen sich in Bottiche und schlüpfen in weiße Overalls, lesen Frauenzeitschriften, reden über Sex und zu kurze Röcke. Da sind wir wieder bei den Rollenbildern.

Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, schon gar nicht der perfide Plan, um den es in diesem nicht ganz unkomplizierten, grotesk-absurden Theaterstück auch geht. Aber man sollte die Aufführung anschauen und die Damen nicht warten lassen.

Die weiteren Vorstellungen sind ausverkauft. Zusatzvorstellung am Montag, 19. März, um 20 Uhr im Haus der Stadtmusik in Schopfheim. Karten unter Tel. 07622/668 000.

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