Schopfheim Taktstock-Wechsel ohne Tamtam

Jürgen Scharf

Dirigent: Dieter Waibel legt die Chorleitung beim Gesangverein Eichen nach 35 Jahren nieder

Nach 35 Jahren als Chorleiter des Gesangsvereins Eichen denkt Dieter Waibel mit 70 ans Aufhören. Fortan will er sich mehr Zeit für die Natur und seine eigenen Rebstöcke in Ihringen gönnen.

Von Jürgen Scharf

Schopfheim - Es ist eine klare Entscheidung des Dirigenten, keine Energiefrage, denn Energie hat Dieter Waibel genug. Und die will der ehemalige Hauptschullehrer auch bei Hausmusik und in kleinen Ensembles noch intensivieren.

Waibel stammt aus einer Ihringer Winzerfamilie. Sein Vater war im Gesangverein Ihringen, Sohn Dieter kam als Musikstudent an der PH Freiburg mit Anfang 20 in Kontakt mit dem Laienchorwesen, machte eine Dirigentenausbildung und hat im ersten Dienstjahr im Kirchenchor von Johannes Lorenzen mitgesungen. So kam er gleich zu Beginn in diese Schiene des Chorgesangs. 1978 begann er in Hüsingen den Männerchor zu leiten und übernahm für zehn Jahre den Eichsler Männerchor.

Auch der Eichener Gesangverein war zuerst ein reiner Männerchor. Die Idee, einen gemischten Chor ins Leben zu rufen, kam 1990 bei den Feiern zum 125-jährigen Bestehens des Chors auf. Waibel erinnert sich noch gern daran, wie ein Spontanchor mit 30 „singfähigen und singlustigen“ Frauen entstand.

Der Chor war erfolgreich, wie sich zeigte. Das hat so gut funktioniert, sagt Waibel, dass man das fortsetzen wollte. So konnte man Brahms’ Liebeslieder und andere schöne Chorwerke aufführen, wobei der Männerchor noch parallel lief. In den Konzertprogrammen hat Waibel aus dem Vollen geschöpft, ist keine Kompromisse eingegangen.

Bald kam der Lollipop-Chor hinzu, der sich an jüngere Frauen und Männer richtete, und man konnte musikalisch und programmatisch noch reichhaltiger planen.

Es folgten die bekannten szenischen Abende, zusätzlich zu den klassischen Konzerten. Die schauspielernden Sänger kamen großteils aus dem Chor. Waibels Liebe zum Musiktheater rührt von seiner Frau her. Anita Waibel kommt aus der Theaterszene, hat eine Schauspielausbildung, wirkte bei der Spielbühne Schopfheim mit und unterrichtete 40 Jahre an der Musikschule Mittleres Wiesental Blockflöte. Bei den viel beachteten, anspruchsvollen Musiktheater-Projekten hat sie inszeniert und Regie geführt, Rollen übernommen und mitgesungen.

Das Musical „My Fair Lady“ war die erste dieser denkwürdigen Produktionen, der noch einige Operettenaufführungen wie „Maske in Blau“, „Eine Nacht in Venedig“ und zwei Afrika-Musicals folgen sollten.

Es war eine schöne Zeit für die Waibels und den Chor, und das Ehepaar hat im Team viel Energie und Liebe in diese Projekte hineingesteckt. „Die Liebe meiner Frau zur Bühne sprach aus diesen Aufführungen, besonders auch aus der Carmina Burana“, sagt Waibel. Die letzte große Produktion war „Die Blume von Hawaii“. In all den Jahren hat Waibel viel gemacht: im Frühjahr Operette, im Herbst klassische Konzerte.

„Kein Requiem zum Abschied“

Neben der Blockflöte ist die menschliche Stimme sein „Lieblingsinstrument“. Auch die Kinder beweisen, dass sie aus einem musikalischen Haus kommen: Tochter Agnes Musik hat in Basel studiert, ist Sängerin und leitet den Lollipop-Chor, Sohn Florian ist Geiger und macht privat auf „bandmäßig“.

Dieter Waibel kommt eigentlich von der Geige her, spielt jetzt aber Cello. „Stimme und Bass wird man weiterhin hören“, versichert er. Mit Musik hört es also nicht auf im Hause Waibel. Er und seine Frau wollen weiterhin gerne kleinkunstmäßig unterwegs sein.

Auch die Chorarbeit gibt Waibel noch nicht ganz auf. Der Männerchor Hüsingen, eine kleine Gruppe, liegt ihm am Herzen, ihm wird er weiterhin treu bleiben. Wegen eines möglichen Nachfolgers für Eichen hat er schon mal die Fühler ausgestreckt, sich in der Chorszene umgeschaut und bei befreundeten Musikern Kontakte geknüpft, um den „Chor nicht im Regen stehen zu lassen“.

Natürlich ist es ein traditioneller Chor, zu dem auch viel Geselligkeit dazugehört; die Sängerinnen und Sänger sind es gewöhnt, dass der Dirigent dazugehört. Während landauf und landab das Laienchormodell mehr und mehr wegbricht, hat der Eichener Chor noch Potenzial. Er ist gut aufgestellt.

Bis zu den Sommerferien will der Dirigent noch weitermachen mit den Proben und Singstunden, aber ein Abschiedskonzert soll es nicht geben. Dieter Waibel will „kein Requiem“ für sich, sondern ohne großes Tamtam den Taktstock an seinen Nachfolger weitergeben, damit der Eichener Chor wieder starten kann: „Die können es packen, wenn sie neu anfangen“, ist er sich sicher.

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