Schopfheim-Fahrnau. Liederabende haben es nicht ganz leicht in der Publikumsgunst. Das wissen auch die Veranstalter von „Klassik im Krafft-Areal“. Dennoch will man hier nicht auf das Kleinod Lied verzichten und rückt diese intime Kunstform, die vielleicht nur etwas für Liebhaber oder ein begeisterungsfähiges Publikum ist, immer wieder ins Programm der Konzertreihe. Ist doch ein Liederabend, so Werner Geigle in seiner Begrüßung, etwas vom Schönsten, was man bieten könne. Schon öfter war der ausgewiesene Liedbegleiter Thomas Schubert zu Gast in der Fahrnauer Tonhalle. Er sucht sich seine Liedpartner immer aus; dieses Mal brachte er den Wiener Bassbariton Horst Lamnek mit, der ein Liederbouquet mit Vertonungen der Gedichte von Joseph von Eichendorff gestaltete, dem romantischsten aller Dichter. Schumanns bedeutendster Liederzyklus, der Eichendorff-Liederkreis op.39, ist die Inkarnation deutscher Romantik, das romantische Kunstlied schlechthin. Der sowohl als Konzert-, Opernsänger und Liedinterpret konzertierende Lamnek ist auch ein Spezialist für dieses besondere Repertoire. In diesem Zyklus gefiel er durch einen intelligenten und lebendigen Vortrag, der Wärme, Einfühlung und hohe Textverständlichkeit besaß und der emotionalen Spannweite der Musik gerecht wurde – bei völligem Verzicht auf opernhafte Effekte, bemerkenswert bei einem Opernsänger. Lamnek braucht den Vergleich mit namhaften Kollegen nicht zu scheuen. Es liegt wohl in der Natur seines Stimmfachs, dass ein so markanter, profunder Bassbariton wie er vor allem die dramatisch getönten Gesänge besonders anschaulich und stimmlich farbig gestalten kann. Vielleicht liegt diesem Stimmtimbre die sublime „Mondnacht“, dieses Traumbild von Natur und Seele („Es war, als hätt’ der Himmel die Erde still geküsst“) mit ihrem transzendenten Daseinsgefühl weniger als die Lieder von mystischer Versunkenheit. Etwa das „Auf einer Burg“, das von einem Ritter erzählt, der viele Jahrhunderte versteinert auf seiner Burg schläft. Ganz besonders war Lamnek im Einklang von Ton und Wort, vokaler Linie und Diktion, Stimmfarbe und Ausdruck in dem düsteren „Zwielicht“ („Dämm’rung will die Flügel spreiten“), einem Weltangst-Gedicht, das vom Grauen der Dämmerung spricht; besonders eindrücklich in der tonlos in tiefer Lage geraunten Schlusszeile „Hüte dich, sei wach und munter“. Allerdings fiel gerade in dieser zweiten Hälfte des Liederkreises ein Vibrato in der Stimme auf, was aber auch auf die hallige Akustik des nicht wie sonst voll besetzten Saals zurückzuführen war. Maßgeblich beeinflusst wurde der Liederabend durch das klar akzentuierte Spiel von Thomas Schubert, von dem selber drei spätromantisch-postmodern komponierte Eichendorff-Lieder erklangen: Musik, die im besten Sinne von romantisch dem Text dient und somit fürs Publikum goutierbar ist. Einzellieder von Othmar Schoeck und Hugo Wolf ebneten den Übergang ins Humoristische der beiden Zugaben.                                 JÜRGEN SCHARF