Schopfheim „Wir heizen zum Fenster hinaus“

Markgräfler Tagblatt
Um die Zukunft der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde ging es in einer Gemeidneversammlung in Langenau. Foto: Hans-Jürgen Hege

Bonhoeffer-Gemeinde: Besucherschwund in Langenau. Fortbestand der Gemeinde in Gefahr.

Schopfheim-Langenau - Jetzt wird nicht mehr nur gehobelt. In den nächsten Jahren fallen Späne. Der Immobilienbestand der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde hat nach Meinung der Landeskirche zuviel Speck auf den Rippen. Oder anders ausgedrückt: „Er ist um 56 Prozent zu hoch.“

Das jedenfalls teilte Pfarrer Kai-Peter Tilgner der Gemeindeversammlung mit, als er den von der Landeskirche verordneten Handlungszeitplan bis 2025 und darüber hinaus bekannt gab.

Damit musste er kräftig zurückrudern. Denn 2016 hatte er seinen Schäfchen an gleicher Stelle noch versprochen: „An der Existenzberechtigung der Immobilien unserer Pfarrei wird nicht gerüttelt. Über mögliche Synergie-Effekte aber wird durchaus noch zu reden sein. Darauf wird die Landeskirche pochen.“

Dieses „Pochen“ wurde lauter, nachdem eine Bestandsaufnahme ergeben hatte, dass das Gemeindezentrum in Langenau lediglich zu einem Prozent ausgelastet ist. „Wir heizen also zum Fenster raus“, sagte Tilgner.

Und nicht nur das. Zu praktisch allen Veranstaltungen kommen so gut wie keine Besucher. Ältestenrat und Leitungsteam seien ratlos, wie man dem Schwund begegnen könnte. „Wir leiten eine Gemeinde, die nicht da ist, machen Veranstaltungen für Leute, die nicht mitmachen wollen“, klagte der Pfarrer.

Tilgners Lösungsvariante eins, die Fusion mit Schopfheim anzustreben, fand ebenso wenig Beifall wie die Idee, in Langenau alles zu verkaufen und die Gläubigen zu den Veranstaltungen mit einem Bus nach Wiechs zu fahren.

Kaum Widerspruch dagegen regte sich, als der Pfarrer andeutete, die Gespräche mit potenten Partnern zu intensivieren, die Langenauer Immobilie oder auch nur das Grundstück für einen sozialen Zweck wie etwa betreutes Wohnen oder Pflege zur Verfügung zu stellen. In einem solchen Konstrukt könne es dann auch einen Raum geben, der für Gottesdienste zu nutzen ist, so dass „die Kirche tatsächlich im Dorf bleiben“ könne.

Frustriert schilderte Kai Tilgner die Absenz der Gemeindeglieder. Resonanz bei Wanderungen oder Radtouren gleich null, ebenso bei dem von Senioren ausdrücklich gewünschten Hausabendmahl oder bei der Band für Jugendliche. „Wir mussten die für viel Geld angeschafften Instrumente, wieder verkaufen“, so der Pfarrer.

So zieht sich das nach seinen Worten durch alle Angebote – von den Gesprächskreisen über die Jungschar bis zu Fastenaktion, Themenabenden, Kaffeegottesdiensten und erst jüngst dem Brunchgottesdienst.

Lediglich Seniorennachmittage, die Konfirmanden-Arbeit, Beerdigungen oder Traugottesdienste, also Angebote, die zum Kerngeschäft einer jeden Kirche gehören, fänden noch Resonanz.

Trotz alledem kam für die anwesenden Gemeindeglieder eine mögliche Fusion mit Schopfheim nicht in Frage. Was aber dann? „Der Weg muss zurück zu den Wurzeln der Kirche führen.“ Rückzug, Besinnung auf die Kernkompetenzen der Kirche, so lautete die Forderung.

Klaus Opitz empfahl der Kirche, Kirche zu sein. „Vieles andere, was wir machen, können auch viele andere“, gab er zu bedenken. Im Kirchendienst solle die „Seelsorge“ ihren früheren Stellenwert erhalten, der Pfarrer müsse wieder mehr Zeit bekommt, sich um seine Gemeindeglieder zu kümmern. Wenn es gelinge, diesen Kern zu stärken, könne man auch „die Kirche im Dorf lassen“, hieß es im Laufe einer sehr angeregten Diskussion, an deren Ende es viel Beifall für die vom Pfarrer und seinem Mitstreiter Christoph Zacheus-Hufeisen gesammelten Argumente für den Verbleib der Kirche in Langenau und in Wiechs gab.

Ältestenrat und Leitungsteam werden die Argumente für den Fortbestand der Kirchengemeinde Langenau/Wiechs „im kleinen Kreis“ diskutieren und über die Ergebnisse in einem halben Jahr berichten. Kai-Peter Tilgner meinte, er habe mit Erstaunen festgestellt, dass niemand die Meinung vertrat, ein Ende mit Schrecken sei besser als ein Schrecken ohne Ende. Er und sein Team fühlten sich dadurch motiviert, die Kirche auf irgendeine Art und Weise dort zu lassen, wo sie schließlich auch hingehöre: „In der Fläche bei den Menschen.“

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