Rohmer bringt das konfliktreiche Geschehen durchaus naturalistisch und mit einiger Wucht auf die Bühne, aber er greift auch zu neuen visuellen Mitteln wie Bildprojektionen von Bergen, Alm, Kühen, Bauernhöfen. Viel Holz liegt vor der Hütte und die Protagonisten tragen zünftige Lederhosen, Trachtenjanker und schmucke Dirndl. Der Regisseur hat ein ausgesprochen gutes Ensemble beieinander, in dem alle Rollen bestmöglich besetzt sind und alle optimal zusammen passen.
Gelungene Besetzung
Allen voran Rebecca Lara Müller als Titelheldin. Sie hat das nötige Temperament für diese Rolle, ein hübsches und resolutes „Maderl“ mit kämpferischem Naturell, unbeugsam und trotzig. Couragiert und stolz lehnt sie sich gegen die väterliche Herrschaft auf dem Hof auf – für damalige Zeiten sicher rebellisch.
Der Vater (brutal, aufbrausend und cholerisch: Norbert Heckner) will sie unterjochen und stellt sich gegen sie und den Bärenjosef (ein strammer fescher Bursche: Fabrian Kuhn), der ihr dann aus dem Weg geht. Stattdessen macht sich der intrigante Vinzenz (Ferdinand Ascher) an sie heran, den sie im Affekt mit einer Flasche niederschlägt.
Action und Dramatik
Das Stück ist voll von Action und Dramatik. Da der Gletscher das Herz von Wally nicht gebrochen hat und sie dem Willen des Bauern nicht nachgibt, zündet sie die Scheune an. Alles wird aufgeboten: Feuer, Blitz und Donner, Geiergekrächze, lodernder Hass und aufregende Fensterschau mit Fernglas und Blick in die Schluchten - also ein packendes Schauspiel und natürlich auch ein bisschen „Rosamunde Pilcher in den Bergen“. Denn es taucht auch noch die vermeintliche Nebenbuhlerin Afra (Simona Mai) auf, auf die die Geierwally, die so kreischen kann wie ihr junger Geier selber, eifersüchtig reagiert.
Die Szenen steigern sich in einen Furor der Leidenschaften und werden nur etwas abgekühlt von den Nebenfiguren, dem loyalen Knecht (Stefan Peschek) und der Großmagd (hervorragend gespielt von Andrea Heuer), die ab und zu auch für humorvolle Momente sorgen.
Die tapfere „Jeanne d’Arc der Alpen“ wird nach dem Tod des Vaters doch noch Herrin auf dem Hof, sie wird Jochbäuerin, und Rohmer beschert dem Publikum am Schluss dieses Stücks, das wie aus dem Leben gegriffen wirkt, ein doppeltes Happy End.