Schopfheim Und es passiert doch

Markgräfler Tagblatt
Die erste Lektion des Lehrers lautet: Hände in den Rücken halten und gerade Haltung einnehmen. Foto: Christoph Schennen Foto: Markgräfler Tagblatt

Waldorfschule: Theater-AG der Schule zeigt sehr beeindruckend, welche Gefahren im Totalitarismus stecken

Von Christoph Schennen

Schon zu Beginn des Theaterstücks „Die Welle“, das jüngst von einigen Zehntklässlern der Freien Waldorfschule Schopfheim aufgeführt wurde, kommt es zu einem Schockmoment. In einem Video sieht man eine verlassene Landschaft und hört dazu einen nüchternen Kommentar. Dann blickt man auf eine eingestürzte Betondecke, an die herangezoomt wird. Es sind die Ruinen einer Gaskammer, in denen Menschen ermordet wurden.

Einige Schüler der amerikanischen Highschool scheren sich nicht um den Film, den ihr Lehrer ihnen zeigt und glauben, dass systematisches Töten von Menschen heute nicht mehr passieren könnte. Dass sie daraufhin aber die Entwicklung eines totalitären Regimes in Form eines Experiments durchspielen, ahnen sie nicht: Hochmut kommt vor dem Fall.

Der Lehrer sagt den Schülern zunächst, er erwarte Disziplin von den Schülern. Er bringt ihnen eine gerade Haltung bei und erwartet zackige Antworten auf seine Fragen, deren Beantwortung mit dem Namen des Lehrers beginnen muss. Den Schülern gefällt der neue Stil. „Endlich hat das Chaos ein Ende“, sagt ein Junge. „Uns fehlte die Disziplin“, schwärmt ein anderer.

Dann wird ein Schlachtruf eingeführt, der mit einer Choreographie aus Füßetrampeln und Handschwingungen flankiert wird.

„Stärke durch Gemeinschaft - Stärke durch Disziplin“, rufen die Schüler voller Begeisterung.

Schließlich gibt sich die Gruppe noch ein Erkennungszeichen, eine „Welle“, die auch auf ihren T-Shirts zu sehen ist. Jedes individuelle Gebahren ist nun unerwünscht.

Der Lehrer stoppt das Experiment, dem sich auch andere Klassen anschließen, nicht. „Die Schüler lassen mir keine andere Wahl. Sie benehmen sich besser und mögen es lieber, wenn ich die Entscheidungen treffe“, rechtfertigt der Lehrer die Fortführung des Experiments. Seine Frau kritisiert ihn zwar, aber weder sie noch die wütende Rektorin schreiben ihm vor, dass er seinen Versuch beenden soll. Heute würde so etwas kaum toleriert, der Lehrer würde sofort entlassen. Handlungsort des Stücks ist aber nicht Deutschland, sondern die USA, dem Heimatland des Autors Morton Rhue. Dort hat man die Schrecken des Krieges nicht hautnah miterlebt.

Die Lage in der Schule eskaliert derweil. Es wird intensiv nach neuen Schülern gesucht, die sich der Bewegung anschließen. „Stärke durch Aktion“ lautet nun das Motto. In einem Video, das auf die Bühne projiziert wird, sieht man, dass die Schüler nun ihren Schlauchtruf rufend, in Marschordnung durch die Schule ziehen und wie sie ihre Choreographie in der Turnhalle einüben. Diese Bilder erinnern ein wenig an Massenaufführungen in Nordkorea, wo jeder Mensch als uniformer Teil eines Ganzes erscheint. Und natürlich an die Massenaufmärsche der Nationalsozialisten unter Fackelschein.

Die Schüler spielen diese gehirngewaschenen Heranwachsenden sehr überzeugend und mit einer Wucht, dass einem angst und bange wird. Das Marschieren im Video führt dann über in das Realgeschehen, die Türen gehen auf und die Schüler besetzen den Raum. Der Scheinwerfer richtet sich dann auf den Lehrer, der auf der Bühne stehend das Experiment für beendet erklärt. Es ist höchste Zeit, dem Unfug ein Ende zu bereiten, um Schaden zu verhindern. Geläutert ziehen sich die Schüler ihre Uniformen aus und bedauern, dass sie sich haben verführen lassen.

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