Schopfheim Wie man mit Licht die Farbe verändert

Jürgen Scharf
Es werde Licht: Die Alte Kirche St. Michael wird in Magentafarbe getaucht. Darüber freuen sich (von links) Kulturbeauftragter Dominik Baiker, Luis Lenz vom Kunstverein und Lichtkünstler Marcus Pericin. Foto: Jürgen Scharf

Alte Kirche St. Michael: Mystische Purpur-Installation / Neue Seh-Effekte / Heute Vernissage

Schopfheim - Erlebnis Farbe: Der Innenraum der Alten Kirche St. Michael wird in der Installation „Magenta sehen“ zu einem mystischen Farb-Licht-Raum.

Ein Wissenschaftler der Züricher Hochschule der Künste (ZHdK) hat die Fenster auf Einladung des Kunstvereins und der Stadt Schopfheim mit Magenta-Farbfiltern versehen und damit das Tageslicht gefiltert.

Wer die Kirche betritt, wird die Augen zusammenkneifen und seiner Farbwahrnehmung nicht mehr trauen.

Wie wir Farben sehen, ist eine Wissenschaft für sich. Dem Phänomen des Farbensehens geht man in der Augenforschung nach, und auch beim Farb-Licht-Zentrum der ZHdK. Marcus Pericin und sein Kollege Florian Bachmann beschäftigen sich mit den Farbrezeptoren, die unsere Welt bunt machen und nehmen eine selektive Filterung der Grundfarben vor, auf die die Netzhaut unseres Auges reagiert. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter forscht Pericin in einem Labor über das Licht, LED-Technologie und betreut Entwicklungsprojekte mit Studierenden.

Neue Farbwahrnehmung des Auges

Aufgrund der Absorption von grünem Licht durch den Magenta-Filter – Magenta ist eine Farbmischung aus Rot und Blau, die auch gern als helles Purpur bezeichnet wird – sieht der Besucher der alten Stadtkirche nur noch Rot und Blau und nicht mehr Grün.

Aber ganz rausfiltern lässt sich die grüne Farbe dann doch nicht. Grüneffekte ergeben sich, wenn das Tageslicht durch die Folienkanten durchscheint, und die Gegenfarbe des Magenta zeigt sich beim Blick zur offenen Tür als „Negativ“, als grünes Nachbild.

Man staunt über die Besonderheit einer neuen Farbwahrnehmung unseres Lichtsinnesorgans.

Genau das ist die Idee dieser Lichtinstallation, die eine Lichtwechselwirkung beabsichtigt. „Das Wechselspiel ist extrem spannend und das wollen wir erlebbar machen“, sagt Marcus Pericin, nachdem er von einem acht Meter hohen Gerüst gestiegen ist, wo er noch letzte Hand an die Fensterverkleidung gelegt hat. Pericin hat die Installation alleine bewerkstelligt und brauchte volle zwei Tage dafür - beim Aufbau mit gesteigertem Interesse begleitet von Luis Lenz vom Kunstverein und dem Kulturbeauftragten Dominik Baiker.

Pericin hat die Folien zugeschnitten und mit doppelseitigen Tapes an die Innenseiten der Fenster geklebt. Und er ist auch auf die Orgelempore bis zur Rosette hinaufgestiegen. Der Kunstverein hat die Arbeitsplattform, das Gerüst und das mobile Arbeitsgerät, die Leitern, beigebracht. Auf die Fenster wurden spezielle Theaterfilter verklebt.

Wenn man sich an die neuen Lichtverhältnisse in der Kirche gewöhnt hat, dann sieht man auch, wie sie sich verändert haben und wie sich mit Kontrasten von Farben gestalten lässt.

Die Frage ist bei diesem Phänomen, wie man mit Licht die Farbe verändern kann. Die wechselnde Tageslichtsituation bedingt das unterschiedliche Farbspektrum.

Heute ab 19 Uhr freie Besichtigung

Um 18 Uhr abends habe noch alles vor leuchtenden Farben geglüht, berichtet Baiker. Wenn es draußen dunkler wird, wird das Licht innen violetter. Bei direktem Sonnenlicht wirken die Farben wärmer, bei indirektem kühler. Auf Kunstlicht als Lichtquelle wird ganz verzichtet.

„Die Installation passt gut in eine Kirche“, sagt ein sichtlich begeisterter Marcus Pericin, für den Kirchenräume generell spannende Räume sind. Er weiß auch, dass es großes Potenzial hat, einen solchen Raum mit farbigem Licht zu bespielen. Schließlich erlebt man den gleichen Raum ganz anders.

Eine solche körperliche Erfahrung der anderen Lichtwirkung kann das Publikum durch eine Begehung machen. Schon bei der Eröffnung am heutigen Freitagabend gibt es nach der offiziellen Vernissage ab 19 Uhr eine Stunde lang eine freie Besichtigung.

Im August macht Dominik Baiker drei geführte Begehungen, extra zu unterschiedlichen Tageszeiten. Sein Thema ist die Bedeutung von Licht und Farbe im spätmittelalterlichen Kirchenbau.

Bei diesen Führungen wird man die atmosphärischen Änderungen feststellen können. Auch ein Blick zu den beiden Orgeln bringt ein Aha-Erlebnis. Die Orgelpfeifen leuchten grandios in Magentafarben. Darüber wird sich auch Christoph Bogon freuen, der nicht nur bei der Vernissage Orgel spielt, sondern im Rahmenprogramm am 30. Juli ein Konzert mit Klangimprovisationen gibt.

Zum „Erlebnis Farbe“ in einem Vortrag der beiden Zürcher Initiatoren kommt bei der Orgel dann noch das Thema „Licht und Klang“.

>> Bis 5. September, Samstag 10 bis 17 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr, Mittwoch 14 bis 17 Uhr, Freitag 17 bis 20 Uhr.

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