Gleich von zwei Seiten bläst den Gersbachern der Wind ins Gesicht. Während es beim Windpark im Norden – am Rohrenkopf – nach den ersten Rodungsarbeiten aktuell um die Frage nach dem Verbleib des Geldes (Ausgleichszahlungen) geht, beginnt im Süden – am Glaserkopf – die entscheidende Phase für den geplanten Windpark Hasel mit all seinen kritischen Aspekten fürs Bergdorf. Von Werner Müller Schopfheim. Denn die Anlagen im Süden beinträchtigen nicht nur die Alpenpanorama-Aussicht vom Golddorf aus. Sie rücken dem Weiler Mettlen auch räumlich ziemlich nahe auf die Pelle. Vier der Windräder stehen auf Gemarkung Hasel, das fünfte, nahe bei den Mettlenhöfen, im Staatswald auf Gemarkung Wehr. Die Projektbetreiber EnBW und Energiedienst (ED) haben den BImSch-Antrag für fünf Windräder bereits eingereicht, derzeit läuft die so genannte Vollständigkeitsprüfung beim Landratsamt. Die Behörde kontrolliert dabei, ob Investoren alle erforderlichen Unterlagen eingereicht haben und verlangt, bei Bedarf, Nachbesserungen. Trotz der unmittelbaren Nachbarschaft flossen die Informationen in Richtung Schopfheim bisher eher spärlich. Die Betreiber EnBW und ED stellten ihre Pläne zwar im Ortschaftsrat Gersbach einmal vor, die Stadt selber hingegen blieb außen vor. Informationen aus erster Hand bekam Bürgermeister Christof Nitz erst Mitte dieser Woche, als die beiden Projektierer ihm im Rathaus die Pläne zeigten. „Jetzt wissen wir wenigstens auch offiziell, worum es geht“, so das Stadtoberhaupt. Dabei sind die Stadt und ihr Golddorf zumindest in einem Punkt direkt betroffen – der so genannten Zuwegung. Auf welcher Route die Masten und Rotoren für die fünf Zuwegung über Gersbach wird schwierig Windräder an den Glaserkopf gelangen, ist derzeit nämlich noch offen. Ursprünglich sollte die Zufahrt über Wehr erfolgen. Dort wären wegen der enormen Dimensionen der Sondertransporte mit den bis zu 60 Meter langen Rotorblättern indes umfangreiche Umbauten beispielsweise an Kreisverkehren nötig. Aus diesem Grund kam im Laufe des Verfahrens eine Zuwegung über Gersbach ins Gespräch. Doch auch die hat ihre Tücken – von der Zustimmung der Gersbacher/Schopfheimer Seite einmal ganz abgesehen. Denn die Mega-Transporter müssten ein Schutzgebiet (FFH – Flora-Fauna-Habitat) durchqueren. „Da wird’s schwierig“, räumt Irene Knauber ein. Die Projektsprecherin von ED bezeichnet eine Zuwegung über Gersbach aus Naturschutzgründen denn auch als „eher unwahrscheinlich“. Ob am Glaserkopf überhaupt genug Wind weht, um die geplanten Anlagen wirtschaftlich zu betreiben, lassen die Projektierer erneut prüfen. Laut Irene Knauber läuft derzeit die dritte Reihe der Windmessungen. Noch nicht aus der Welt sind unterdessen Gedankenspiele, zusätzlich zu den fünf Windrädern am Glaserkopf noch weitere Anlagen auf Wehrer Gemarkung am Mettlenkopf zu errichten. Irene Knauber bestätigte nur, dass es auf Wehrer Seite nur noch diesen einen Standort gebe, der überhaupt in Frage komme, doch sei dort vor allem die Windhöffigkeit zu prüfen. Von der Wehrer Stadtverwaltung war auf Anfrage keine Stellungnahme zu erhalten. Mit ganz anderen Problemen schlägt sich die Stadt unterdessen mit Blick auf die Windkräftpläne auf der gegenüberliegenden Seite des Golddorfes herum. Da geht’s ums liebe Geld, genauer: um die Ausgleichszahlungen, die der Betreiber für die Eingriffe in Natur und Landschaft am Rohrenkopf zu zahlen hat. Der Gemeinderat beschloss in seiner jüngsten Sitzung, alle Hebel in Bewegung zu setzen, dass dieses Geld – immerhin gut eine halbe Million Euro – Ersatzmaßnahmen vor Ort zugute kommt. Nach geltendem Recht fließen solche Ausgleichszahlung normalerweise in die Kassen der Stiftung Naturschutzfonds in Stuttgart, die damit Zuschüsse für Ausgleichsmaßnahmen finanziert – allerdings landesweit verstreut (wir berichteten). Dass die Stadt mit ihrem Vorstoß geltendes Recht aushebeln kann, glaubte keiner am Ratstisch. Bürgermeister Christof Nitz schlug deshalb vor, den „machbaren Weg“ innerhalb der geltenden Regelungen zu beschreiten. So habe sich das Regierungspräsidium (RP) bereit erklärt, gemeinsam mit der Stadt und dem Landratsamt örtliche Ersatzmaßnahmen vorzuschlagen, die der Naturschutzfonds dann mit Mitteln aus den Ausgleichszahlungen bezuschusst. Der Haken dabei: Die Stadt müsste sich mit zehn Prozent der Zuschusshöhe beteiligen, in diesem Falle maximal 55 000 Euro. Das könne wohl nicht wahr sein, ärgerte sich Nitz. Die Kommune habe die Belastungen durch die Windkraft zu tragen und solle sich dann noch finanziell an deren Ausgleich beteiligen. Diesen Passus aus den gesetzlichen Vorgaben könne allerdings nicht die Stadt ändern, das sei Sache des Gesetzgebers. Artur Cremans schlug vor, die Windkraftbetreiber für die Übernahme dieses Eigenanteils zu gewinnen. Die Suche nach geeigneten örtlichen Ausgleichsmaßnahmen dürfe die Stadt indes nicht Nicht auf die Behörden warten Landratsamt und RP überlassen. Das sei vielmehr eigene Kreativität gefragt. „Wir warten nicht auf die Behörden“, betonte der Bürgermeister. Das bekräftigte auch Ortsvorsteher Christian Walter. „Wir wollen selber Anregungen geben“. Denkbar sei beispielsweise ein Arbeitskreis mit Vertretern von Forst, Landwirtschaft Tourismus und Verwaltung, der Ideen sammelt. Auch Bürger sollten sich daran beteiligen können.