Steinen Der Tag, als Orkan Lothar kam

Markgräfler Tagblatt
Nachdem Sturm „Lothar“ am zweiten Weihnachtsfeiertag übers Land gefegt war und Millionenschäden angerichtet hatte, ging es ans Aufräumen und Beheben der Schäden, wie hier in Steinen, wo die Feuerwehr im Einsatz war. Foto: Harald Pflüger Foto: Markgräfler Tagblatt

Naturkatastrophe: Windgeschwindigkeiten bis zu 200 Stundenkilometer richteten enorme Schäden an

Erst der Orkan, dann der Schnee: Die Tage vor dem Jahrtausendwechsel 1999 - 2000 hatte sich so manch einer anders vorgestellt.

Von Harald Pflüger

Wiesental. Es war der 26. Dezember 1999, der zweite Weihnachtsfeiertag. Es sollte kein Weihnachtsfest wie jedes andere werden. Orkan „Lothar“ war über das Land gefegt und hatte eine Schneise der Verwüstung hinterlassen: Abgedeckte Dächer, entwurzelte Bäume und Stromausfälle forderten die Hilfs- und Rettungskräfte.

Steinen

Über einhundertzwanzig Einsatzstellen hatten die Steinener Floriansjünger in allen sieben Ortsteilen abzuarbeiten. Schwerpunkte waren auch hier abgedeckte Dächer und umgestürzte Bäume.

Mit Windgeschwindigkeiten bis zu 200 Stundenkilometer war der Orkan von Westen kommend über Frankreich und die Schweiz nach Deutschland gezogen. Vor allem im Wald leistete „Lothar“ ganze Arbeit. Mancherorts lag der Hiebsatz eines ganzen Jahres am Boden. Es sollte im Lauf der folgenden zwanzig Jahre nicht der einzige Sturm bleiben, der insbesondere Waldbesitzer zu schaffen machte.

Endenburgs damalige Ortsvorsteherin Gudrun Selinger berichtete anderntags von umgestürzten Bäumen, heruntergefallenen Ziegeln und einem vierstündigen Stromausfall

Hägelbergs Ortsvorsteher Hans-Georg Koger berichtete von erheblichen Schäden, besonders im Altdorf. Und im Wald, zitierte unsere Zeitung damals Koger, „sieht es furchtbar aus“.

In Hüsingen, so damals Ortsvorsteher Erwin Sturm, ist vor allem an Privathäusern Schäden durch herabfallende Ziegel entstanden, und auf den Siedlerhöfen lupfte die Wucht des Orkans das Dach eines Stalls. Schäden entstanden auch an der Kirche, am Rathaus, der Halle und der Leichenhalle, während das Bürgerhaus von Schäden verschont blieb.

Von gravierenden Schäden im Wald sprach am Tag nach dem Orkan auch Rainer Würger, damals Ortsvorsteher von Schlächtenhaus. Aber auch im Dorf hatte „Lothar“ Spuren der Zerstörung hinterlassen.

„Trostlos, vor allem in den Wäldern“, so schilderte seinerzeit Weitenaus Ortsvorsteher Hans-Willi Dürr die Situation, nachdem das Sturmtief über den Steinener Teilort hinweggefegt war. Die Straße nach Steinen war zeitweise unpassierbar. Durch eine heruntergerissene Leitung war Weitenau außerdem zwei Stunden ohne Strom.

Maulburg

Zwischen 30 und 40 Einsätze fuhr die Freiwillige Feuerwehr Maulburg am zweiten Weihnachtsfeiertag; die ganz kleinen Einsätze waren da nicht mitgezählt. Die meiste Arbeit machte das provisorische Decken der abgedeckten Dächer. Daneben gab es noch umgestürzte oder abgeknickte Bäume zu beseitigen. Umgestürzte Bäume und abgedeckte Dächer gehörten 1999 laut dem damaligen Hauptamtsleiter Thomas Krause auch in Maulburg zum Schadensbild. Die Zufahrt zur Holzmacherhütte war unmöglich.

Wintereinbruch

Wer dachte, nach Orkan „Lothar“, der am zweiten Weihnachtsfeiertag Dächer abdeckte und Bäume umknickte, sei das Schlimmste überstanden, der sah sich getäuscht. Es folgte ein heftiger Wintereinbruch, dessen Schnee schwer auf den Bäumen lastete und sie unter der Last zusammenbrechen ließ. Sowohl in Steinen als auch in Hägelberg und Weitenau waren Tannen auf Stromleitungen gefallen und hatten die Stromversorgung unter anderen in den Bereichen Endenburg, Schlächtenhaus und Weitenau zeitweise unterbrochen. Auf dem Hüsinger Campingplatz fielen Bäume auf Wohnwagen und beschädigten sie schwer. Dort musste die Feuerwehr Leute herausholen, glücklicherweise blieben sie unverletzt. Die Feuerwehr war es ebenfalls, die in Endenburg Fußgänger mit einem Traktor aus dem Wald holen musste; sie hatten alle Warnungen in den Wind geschlagen. Endenburg war gegen Jahresende nach heftigem Schneebruch von der Außenwelt abgeschnitten.

Hasel

Im Kleinen Wiesental, Hausen und Hasel das gleiche Bild. Abgedeckte Dächer, heruntergefallene Ziegel und umgestürzte Bäume hielten die Feuerwehren am zweiten Weihnachtsfeiertag in Atem.

„Eigentlich sind wir glimpflich davongekommen“, zog Hasels Bürgermeister Helmut Kima anderntags Bilanz. Bäume hat der Sturm auch im Erdmannsdorf gefällt, Ziegel vom Dach geweht und am Boden zerbersten lassen. Am schlimmsten war es dort, wo Bäume auf Häuser fielen und die Dächer einschlugen. Total zerstört hatte der Orkan den Lagerschuppen eines Landwirts, aber auch Sportverein und Tennisclub, wo Bäume auf die Plätze stürzten, blieben nicht verschont. In Glashütten wirkte sich der Sturm unter anderem dadurch aus, dass der Strom wegblieb.

Hausen

Glimpflich davongekommen, ist auch das Hebeldorf, so Hausens Ratsschreiberin Andrea Kiefer damals. Dachziegel wurden aber auch im Hebeldorf von Orkan „Lothar“ von den Dächern geweht und Bäume wie Streichhölzer geknickt. Anders das Bild im Gemeindewald. Dort, vor allem am Maiberg, sind erhebliche Schäden entstanden.

Kleines Wiesental

Auch im Kleinen Wiesental mit den damals noch selbstständigen Gemeinden Bürchau, Elbenschwand, Neuenweg, Raich, Sallneck, Tegernau, Wies und Wieslet hat der Weihnachtsorkan deutliche Spuren hinterlassen. Zwischen Wieslet und Neuenweg wurden von den Orkan- böen ebenfalls Häuser abgedeckt, Bäume entwurzelt und die Stromversorgung mancherorts für Stunden unterbrochen. Wegen umgestürzter Bäume waren einige Straßen unpassierbar; im Wald entstanden auch hier enorme Schäden. Und erstmals seit Menschengedenken, so der damalige Abteilungskommandant von Wies, Michael Wezel, wurde die örtliche Kirche in Mitleidenschaft gezogen. Auf dem Tegernauer Friedhof hatten umgestürzte Bäume Gräber beschädigt.

Aber es kam noch dicker: Kaum hatten im Kleinen Wiesental die Aufräumarbeiten begonnen, brach der Winter mit aller Macht herein. Mit schwerwiegenden Folgen. Nicht nur dass der Schnee das Autofahren behinderte. Bäume, die angebrochen waren, brachen endgültig zusammen und blockierten erneut zahlreiche Straßen.

Das ganze Ausmaß der Schäden, die Orkan Lothar am zweiten Weihnachtsfeiertag anrichtete, wurden erst nach dem Jahrtausendwechsel sichtbar.

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