Schopfheim Zwischen Powerfrau und Rabenmutter

Jürgen Scharf
Lustiges Paar: Marion Kracht als Powerfrau und Daniel Morgenroth als Penner in der Komödie „Auf ein Neues“. Foto: Jürgen Scharf

Kulturkooperation: Boulevardstück „Auf ein Neues“ mit Marion Kracht in der Stadthalle.

Schopfheim - Haben wir schon Weihnachten? Bald. Schon jetzt stand auf der Bühne in der Stadthalle ein kleiner Weihnachtsbaum. In der Komödie „Auf ein Neues“ des Franzosen Antoine Rault geht es weihnachtlich zu. Aber es ist das etwas andere Weihnachtsstück. Hat einen ernsten Hintergrund und ist doch zum Lachen.

Ein Obdachloser campiert im Treppenhaus der erfolgreichen Managerin. Sie wirft ihn aber raus. Zuerst mal. Weil Töchterchen Sarah sie daraufhin als „herzloses Monster“ tituliert, holt sie den Clochard wieder zurück, um mit ihm die Weihnachtsgans zu teilen. Der traut sich erst mal nicht so recht, doch Madame, befehlsgewohnt, herrscht ihn an. Irgendwann verstehen sich doch alle ganz gut. Der Champagner löst nicht nur die Zungen, sondern auch die Emotionen, und die Hausherrin tanzt beschwipst durch ihre Wohnung.

Man ahnt, dass es vielleicht zu einem Happy End kommen könnte. Dabei böte die Ausgangssituation doch Stoff für ein sozial engagiertes Stück, Stichwort: Armut, Tippelbruder, Wohnsitzloser, Landstreicher in Großstadt, der unter Brücken nächtigt. Doch da hat man die Rechnung ohne den Theaterautor gemacht, der eine typisch französische Boulevardkomödie schreibt.

Also schon etwas Ernsthaftes, aber kein Sozialdrama. Zwar das Protokoll eines sozialen Ab- und Aufstiegs als Folie, aber doch mehr satirisch-komödiantisches Lachtheater, dem sich der Berliner Regisseur Martin Woelffer in seiner ausgesprochen witzigen, sehr personenbezogenen Regie und das Tourneetheater Thespiskarren anschließen.

Bald stellt sich raus, dass der obdachlose, langhaarige Zottelbär Michel, den Catherine erstmal unter die Dusche schickt, auch in der Küche zu gebrauchen ist. Sogar der Schlafanzug von ihrem „Alten“ passt ihm wie angegossen. Nur, vor dem Bewerbungsgespräch, für das ihn die bezwingende Marion Kracht gnadenlos coacht, wird er in punkto Alkohol rückfällig.

Krachts Bühnenpartner Daniel Morgenroth hat als Clochard ein verletzliches Ich und ein zartes Gefühlsleben. Aber nach der Pause kommt ein verwandelter Michel auf die Bühne zurück.

Seinen stinkenden Knecht-Ruprecht-Mantel hat er abgelegt, war beim Friseur und beim Herrenausstatter, sieht nun aus wie ein cooler Geschäftsmann, passend zur taffen Catherine. Na, wenn’s jetzt nicht klappt mit den beiden. Kriegen sie sich doch noch?

Der erste Teil mit Morgenroth als Penner war natürlich lustiger als der zweite mit dem Berufswiedereinsteiger. Kracht legt ihre Rolle gekonnt zwischen Powerfrau und Rabenmutter an. Keine Mutter Teresa, eher ein Gutmensch wider Willen.

Sie lacht anregend, torkelt angetrunken komisch herum, pariert alles schlagfertig, auch die giftigen Bemerkungen der pubertierend trotzigen, schlecht erzogenen 16-jährigen Tochter (rotzig-frecher Teenie: Emma Henrici). Spielt entfesselt und ausgelassen, wenn sie mit dem Raumspray dem Pennbruder auf die Pelle rückt.

Und so kurz vor Weihnachten müssen ja alle mal sentimental werden und ins Heulen geraten. „Entschlossen und doch entspannt“, nach dieser Devise von Catherine, endet alles als Love Story, wie es sich auf dem Boulevard gehört. Viel freundlicher Beifall des amüsierten Publikums für die beiden bekannten Schauspieler und den aufmüpfigen Youngster.

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