Misswahlen als Sprungbrett
Jedes Kind kennt hier die Namen der Siegerinnen, die bei ihrer Heimkehr gefeiert werden wie die deutsche Fußball-Nationalelf nach einem WM-Sieg. Die meisten avancieren schon bald zu erfolgreichen Schauspielerinnen und bekleiden öffentliche Ämter. Auch die frühere First Lady und Diktatoren-Gattin Imelda Marcos (95) - bekannt für ihren Schuh-Tick - startete ihre steile Karriere einst bei Misswahlen.
"Hier wird die klassische Weiblichkeit noch viel mehr zelebriert, und das Publikum ist bei Misswahlen immer völlig hingerissen - das ist ganz anders als in Deutschland", sagt auch Celina Weil, die erst im vergangenen Jahr auf der Düsseldorfer Königsallee "entdeckt" wurde und in diesem Jahr gleich in Wernigerode als Miss Deutschland durchstartete. Eigentlich studiert sie Wirtschaftswissenschaften an der Frankfurter Goethe-Universität. Die junge Deutsche ist zielstrebig: Ihr Studium will sie auf jeden Fall beenden, gleichzeitig aber ihre Modelkarriere vorantreiben.
Und wie gefällt ihr das Camp? "Die Stimmung ist genau richtig: Es ist sehr professionell und manchmal auch ein bisschen streng, aber sonst lernt man ja auch nichts", sagt sie und fügt hinzu: "Man ist aber auch immer auf Augenhöhe mit den Trainern, und es macht riesigen Spaß. Rodgil weiß, was er tut - er hat schon so viele Mädchen erfolgreich gecoacht."
Eine Woche hat der Organisator von Miss Deutschland - Detlef Tursies - für sie bei Rodgil Flores gebucht. Denn bei der Miss-Intercontinental-Wahl in Ägypten, bei der die Schönsten aus 70 Ländern um den Titel konkurrieren, werde es ganz andere Anforderungen geben als bei Miss-Wahlen in Deutschland, weiß Celina Weil: "Dieses Training ist wichtig, um überhaupt mithalten zu können."
Im Camp sind noch vier andere junge Frauen aus Puerto Rico, den USA und den Philippinen. Weitere "Misses" aus den Niederlanden, Wales, Nigeria wurden in den nächsten Tagen erwartet. Gibt es da kein Konkurrenzdenken? "Nein, wir verstehen uns super und lachen viel", sagt Weil. "Klar, Rivalität gibt es bei Miss-Wahlen natürlich auch, aber damit tut man sich keinen Gefallen." Wichtiger sei es doch, einfach eine gute Zeit zu haben.
Aber was braucht es letztlich, um Krönchen und Schärpe abzustauben, Herr Flores? "Ein perfekter Körper, gute Haut etc. sind die Grundvoraussetzungen. Aber was es am Ende ausmacht, sind die Persönlichkeit und die Entschlossenheit, wirklich hart an sich zu arbeiten." Zudem gebe es bei den Wettbewerben viel Druck, dem man erst einmal standhalten müsse. "Hier kommen die Mentoren ins Spiel. Schönheits-Contests sind ein Psychospiel - und für dieses muss eine Strategie entwickelt werden", sagt Flores.
High Heels spielen wichtige Rolle
Und was hat es mit den brutal hohen Heels auf sich? Die Teilnehmerinnen wirkten dadurch größer, würden optisch gestreckt, erklärt er. "High Heels sind wirklich die besten Freundinnen der Frauen bei solchen Wettbewerben."
Auch Celina Weil hat sich bereits Mammut-Plateaus in Manila gekauft, die sie in Ägypten tragen will. "Bei "Miss Deutschland" hatte ich ganz normale Schuhe an, aber für internationale Wettbewerbe ist es wichtig, den Walk auf solchen Absätzen zu lernen", weiß sie und fügt lachend hinzu: "Zwei Mal bin ich schon hingefallen - aber ich werde jeden Tag besser. Es ist einfach Übungssache."