Schopfheim Ungewöhnliche fotografische Ästhetik

Jürgen Scharf
Alfred Escher bevorzugt eine besondere fotografische Technik und Bildästhetik. Foto: Jürgen Scharf

Mit der dritten Ausstellung hat sich das Museumsgewölbe als besonderer Raum für Kunst etabliert. Dieses Mal zeigt der Lörracher Fotograf Alfred Escher unter dem Titel „Variationen“ sehr künstlerische Fotografien, die ins Surrealistische hineingehen.

Von der Fotografie als Momentaufnahme, als ein Medium der Dokumentation, muss man sich bei dieser Fotoschau unter dem Titel „Variationen“ im Keller des städtischen Museums verabschieden. Die Motive auf den Bildern, die der Lörracher Fotograf Alfred Escher festhält, sind für das Betrachterauge nicht gleich erkennbar.

Escher geht bei seinen Fotografien nicht nur ins Malerische, sondern weit ins Surrealistische hinein. Ein wichtiger Aspekt in seiner Fotografie ist die Bewegung: Das Motiv wird in der Bewegung fotografiert; während der Belichtung wird die Kamera bewegt.

Neue visuelle Eindrücke

Man nennt das Mehrfachbelichtung oder Langzeitbelichtung und diese Technik ergibt einen besonderen Stil und neue visuelle Eindrücke. Man kennt diese gewollten Unschärfen aus der Malerei eines Gerhard Richter, auch bei Escher sind sie geplant, um eine Verfremdung zu erreichen.

40 Jahre war Escher im Fotokreis Lörrach aktiv, er hat in der Gruppe mit ausgestellt und bei den Fotofreunden Schopfheim mitgewirkt. In der analogen Zeit, als man noch nicht mit Digitalkameras fotografierte, hat er viel Naturfotografie draußen im Freien gemacht, auch Makrofotografie und Diaschauen.

Lange, über 20 Jahre, fotografierte der ambitionierte Amateurfotograf schwarz-weiß und pflegte den Minimalismus, bis das digitale Zeitalter anbrach. Seither versucht er, wie man in der Ausstellung sieht, die Grenzen der digitalen Fotografie auszuloten.

Escher gelingt es, die Fotografie ins Surreale aufzulösen und mit ihren Wischeffekten malerisch erscheinen zu lassen. Manche Motive kann man noch erahnen, etwa die Basler Ansichten, besonders das Tinguely-Museum mit seinen architektonischen Wiederholungen, ebenso den Tinguely-Brunnen beim Theater, auch wenn dieser schon sehr verfremdet daherkommt. Noch erkennbar sind die Kastanienbäume; die Freie Straße mit dem Brunnen schält sich aus dieser Überbelichtung heraus, der Roche-Turm und die Elisabethenkirche wirken verwischt und etwas unreal.

Drei Motivgruppen

Der Fotokünstler hat die Schau räumlich klar gegliedert und in drei Motivgruppen aufgeteilt. Eine umfasst Bilder einer Reise nach Amrum, Dünenlandschaften, Meer, Watt bei Ebbe, tageszeitliche Stimmungen. Es sind reine Langzeitbelichtungen mit Bewegungen, die besondere Strukturen schaffen. Die Dünenlandschaft mit Erika ist ein wahres Gemälde: Man könnte sie nicht schöner malen.

Eine andere Reihe zeigt rostige Wände, eine rote Wand mit schwarzen Teerstreifen. Es ist die Kunst des Ausschnitts und das erinnert an kalligrafische Schriftzeichen, wie man sie im Japanischen kennt. Farbe und Rost geben einer Schiffswand am Basler Hafen eigene Struktur. Eine spezielle Landschaftsdarstellung sind die Aufnahmen der Völklinger Hütte. Der Rest sind Alltagsbilder, bei denen der Fotograf in die Objekte „hineingeht“ und die Wahrnehmung des Betrachters herausfordert.

Alle Aufnahmen von Alfred Escher weichen von „normaler“, konventioneller Fotografie stark ab und haben etwas Künstlerisches. Es ist Eschers großes Anliegen, Farbfotos zu verfremden und zu reduzieren, das er ohne Bildbearbeitung am Computer, ohne Photoshop-Programme, rein mit experimentellen Kameratechniken umsetzt.

Kreativer Akt des Sehens

Das ist nicht mehr und nicht weniger als der kreative Akt des Sehens, der Moment, in dem das Motiv auf das Medium gebannt wird. Mit diesem Stil erzeugt Escher eine besondere Bildaussage und faszinierend ungewöhnliche fotografische Ästhetik.

Das ist sehenswert.

Die Ausstellung unter dem Titel „Variationen“ ist noch bis Sonntag, 2. Februar, mittwochs von 14 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr zu sehen.

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