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Die Oberbadische

Leichtathletik

Fitter aus der Pandemie? Auch in der Grenzecke nutzen viele die Corona-Krise, um endlich einmal wieder laufen zu gehen.

Hardy Hüttemann studierte Medizin an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg, arbeitete während des Studiums als Lauf- und Spinningtrainer. Anschließend Ausbildung zum Sportmediziner, Manualtherapeut und Rehaspezialist in verschiedenen Schweizer Kliniken. Danach in der Crossklinik, Reha Chrischona und Bethesda Spital

beschäftigt. Seit elf Jahren Teamarzt der Schweizer Skinationalmannschaft, betreuender Arzt verschiedener Rad-Events sowie betreuender Arzt der Badminton-WM in Basel. Der Pacemaker bei verschiedenen Marathonveranstaltungen ist auch ein Ironmanfinisher und Finisher von diversen Berg- und Ultramarathons.

Lörrach. Wo sind meine Laufschuhe? Diese teuren Treter, fast nie getragen? In Corona-Zeiten entdecken auch im Dreiländereck viele das Joggen neu. Ob in Parks oder Wäldern, auf Feldwegen oder an Hotspots wie im Lörracher Grüttpark, überall sieht man Menschen, die - mehr oder weniger geübt - ihre Kondition auffrischen und dem Bewegungsmangel trotzen. Erneut stellt sich nun Sportmediziner Dr. Hardy Hüttemann den Fragen unseres Sportredakteurs Uli Nodler.

Frage: Im ersten Teil unserer Interview-Serie übers Joggen in Corona-Zeiten haben Sie moderates Training vorgeschlagen. Woher weiß ich, dass ich moderat trainiere?

Es gibt hier verschiedene Möglichkeiten für ein moderates Training. Mein Tipp ist: Solange ich beim Joggen reden kann, absolviere ich ein moderates Training. Klingt einfach, trifft es aber doch recht effizient. Zumindest kann ich mir mit dieser Methode sicher sein, nicht zu sehr Gas zu geben.

Frage: Gibt es von Ihrer Seite auch Empfehlungen zur Pulshöhe, wenn ich mit einer Pulsuhr moderat trainieren will?

Hierzu eine fixe Aussage zu machen, ist auf Grund der verschiedenen Trainingserfahrungen und Fitness-Level eher schwierig. Es empfiehlt sich, im GA1 (Grundlagenausdauer Bereich 1, Anm. d. Red.) entsprechend 60 bis maximal 75 Prozent des maximalen Pulses zu trainieren. Meist ist ein Puls beim Joggen um 140 pro Minute ein guter Anhaltspunkt. Sollte der Puls beim lockeren Jogging deutlich höher liegen, sollte der Pulsmesser überprüft oder bei korrekter Anzeige eher auf Nordic Walking ausgewichen werden. Wer seine anaerobe Schwelle kennt, kann auch versuchen, etwa 30 Pulsschläge unter dieser zu trainieren.

Frage: Erreiche ich bei dieser niedrigen Intensität überhaupt einen Trainingseffekt?

Gerade für Einsteiger ist es gut und sinnvoll, in niedriger Intensität einzusteigen. Dies einerseits, um nicht den Spaß nach wenigen Trainingseinheiten zu verlieren und andererseits, um nicht das Risiko von Überlastungsverletzungen einzugehen. Auf Dauer ist es natürlich so, dass bei gleicher Trainingsintensität und gleicher Trainingsdauer kein Leistungszuwachs mehr generiert wird. Allerdings kann die Regenerationsfähigkeit verbessert und das erreichte Niveau erhalten werden, was vor allem im fortgeschrittenen Alter ein lohnendes Ziel sein kann. Für jüngere Sportler lohnt sich ein niedrig intensives Training vor allem in Kombination mit anderen Trainingsintensitäten, beispielsweise Polarized Training.

Frage: Was ist Polarized Training?

Polarized Training ist eine Trainingsform, in der mehrheitlich mit sehr niedriger Intensität ungefähr 75 bis 85 Prozent des Trainingsumfangs und nur selten 15 bis 25 Prozent mit sehr hoher Intensität trainiert wird. Die Idee dahinter ist, dass der größte Teil des Trainings mit guter Regeneration und wenig Verletzungsanfälligkeit bestritten werden kann und durch den hochintensiven Anteil die maximale Sauerstoffaufnahme gepuscht wird. So kann man sich auf die wesentlichen Trainingsreize konzentrieren und ermüdet nicht mit wenig effektiven Trainings-Einheiten.

Frage: Macht diese Trainingsform beim Joggen Sinn?

Prinzipiell eignen sich alle Ausdauersportarten für diese Trainingsform. Umso höher die Trainingsumfänge sind, umso wichtiger ist es, sich auf die wesentlichen Einheiten zu konzentrieren. Erfahrungsgemäß wird vor allem von Hobbysportlern in Bereichen trainiert, die zu wenig intensiv sind, um einen wirklichen Leistungszuwachs zu bringen, aber zu intensiv, um die Ausdauer- und Regenerationsfähigkeit zu verbessern. Daraus resultiert häufig ein Leistungsknick, ein Übertraining oder eine überlastungsbedingte Verletzung. Aus diesem Grund hat das Polarized Training vor allem auch im Langdistanztriathlon und Marathon als Trainingsmethode Einzug gefunden.

Frage: Hochintensive Trainingseinheiten in den Zeiten von Corona. Was halten Sie davon?

Generell gibt es kein Verbot für hochintensive Trainingseinheiten auch in der jetzigen Situation. Für Risikopatienten sind diese sicher nicht zu empfehlen, und für alle anderen gilt dabei einerseits: Abstand halten während des Trainings. So sollten Laufstrecken und Uhrzeiten gewählt werden, die wenig frequentiert sind. Bei entgegenkommenden Spaziergängern oder anderen Joggern sollte großzügig ausgewichen und auch der Kopf weggedreht werden. Im schlimmsten Fall muss man eventuell auch einmal trotz Tempotraining anhalten oder das Tempo reduzieren, wenn ich keinen Platz habe, um genügend Abstand einzuhalten. Zudem gilt es nach hochintensiven Trainings-Einheiten in der Phase des Open Windows (Anm. d. Red. reduziertes Immunsystem mit erhöhter Anfälligkeit für Infekte) das Social Distancing noch ernster zu nehmen oder den Kontakt mit anderen Menschen noch mehr zu meiden.

Frage: Immer wieder kann man lesen, dass Jogging oder Jogger ein Ansteckungsrisiko darstellen. Ist dem so?

Hier geht es um den Luftausstoß während des Joggings. Dieser ist erhöht und kann so, falls der Jogger Träger des Corona-Virus ist, zu einer vermehrten Ausbreitung in der Luft beitragen. Wie lange die Viren in der Luft bleiben und welche Menge es braucht, um sich anzustecken ist noch nicht abschließend geklärt. Aus diesem Grund empfehle ich, wenn möglich alleine joggen zu gehen und, wie schon beschrieben, an wenig frequentierten Orten, auch gerne zu Hause auf dem Laufband. Beim Überholen von anderen Läufern sollte ich den Windschatten meiden, sprich: frühzeitig die Straßenseite wechseln oder zumindest mit genügend seitlichem Abstand vorbeilaufen, um das Einatmen von Aerosolen des Vorläufers zu vermeiden. Fairerweise sollte man auch genügend Abstand herausgelaufen haben, bevor ich wieder vor dem Läufer einschere.

Frage: Muss ich auch Abstand halten, wenn ich mit meiner Familie joggen gehe? Und wie viele Meter sollte der Abstand betragen?

Beim Joggen mit dem Partner oder der Partnerin oder anderen Familienmitgliedern entfallen die Vorsichtsmaßnahmen, solange diese nicht auch zu Hause eingehalten werden, da hier eine gegenseitige Ansteckung nicht zu vermeiden ist. Gemeinsames Joggen mit fremden Personen würde ich im Moment vermeiden. Wenn ich doch mit dem Arbeitskollegen joggen gehen will, sollte ich breite Wege oder Straßen wählen und mit genügend Abstand nebeneinander her joggen. Wie viel Abstand genügend ist, dafür gibt es wissenschaftlich keine Daten. Auch wie viel Abstand ich beim Überholen einhalten muss, ist unklar. Umso angestrengter und unkontrollierter der Vordermann atmet, umso mehr Abstand sollte ich halten.

Frage: Was halten Sie von Joggern, die Masken tragen?

Prinzipiell spricht nichts dagegen, mit Atemmasken zu joggen. Schon in der Zeit vor Corona gab es Jogger mit schwarzen Atemmasken. Der Sinn dabei lag aber eher in der erhofften Leistungssteigerung, als in der Vermeidung, von Viren-Expositionen. Die Atemmasken erschweren das Ein- und Ausatmen mit dem Ziel, die Atemmuskulatur zu stärken und die Sauerstoffaufnahme zu verbessern. Wirklich gute wissenschaftliche Studien dazu gibt es nicht, weshalb ich aus Gründen der Leistungssteigerung vom Tragen einer Atemmaske abrate. Wer aber eine Maske tragen will, kann dies gerne tun, schädlich ist es nicht.

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