Schopfheim Turbulenter Komödienhit

Markgräfler Tagblatt
Schräge Familienkomödie im Schwulenmilieu: Das unterhaltsame Stück „Patrick 1,5“ kam in der Stadthalle Schopfheim gut an. Foto: Jürgen Scharf Foto: Markgräfler Tagblatt

Theater: Bei „Patrick 1,5“ wurde kein Tabuthema ausgelassen

Dem vollkommenen Glück des schwulen Paares Göran und Sven steht nichts mehr im Wege: Patrick, 1,5 Jahre alt, schickt das Sozialamt zu ihnen als Adoptivsohn. Doch als es an der Tür klingelt, ist die Überraschung groß. Kein Kleinkind wird abgegeben, sondern ein schwer erziehbarer kleinkrimineller Teenager: Patrick, 15 Jahre alt.

Von Jürgen Scharf

Schopfheim. Das Komma macht hier den Unterschied. Ein Schreibfehler der Behörde. Das ist die lustige Ausgangslage der schrägen schwedischen Familienkomödie von Michael Druker, die ein Kinohit wurde und die bei den Theatergastspielen Fürth seit vier Spielzeiten als erfolgreiche Wiederholungstournee auf deutschen Bühnen läuft. Seit der Uraufführung des Stücks 1994 hat sich einiges geändert, vor allem bei uns.

Inzwischen gibt es ja die „Ehe für alle“. Durften bis dahin in Deutschland schwule oder lesbische Paare kein Kind adoptieren, hat die Änderung im Bürgerlichen Gesetzbuch eine echte Gleichstellung von Hetero- und Homosexuellen gebracht. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist jetzt gesetzlich verankert. Da ist das Theaterstück einerseits überraschend aktuell, auf der anderen Seite schon wieder veraltet. Egal, das Thema Adoption für ein schwules Paar bleibt sich gleich. Und Liebe verdient so oder so Respekt, wie in dieser Komödie, in der es am Schluss ein Märchen mit drei Prinzen gibt.

Das Gastspiel in der Aboreihe war diesmal eine der erfreulicheren Theaterabende in der Saison. Die Inszenierung passte auf die große Bühne, und es wurde gut gespielt. Wenn der Vorhang aufgeht, sind wir schon in froher Erwartung im Kinderzimmer, überall liegt Spielzeug herum, eine lyrische Unordnung herrscht, um nicht zu sagen ein Chaos, auffallend die Superman-Tapete. Thomas Rohmer, der Theaterleiter, der auch die Regie und die Spielfassung verantwortet, gibt einen liebenswürdig sympathischen Göran. Einen Kümmerer mit der barmherzigen Samariter-Seele, der das Herz auf dem rechten Fleck hat und Mutterinstinkte entwickelt.

Sasa Kekez als sein Lebensgefährte Sven ist sexy und hysterisch, reißt sich auch mal das Hemd vom Leib und zeigt seine Bodybuilding-Brust, trinkt offenbar etwas viel (aus der Sprühflasche für Blumen), und ist alles andere als begeistert von Patrick 15. Am liebsten würde er ihn gleich rausschmeißen. Doch da ist Göran vor. Und schließlich kann Patrick alles reparieren, die kaputte Kühlschranktür und den Sonnenkollektor auf dem Dach.

Stefan Pescheck (mit Cap, wirkt aber etwas älter als 15) spielt den aufmüpfigen Jungen glaubwürdig und realistisch mit seiner Rapper-Haltung, seiner Aggression und seinen bösen Kommentaren wie: „Zwei Typen, die so rummachen. Ist das ekelhaft“. Da stoßen zwei Welten aufeinander, die außerhalb der gesellschaftlichen Normen sind: das homosexuelle Paar und der kriminell vorbelastete Jugendliche. Da wird kein Tabuthema ausgeklammert, und somit muss es ja turbulent zugehen den Abend über. Und das war auch so, mit viel Wortwitz, Pointen und Situationskomik. Regisseur Rohmer achtete darauf, dass die Inszenierung nicht „tuntig“ wirkt und keine Vorurteile bedient.

Dem Publikum, so weit es überhaupt den Weg in die Stadthalle gefunden hatte, hat dieser amüsante und unterhaltsame Kömödienhit mit seinem Schlüssellochblick ins Wohn- und Schlafzimmer eines schwulen Paares gut gefallen.

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