Stadtgesellschaft Die Stadtbibliothek: Ort der Begegnung und der Bildung

Bernhard Konrad
Sabine Dietrich im Obergeschoss der Lörracher Stadtbibliothek Foto: Bernhard Konrad

Die Lörracher Stadtbibliothek ist mehr als eine Bücherei: Sie ist ein Ort der Bildung, der Lese-Förderung und des Austauschs der Generationen – mitten in der Stadt, ohne Konsumzwang und offen für alle. Wo gibt es so was noch?

„Lesen ist ein großes Wunder“, hat die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach geschrieben. Und dieses Wunder hat – allen Unkenrufen zum trotz – bis heute nichts von seiner Faszination verloren. Das Foyer der Stadtbibliothek vereint alle Generationen unter einem Dach: Eine junge Mutter tauscht sich mit einer Bibliothekarin aus, an der Hand ihre kleine Tochter, ein Mann in den 40ern trägt einen Stapel Bücher zur Ausleihe, und ein Senior ist in die Lektüre der Tageszeitung vertieft. Drumherum stöbern Gäste, blättern in Zeitschriften, streben zwischen Bücherregalen Richtung Aufzug, der zu den oberen Stockwerken fährt.

Stark frequentiert

Das Haus zähle zu den am stärksten frequentierten Kultureinrichtungen der Stadt – und auch im Vergleich zu anderen Bibliotheken ähnlicher Größenordnung schneide die Lörracher Einrichtung sehr gut ab: „Bundesweit“, sagt Leiterin Sabine Dietrich.

Die Vielfalt des Angebots und des Engagements ihres Teams sei größer als womöglich gemeinhin angenommen.

Partner der Bildung

Über die Kernaufgaben der Mitarbeiter hinaus sehe sich die Bibliothek als Partnerin von Bildungs- und Erziehungseinrichtungen. Die Zusammenarbeit mit Schulen und Kindergärten, die Stärkung von Leseförderung sowie Informations- und Medienkompetenz gehöre zu ihren zentralen Anliegen.

Als offener Treffpunkt sei sie ein Haus des Austauschs und damit auch ein Ort der Integration, an dem mehrsprachige Medien vorgehalten und Hilfestellungen beim Erlernen von Deutsch als Fremdsprache geboten würden. Insofern, so Dietrich, sei die Lörracher Stadtbibliothek nicht zuletzt „ein Ort, der die Demokratie stärkt.“

Neben klassischen Medien wie Bücher, CDs, CD-Roms, DVDs, aber auch Spielen, können Nutzer auf die Onleihe zugreifen: Sie biete eine große Bandbreite digitaler Medien, die rund um die Uhr von zu Hause aus entliehen werden können. Im Verbund mit neun öffentlichen Bibliotheken aus der Region offeriert die Lörracher Einrichtung damit eine digitale Ausleihplattform, über die eBooks, eAudios, ePapers und eMagazines heruntergeladen oder gestreamt und anschließend mobil genutzt werden können.

Die Nutzer

Eher ungewöhnlich ist die Nutzerstruktur der Stadtbibliothek: die 36- bis 45-Jährigen bilden in Lörrach die stärkste Nutzergruppe (knapp 28 Prozent), als zweitstärkste folgen Nutzer vom Kindesalter bis zu 17 Jahren.

Das Angebot

Die Nachfrage des literarischen Angebots spiegelt auch die generelle Zugriffsmöglichkeit der Bürger auf Informationen wider: So sei das Interesse an Sachliteratur im Printformat tendenziell rückläufig – im Internet gebe es immer mehr Infos, auf die alle zugreifen können. Dennoch: Nach wie vor gefragt seien die Themen Gesundheit, Ernährung, „Do-it-yourself-Ratgeber“ und Bücher über bewusstes Leben, das offenbar immer mehr Menschen ein Anliegen sei, so Dietrich.

Gestiegen sei dagegen das Interesse an politischen und gesellschaftlich relevanten Themen, die „sonst weniger nachgefragt waren“.

Die Auswahl

Überhaupt ist die Auswahl der Bücher gewissermaßen ein Kapitel für sich: Die Spiegel-Bestsellerliste sei Pflicht, sagt Dietrich. Aufs Ganze besehen praktiziert die Einrichtung einen Mix aus eigener Auswahl, die Mitarbeiter entlang ihrer Themenschwerpunkte treffen, und einer Vorsondierung, die der Bibliotheksdienstleister EKZ anbietet, der wiederum Literaturpakete schnürt und anbietet – die Masse der Neuerscheinungen wäre sonst nicht zu bewältigen.

„Ausleihzahlen“, sagt Dietrich, „sind wichtig, aber nicht allein entscheidend. Wir haben einen öffentlichen Auftrag und orientieren uns nicht ausschließlich an Bestsellerlisten.“ Zumal, wie sie und ihre zwölf Kollegen aus Erfahrung wissen, etliche Bestseller schon nach einem Jahr zum Ladenhüter werden können.

Generell gelte: Romane kommen nie aus der Mode –gute Geschichten gehen immer.

Die Verweildauer

Die Bibliothek entwickelt sich mehr und mehr zu einem Haus, in dem die Verweildauer der Bürger zunimmt. Sowohl Schüler als auch Erwachsene schätzten die Atmosphäre und verbringen mitunter mehrere Stunden in den Räumen.

Die Autorenbegegnungen

Im Herbst sind wieder Autorenbegegnungen geplant, und auch außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten wird das Gebäude genutzt: für Literaturtreffs des Freundeskreises der Stadtbibliothek und für einen Spieltreff für Erwachsene. Kurzum, so Dietrich: „Als Teil einer lebendigen Stadtgesellschaft.“

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