Serie Landesgartenschau Bauten, die Weil am Rhein bis heute prägen

Tonio Paßlick
Der urige Brotofen beim Sundgauhaus wurde damals gebaut und ist heute noch eine Attraktion. Foto: Archiv/Paßlick

Der Schlaichturm und das Sungauhaus sind zwei architektonische Marksteine, die einst für die „Grün 99“ gebaut wurden.

Nachhaltigkeit hatte sich die Grün 99 auf die Fahnen geschrieben, als der Dreiländergarten nicht nur als halbjährige Landesgartenschau, sondern auch als Park für die Zukunft konzipiert wurde.

Dazu zählten auch Bauwerke, die ohne die Grün 99 nicht entstanden wären und die seit 25 Jahren die Besucher faszinieren.

„Mehr als eine Treppe“

Neben dem in dieser Serie bereits beschriebenen Hadidbau und dem Kieswerk sind einige weitere bauliche Highlights erwähnenswert. Zum Beispiel der Übergang von der Gartenstadt zum Dreiländergarten, der als „Schlaichturm“ bezeichnet wird. Zwei in Form einer Doppelhelix ineinandergeschlungene Wendeltreppen ermöglichen den gleichzeitigen Auf- und Abstieg mehrerer Personen, ohne sich zu begegnen.

Das Stuttgarter Büro Schlaich, Bergermann und Partner hatte den Auftrag, eine Fußgängerverbindung von der Hebelstraße und dem Bahnweg über die Bahnlinie mit dem Haltepunkt „Gartenstadt“ und die Zollfreie Straße hinweg in das 16 Meter tiefer gelegene Gartenschaugelände und die Sportanlagen zu bauen. Entstanden ist mehr als nur eine Treppe, hatte der Architekt und Bauingenieur Jörg Schlaich bei der öffentlichen Vorstellung gesagt.

Architektur-Statement für 3,4 Millionen Mark

Entstanden ist ein transparentes Bauwerk von großer Leichtigkeit. Der Treppenturm besitzt zwei Ebenen. Über den beiden Ein- und Ausstiegsbereichen gewährt eine Aussichtsplattform einen schönen Rundblick auf die Sportanlagen, das Mattfeld und die nahe Schweiz. Für den Turm wurden 855 Meter massives Stahlseil verbaut. Die beiden Treppen haben 139 Stufen, die jeweils 1,25 Meter breit sind. Die Kosten betrugen 3,4 Millionen Mark und waren Teil der flankierenden Maßnahmen, durch welche dieses weitere Architektur-Statement für die Stadt der Stühle entstand.

Der Schlaichturm ist nachts erleuchtet und weithin sichtbar. Foto: Archiv/Paßlick

Am Fuß des Schlaichturms entstand außerdem ein Treffplatz für Jugendliche, wo diese außerhalb von Vereinen Sport treiben konnten: Basketball spielen oder Skaten. Eine weitere Skater-Anlage befand sich damals im Ausstellungsgelände selbst.

Das Sundgauhaus: Beispiel für deutsch-französische Kooperation

Kein Beispiel für Moderne, sondern eher für die Wertschätzung der Vergangenheit ist das Sundgauhaus in direkter Fortsetzung des Regio-Kunstwegs. Es ist heute Teil des Trinationalen Umweltzentrums und war während der Gartenschau das Symbol für den französischen Teil des Dreilands.

Fachwerk aus dem Sundgau als Beispiel für früheres Bauen. Foto: Beatrice Ehrlich

Das Fachwerkhaus vermittelte ein Gefühl dafür, wie eine Familie im Sundgau im dörflichen Milieu lebte. Ursprünglich war es im 18. Jahrhundert im Dorf Magstatt-le-Haut erbaut worden. Eichenbalken hielten das zweistöckige Fachwerkhaus zusammen, in dessen Erdgeschoss sich Diele, Küche, Stube und Kammer sowie im Obergeschoss zwei Zimmer, Räucherkammer, Abstellbereich und Treppenaufgang befanden. Nach 1988 stand es leer und sollte abgerissen werden.

Weiler Baufirmen spenden das Fundament

Das rief die ehrenamtlichen Mitarbeiter des größten französischen Freilichtmuseums auf den Plan. Unter fachlicher Anleitung trügen sie in unzähligen Arbeitsstunden Balken für Balken ab, die durchnummeriert im „Ecomusee“ auf ihren Wiederaufbau warteten. 1996 wandte sich eine Delegation des LGS-Teams an Marc Grodwohl, den damaligen Präsidenten des Ecomusees. Nach zwei Treffen war klar: das Haus wird bei der Grün 99 zu neuem Leben erweckt. Im Frühjahr 1977 restaurierten Architekturstudenten der Pariser Hochschule La Villette unter der Leitung des Ecomusee-Zimmermanns Gérard Lonjaret die Eichenbalken, wobei sich immerhin 75 Prozent der Originalbalken noch als tragfähig erwiesen, während der Rest ergänzt werden musste. Weiler Baufirmen spendeten das Fundament.

Brotofen und Lehrgärten

Im Frühjahr 1998 erfolgte der Transport der Balken und Hausteile nach Weil am Rhein. Danach bauten Architektur-Studenten aus Paris das Haus unter fachlicher Anleitung zusammen, ein abwechslungsreicher internationaler Workshop. Am 17. April 1998 erfolgte das Richtfest. Erst während der Gartenschau erfolgten die letzten Ausfachungen als pädagogisches Angebot der LGS, die Lehrgärten wurden vorher angelegt, ein Brotofen ist heute noch eine Attraktion für viele Gruppen, die den beliebten Platz am Rande des Mattfelds als Platz für Feste oder Treffen mieten. Dauerhaft erhalten bleiben auch die beiden besonders ausgestatteten Spielplätze „Tatzelwurm“ und „Kiesspielplatz“, die seither beliebte Anlaufstellen für Familien sind.

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