Schopfheim „Wir sind kurz vor dem Start“

Markgräfler Tagblatt

Sozialwerk: Neuer ambulanter Pflegedienst „Curare“ legt im Herbst los / Individuelle Bedürfnisse wichtig

Neben dem Verlust der Gesundheit ist es mit das Schlimmste, was einem älteren Menschen passieren kann: der Auszug aus den vertrauten vier Wänden, aus einer Wohnung, die jahrzehntelang Zuhause, Heimat und Geborgenheit bedeutete. Damit möglichst viele Menschen im Seniorenalter daheim wohnen bleiben können, hat sich mit „Curare“ ein neuer ambulanter Pflegedienst gegründet, der noch im Herbst seine Arbeit aufnehmen will.

Von Petra Martin

Schopfheim. Doch wer steckt hinter dem neuen ambulanten Pflegedienst? „Die Curare gGmbH ist eine gemeinnützige Einrichtung in Schopfheim. Träger ist das evangelische Sozialwerk Wiesental“, teilt Pia Maria Späth mit, die Geschäftsführerin von „Curare“ ist.

„Uns geht es darum, die eigene Normalität der alten Menschen zu bewahren“, erläutert Pia Maria Späth. Genau das hat sich auch das Georg-Reinhardt-Haus auf die Fahnen geschrieben, eine hundertprozentige Tochter des evangelischen Sozialwerks Wiesentals, und eben kein Heim im herkömmlichen Sinne, sondern eine Haus- und Lebensgemeinschaft. Die Bewohner haben in den einzelnen Wohngemeinschaften ein Mitbestimmungsrecht, etwa was das Essen angeht.

Diesen Ansatz, dass Senioren ihre eigene Normalität bewahren, wolle das Sozialwerk konsequent weiterverfolgen, unterstreicht Pia Maria Späth. „Wir wollen aufgrund des Altersgefüges der Gesellschaft einen Beitrag dazu leisten, eine tragende und nachhaltige Versorgungsstruktur mitzugestalten. Im Zuge dessen ist die Vision entstanden, zu den stationären Dienstleistungen ambulante hinzuzufügen.“ Dieser Plan soll durch den Pflegedienst Realität werden.

Pia Maria Späth ist seit Mai eingestellt und hat die Aufgabe, den ambulanten Pflegedienst zu gründen und so weit zu bringen, dass der Betrieb aufgenommen werden kann. „Wir sind kurz vor dem Start“, meldet Pia Maria Späth.

„Die eigene Normalität bewahren“

Aber das ist noch nicht alles. Die Pläne des evangelischen Sozialwerks Wiesental greifen weiter. Hauswirtschaftliche Versorgung und häusliche Pflege sind zwar der Grundstock - aber darüber hinaus wird eine Tagespflege mit 20 Plätzen angeboten, sobald der Neubau fertig ist, der derzeit neben dem Georg-Reinhardt-Haus errichtet wird: das Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Dieses wird noch ein weiteres Angebot beinhalten. „Es wird dort auch 18 Service-Wohnungen geben, für die wir dann auch Ansprechpartner sind“, lässt Pia Maria Späth wissen.

Hierbei handele es sich um eine Form des betreuten Wohnens. Die benötigte Hilfe wird freilich erst auf ausdrücklichen Wunsch geleistet. Gestaltungsangebote des benachbarten Georg-Reinhardt-Hauses können indes schon vorher in Anspruch genommen werden. Es sei sogar ein „Garten Eden“, eine Begegnungsstätte zwischen beiden Häusern, geplant, verrät Pia Maria Späth, der noch ein weiteres großes Anliegen am Herzen liegt: Es ist noch ein zusätzlicher Baustein in der Versorgungskette alter Menschen.

„Das geht in Richtung Quartiersarbeit“

Wenn schon jemand nicht mehr zu Hause wohnen bleiben könne, dann doch wenigstens im eigenen sozialen Umfeld, vielleicht nur ein paar Straßen weiter, so die „Curare“-Geschäftsführerin. „Deshalb wollen wir neben der Tagespflege auch ein teilstationäres Angebot anbieten: ambulant betreute Wohngruppen am Eisweiher. Da legen wir auch bald los“, bekräftigt Pia Maria Späth.

Das Besondere an diesem Projekt: Es gibt Mietergemeinschaften, aber auch Betreuungskräfte. Die Mieter entscheiden in Versammlungen alles komplett selbst, so auch darüber, wie man sich organisiert. Mieter können auch durch andere Bewohner im Alltag unterstützt werden. „Das ist ein großer Unterschied zur stationären Betreuung.“ Das Projekt nimmt in der Region eine Vorreiterrolle ein. „Das geht in Richtung Quartiersarbeit“, kennzeichnet Pia Maria Späth das ambitionierte Vorhaben, das zum Ziel hat, eine „totale Verpflanzung der Menschen“ zu verhindern.

Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein Bewohner aus dem Kleinen Wiesental, in dem er sein Leben verbracht hat, plötzlich nach Schopfheim umsiedeln müsste - die eigene Normalität wäre wohl nicht mehr vorhanden. Pia Maria Späth schwebt da eher eine ambulante betreute Wohngruppe vor, die sich vor Ort befindet, womöglich noch mit Begegnungsstätte und bürgerschaftlichem Engagement. Dem evangelischen Sozialwerk Wiesental gehe es darum, Angebote für Menschen mit unterschiedlichem Unterstützungsbedarf zu schaffen, das - nicht ganz unwichtig - auch eine Entlastung für pflegende Angehörige bedeuten kann.

Mutmachende Gedanken zur Altersversorgung

„Mutmachende Gedanken in Richtung Versorgung der älter werdenden Gesellschaft“, nennt das Pia Maria Späth, die ihrer Aufgabe mit Herzblut nachgeht. „Wir sehen das auch vor dem Hintergrund der geburtenstarken Jahrgänge. Wenn die in Rente gehen, als pflegende Angehörige wegfallen oder selbst Pflegebedarf entwickeln, ist eine individuelle Betreuung - eben die Bewahrung der eigenen Normalität - besser als der Schritt in eine stationäre Einrichtung.“ Es gelte, die eigene Normalität anhand der Angebote neu zu definieren und sich trotzdem wiederzufinden.

Dass für den neuen „Curare“-Pflegedienst hoher Bedarf herrscht, ist eine unumstößliche Tatsache. „Bisher werden nur circa 30 Prozent der Haushalte durch einen Pflegedienst erreicht.“

Um die vielen Möglichkeiten, im Alter zu leben, in die Realität umzusetzen, „herrscht die Notwendigkeit, ein Netzwerk zu knüpfen, auch mit Beratungsstellen und Krankenpflegevereinen, mit allen, die sich engagieren und auch schon organisiert haben“. Das hervorzuheben, ist für „Curare“-Geschäftsführerin Pia Maria Späth von großem Belang.

Die neue Curare gGmbH leistet ambulante Dienste für Schopfheim, Hausen, Hasel, Steinen und Maulburg sowie das Kleine Wiesental. Stützpunkt wird im neuen Dietrich-Bonhoeffer-Haus in der Luisenstraße sein - bis zur Fertigstellung Mitte/Ende 2019 hat der Pflegedienst einen Bau-Bungalow neben dem Georg-Reinhardt-Haus bezogen. Außenstellen vor Ort sind geplant.

Geschäftsführerin Pia Maria Späth stellt den neuen Dienst derzeit überall vor, es kommen Anfragen aus vielen Gemeinden.

Im Herbst startet der Dienst mit drei Vollzeitkräften.

Pia Maria Späth, Jahrgang 1968, hat Sportwissenschaften und Pädagogik studiert. Sie war als Krankenschwester und ambulante Pflegedienstleiterin beschäftigt. Bevor sie ihre Tätigkeit für das evangelische Sozialwerk Wiesental aufnahm, das Gesellschafter des neuen Pflegediensts ist, arbeitete sie im „Eli“ in Lörrach in der Ambulanz der Gynäkologie und Geburtshilfe.

Wer den Pflegedienst kontaktieren will, wendet sich direkt an Pia Maria Späth, Tel. 07622/3900-137, E-Mail: p.spaeth@grh-schopfheim.de.

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