Wo Christbäume in guter Luft und mit viel Pflege groß werden
SchopfheimWo Christbäume in guter Luft und mit viel Pflege groß werden
Marianne Rittner 13.12.2024 - 18:22 Uhr
Wie lange braucht es, bis ein Christbaum groß ist und ist das Schlagen der Bäumchen eigentlich klimaschädlich? Unsere Zeitung hat mit einer Expertin aus Schopfheim gesprochen. Andrea Meyer und ihr Mann ziehen auf ihren Feldern am Fuße der Hohen Möhr Christbäume groß.
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Gemeinsam mit ihrem Mann Holger ist Andrea Meyer für die Christbäume zuständig. 2013 übernahmen die beiden den Hof von Andreas Eltern. Mit der Aufzucht von Christbäumen hatte ihr Vater bereits 1985 begonnen. „Ich bin mit der Arbeit um die Bäume groß geworden“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Diese Arbeit prägt heute ihren Alltag neben den zahlreichen Tätigkeiten um die Tiere auf dem Hof. Der Meyer Sattelhof ist ein familiär bewirtschafteter Milchviehbetrieb mit Rinderaufzucht und -mast. Außerdem gibt es auf dem Hof Schweine, Schafe – die eine ganz besondere Rolle für die Christbäume spielen –, Hühner, Katzen, Hasen und einen Hofhund.
Schafe mit Spezial-Mission
Andrea und Holger Meyer sind das ganze Jahr über auf ihren Christbaumfeldern beschäftigt – auch dann, wenn Weihnachten für die meisten anderen angesichts von Frühlingsgefühlen oder Freibadtemperaturen noch weit weg ist. Etwa fünf Hektar groß ist die Gesamtfläche, auf denen die beiden die Bäume anpflanzen, berichtet die gelernte Industriekauffrau, die auch die landwirtschaftliche Fachschule besucht hat.
„Bis zur Ernte eines Baums vergehen je nach Größe acht bis zwölf Jahre. Wir erhalten die Pflanzen von einer Baumschule, wenn sie etwa drei oder vier Jahre alt sind.“ In den ersten vier Jahren wachsen die Bäume nur sehr langsam, brauchen aber jede Menge Pflege. Die wichtigste Aufgabe ist es, die Felder frei von Gras und Gestrüpp zu halten. Das übernehmen seit 1996 Shropshire-Schafe. „Diese besondere Rasse besitzt einen empfindlichen Magen, weshalb die Tiere nicht an die Nadelbäume gehen“, erläutert Meyer.
In Form gebracht
Nach vier Jahren erhalten sie den ersten Formschnitt im Frühjahr. Dann müssen Andrea Meyer und ihr Mann regelmäßig die nachwachsenden Triebe kappen, um das Wachstum zu bremsen. Außerdem schneiden sie mit einer Zange den Stamm an, um den Saftaustrieb zu verlangsam. „Wenn wir auf die Felder gehen, dann nie ohne unsere Zangen. Es gibt dort immer etwas zu tun.“
Klimawandel ein Thema
Andrea Meyer mag die Arbeit auf den Christbaumfeldern. Das wird im Gespräch deutlich. Sie schwärmt von der Biodiversität. „Ich beobachte oft Eidechsen, Schmetterlinge oder Marienkäfer zur Läusezeit. Diese Tiere halten die Schädlinge in Schach. Für die Vögel richten wir Holzstäbe auf, damit sie sich nicht auf die Triebe setzen.“
Nur in Ausnahmefällen kommen auf dem Meyer Sattelhof Pestizide und synthetische Düngemittel in Einsatz. „Wir achten darauf, dass die Natur sich selbst reguliert“, sagt Meyer. Besondere Wetterereignisse, die in den letzten Jahren aufgrund der Klimaveränderung immer häufiger wurden, machten auch den Meyers zu schaffen. „Bei Trockenheit im Frühjahr müssen wir gießen. Wir gehen dann mit Schläuchen durch die Felder und geben jedem Baum Wasser.“ Besonders tückisch ist Frost im Mai, wenn die Bäume ausgetrieben haben oder Hagelschlag im Sommer, der die Nadeln schädigen kann.
Viel Zeit geht ins Land bis die Bäume geerntet werden können. Doch diese Zeit ist gut gefüllt mit Arbeit. „Ich habe noch nie ausgerechnet, wie viel Zeit wir von der Pflanzung über die Aufzucht bis zur Ernte in unsere Bäume investieren.“
Arbeitsintensiver Advent
Besonders arbeitsintensiv für die gesamte Familie ist die Adventszeit. Auf dem Hof lebt neben den zwei Söhnen von Andrea und Holger Meyer noch Großmutter und Senior-Chefin Rita Sutter. Zum Schlagen und Verkaufen der Bäume bekommt die Familie weitere Unterstützung von Verwandten. Die Organisation der Hoffeste am zweiten und dritten Adventswochenende – auch diesen Samstag und Sonntag also – liegt in der Hand von Andrea Meyer. An diesen Tagen können in der Halle am Hof Christbäume erworben werden. Außerdem gibt es Suppe, heiße Getränke und selbst gebackenen Kuchen. Wer möchte, kann seinen Christbaum auch direkt selbst schlagen und die Ställe besichtigen, was vor allem bei den Familien gut ankommt, so Meyer.
Nordmann bleibt der Renner
Eine wichtige Frage vor dem Kauf: Welcher Christbaum darf’s denn sein? „Am beliebtesten ist nach wie vor die Nordmanntanne“, berichtet Meyer. Diese Sorte machte denn auch einen Anteil von 90 Prozent auf dem Hof der Meyers aus. Daneben werden auch Fichten und Blaufichten angebaut. „Außerdem haben wir uns an den Anbau von Nobilis und Kolorado gewagt“, erzählt Meyer weiter und schwärmt von den duftende Nadeln und der faszinierend schimmernden, blau-grünen Färbung der Kolorado-Tanne.
Mit 20 Euro pro Laufmeter bei der Nordmanntanne liege der Preis für die heimischen Gewächse kaum über demjenigen für einen Baum aus dem Baumarkt, rechnet Meyer vor. „Dort gibt es zwar oft günstige Bäume zu Lockpreisen, aber die sind dann oft drittklassige Ware.“
Vom Feld in die Stube
„Unsere Kunden akzeptieren die Preise und schätzen es, dass ihr Baum direkt vor der Haustür aufgewachsen ist und ganz frisch in die Wohnstube kommt“, weiß Meyer. Sie zeigt sich überzeugt, dass diese Variante auch die nachhaltigste ist, die es gibt. Wird ein Baum geschlagen, pflanzt die Familie im Frühjahr an die Stelle direkt ein neues Bäumchen. Auch werden nie ganze Flächen gerodet, sondern immer nur einzelne Bäume entnommen, sodass der Lebensraum für Tiere und Insekten erhalten bleibt. Alternativen wie Weihnachtsbaum in Topf oder zum Ausleihen habe man nicht im Angebot: „Den Standortwechsel und die Temperaturschwankung überstehen die Bäume oft nicht schadlos“, weiß die Baumexpertin.
Könnte der Kunststoffbaum eine Alternative sein? „Ich glaube kaum, dass sich jemand tatsächlich 17 Jahre lang den gleichen Kunststoffbaum aufstellt“ – so lang nämlich bräuchte es, um die Menge an CO₂ zu kompensieren, die bei Herstellung, Transport und Entsorgung eines Plastikbaum entsteht. Im Vergleich dazu ein echter Weihnachtsbaum aus der Region, der nachhaltig bewirtschaftet wird: „Was gibt es Schöneres?“
Hoffest am Samstag und Sonntag, 14. und 15. Dezember, von 10 bis 16 Uhr. Im Advent hat der Hof jeden Tag von 10 bis 18 Uhr zum Verkauf geöffnet. Auf einem Feld zwischen Fahrnau und Hausen können von Mittwoch bis Freitag, 12 bis 16 Uhr, Bäume direkt auf dem Feld geschlagen werden. Weitere Infos auf der Homepage des Meyer Sattelhof www.meyer-sattelhof.de
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