Schopfheim „Wie eine Studenten-WG – nur für Senioren“

Werner Müller
Endlich fertig: Die „Ambulant betreute Wohngemeinschaft“ für Senioren in einem Neubau am Eisweiher. Foto: Werner Müller

Curare: Ambulante Seniorenwohngeeinschaft am Eisweiher geht in Betrieb / Mieter ziehen ab heute vein

Schopfheim - Endlich geht’s los: Nach mehrmonatiger Verzögerung kann das Evangelische Sozialwerk Wiesental (ESW) den Startschuss für sein ehrgeiziges Pilotprojekt am Eisweiher, eine „Ambulant betreute Wohngemeinschaft für Senioren“, geben.

Am heutigen Montag ziehen die ersten Mieter in die 400 Quadratmeter große, barrierefreie Erdgeschosswohnung in einem neuen Mehrfamilienhaus der Städtischen Wohnbau am Eisweiher ein.

„Das ist für uns alle ein großer Tag“, freuen sich Pia Maria Späth, die als Geschäftsführerin der ESW-Tochter „Curare“ das Projekt leitet, sowie Claudia Rümmele, die Koordinatorin der Senioren-Wohngemeinschaft.

Insgesamt zehn Einzelzimmer (alle mit komplettem Bad) zwischen 15 und 23 Quadratmeter stehen in der Wohnung zur Verfügung – sieben von ihnen sind bereits vermietet, die Zusage für die achte ist so gut wie fix.

Dazu kommen großzügige Gemeinschaftsflächen – eine voll eingerichtete Wohnküche mit drei rustikalen Tischen und zwei verglasten Außenwänden zum Beispiel sowie eine Terrasse samt Gartenfläche im Freien. Die Flure sind extra breit, so dass auch zwei Rollstuhlfahrer gut zurecht kommen. „Das haben wir in der Praxis schon getestet“, versichert Pia Maria Späth.

Die hellen Zimmer sind unmöbliert – das heißt, jeder Mieter kann von daheim mitbringen, was ihm wichtig ist, und damit seine eigenen vier Wände so gestalten, wie es ihm gefällt.

Entscheidender als die baulichen Gegebenheiten ist indes die Konzeption, die hinter dieser neuen Wohnform für Senioren steckt. „Sie schließt die Lücke zwischen dem eigenen Zuhause und der stationären Pflege“, erklärt Pia Maria Späth.

Gedacht ist sie für Menschen, die Unterstützung im Alltag brauchen und nicht mehr zuhause wohnen können oder wollen – aber auch nicht in eine stationäre Pflegeeinrichtung ziehen möchten.

Tatsächlich kümmern sich zehn so genannte „Alltagsbetreuer“ um die Mieter – in drei Schichten rund um die Uhr. Bei Bedarf unterstützen sie die Senioren und geben auch Anregungen, für die Freizeitgestaltung beispielsweise. „Wir machen nur Vorschläge, wir entscheiden nicht“, betont Späth.

Die ambulante Betreuung umfasst auch die Eigenversorgung und die Körperpflege. „Ziel ist eine ambulante Versorgung, so lange es geht“, so Pia Maria Späth. Der Reiz dieser Wohnform sei die Möglichkeit, sein Leben so selbstbestimmt wie möglich zu führen und trotzdem in einer Gemeinschaft aufgehoben zu sein. „Es ist wie eine Studenten-WG, nur für Senioren“, so die Curare-Geschäftsführerin.

Die Altersstruktur der künftigen Mieter ist denn auch ziemlich breit – der jüngste ist nicht einmal 60, die ältesten gehen auf die 90 zu. Es gebe immer mehr Menschen, die vereinsamt leben und trotzdem weitgehend selbstständig bleiben möchten, weiß Pia Maria Späth. Das treffe nicht nur auf Hochbetagte zu. Insofern seien eigentlich noch viel mehr solche Wohnformen nötig wie die am Eisweiher, auch im Landkreis Lörrach.

Die Vorfreude auf den jetzt endlich bevorstehenden Start der Senioren-WG überstrahlt denn auch manche Enttäuschung, die ESW und Curare im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren für ihr Pilotprojekt verkraften mussten.

Anlässlich eines Besuchs des SPD-Landtagsabgeordneten Rainer Stickelberger im August des vergangenen Jahres hatten sich die ESW-Verantwortlichen über „Barrieren“ hinsichtlich des Personalschlüssels beklagt, die ihnen die Heimaufsicht in den Weg legt, anstatt Unterstützung und Entgegenkommen anzubieten (wir berichteten).

Der Konflikt führte dazu, dass Curare einige bereits angestellte Betreuungskräfte wieder entlassen und die für Oktober geplante Eröffnung der Wohngemeinschaft abblasen musste. Zum Glück seien aber fast alle betroffenen Mitarbeiter an Bord geblieben und hätten jetzt einen Arbeitsvertrag unterschrieben, freut sich Pia Maria Späth.

Sie will unter die Vergangenheit denn auch einen Schlussstrich ziehen. „Wir freuen uns jetzt einfach, das es los geht“, betont sie und ist sich mit Claudia Rümmele einig, dass das „spannende Projekt“, das vor ihnen liegt, alle zurückliegenden Kämpfe wert ist.

Wenn alle acht Mieter nach und nach eingezogen sind, nehmen sich alle Zeit, sich aneinander zu gewöhnen. Erst wenn die Abläufe eingespielt sind, will Curare die beiden restlichen Zimmer vermieten – und die dafür zusätzlichen Betreuungskräfte einstellen. Denn ab neun Bewohnern gilt ein höherer Personalschlüssel. „Jetzt nehmen wir uns aber erst einmal Zeit zum Kennenlernen“, so Pia Maria Späth und Claudia Rümmele voller Vorfreude.

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