Steinen „Genügend Interesse ist das A und O“

Markgräfler Tagblatt

Energie: Rund 100 Besucher bei der Informationsveranstaltung zum Thema Nahwärmeversorgung

Was kostet das Ganze? Die Experten hatten Antworten auf viele Fragen, doch die nach den Kosten mussten sie schuldig bleiben. Zuerst einmal soll ausgelotet werden, wie viele Höllsteiner Interesse am Anschluss an einem Nahwärmenetz haben.

Von Harald Pflüger

Steinen-Höllstein. „Höllstein fit machen für die Zukunft“, unter diesem Motto stand am Donnerstagabend eine von gut einhundert Personen besuchte Informationsveranstaltung in der Wiesentalhalle zum Thema Breitband- und Nahwärmeversorgung. Vor dem Hintergrund des Klimawandels, steigender Energiekosten und strengerer gesetzlicher Vorgaben wurden in Steinen Überlegungen angestellt, wie diesen Herausforderungen begegnet werden kann.

Eine Möglichkeit wäre nach den guten Erfahrungen in Teilen Steinens und im Ortsteil Hägelberg eine ökologisch verträgliche Wärmeversorgung. Laut Bürgermeister Gunther Braun wäre der Zeitpunkt zum Einstieg in die Nahwärmeversorgung Höllseins günstig. Zum einen muss das Wasserleitungsnetz saniert und zum anderen der Breitbandausbau forciert werden, damit auch die Höllsteiner in den Genuss eines schnellen Internets kommen.

Diese Baumaßnahmen will die Gemeinde zum Anlass nehmen, um prüfen zu lassen, ob in Höllstein der Bau eines Wärmenetzes möglich ist. Um die Chancen auszuloten, hat die Gemeinde Steinen die Firma Endura Kommunal aus Freiburg beauftragt (wir berichteten). Das Unternehmen begleitet Städte und Gemeinden in allen Energiefragen nach eigenen Angaben unabhängig und ergebnisoffen.

Nach einem Video, das humorvoll auf das ernste Thema Klimawandel einging, umriss Rolf Pfeifer, Geschäftsführer von Endura Kommunal, das Quartierskonzept. Viele Häuser sind in die Jahre gekommen und mit ihnen viele Heizungsanlagen, deren Austausch nach 30 Jahren ansteht. Dabei muss dem Erneuerbaren-Wärme-Gesetz Rechnung getragen werden. Bei der Erneuerung der Heizung müssen demnach in Baden-Württemberg 15 Prozent der Wärme mit regenerativen Energien erzeugt werden. Gewählt werden kann zwischen Solarthermie, Fotovoltaik, Pelletheizung oder Holzheizung, Wärmepumpe und Bioöl oder Biogas für die Ölheizung und Gasheizung.

Laut Rolf Pfeifer ist die Nahwärme eine Möglichkeit, diese gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Wie viel Nahwärme im Bedarfsfall für Höllstein benötigt wird, lässt sich erst nach Abschluss einer Untersuchung sagen. Dabei umfasst das Untersuchungsgebiet, bis auf wenige Gebäude an der Grenze zu Maulburg, ganz Höllstein. Die Machbarkeitsstudie wird von der Bundesregierung über die KfW-Bank mit 65 Prozent bezuschusst.

Alle Gebäudeeigentümer werden noch diesen Monat einen Fragebogen erhalten, in dem unter anderem Art und Alter der Heizungsanlage, der Sanierungszustand des Gebäudes und das grundsätzliche Interesse an einem Anschluss an das Nahwärme- und Breitbandnetz abgefragt werden. Die ausgefüllten Fragebögen müssen bis zum 30. September zurückgeschickt werden. Je größer der Rücklauf, desto höher ist die Aussagekraft der Analyse. Um das Mitmachen zu belohnen, verlost die Gemeinde unter allen Einsendern 40 Preise, darunter Einkaufsgutscheine.

Dass die Nahwärmeversorgung in der Praxis funktioniert, zeigte Aufsichtsratsvorsitzender Jürgen Rösch von der Genossenschaft „Energie aus Bürgerhand Hägelberg“. Die Frage müsste eigentlich nicht „Wird Höllstein fit für die Zukunft?“ lauten, sondern „Ist Höllstein bereit, die Zukunft mitzugestalten?“ Die Bürger sind für Rösch das wichtigste Glied in der Kette: „Wenn ganz Höllstein kein Interesse hat, ist die Sache gestorben.“

Wie die Genossenschaft „Energie aus Bürgerhand“ es geschafft hat, aus Hägelberg in nur zwei Jahren ein Bioenergiedorf zu machen, verdeutlichte der Aufsichtsratsvorsitzende eindrucksvoll. „Nach der dritten Informationsveranstaltung hatten wir das Dorf begeistert“, so Rösch. Die Vorteile liegen für den Aufsichtsratsvorsitzenden auf der Hand. Neben Platzgewinn - der Heizraum entfällt - sind es die Wertsteigerung der Immobilie und die Unabhängigkeit von Energie-Importen durch den Einsatz nachwachsender heimischer Rohstoffe. Rösch zerstreute aufkeimende Bedenken wegen der Fragebogenaktion: „Es passiert noch nichts, wenn Sie den Fragebogen ausfüllen.“ Röschs Stellvertreterin Claudia Nagorny-Merkt wies auf den „Tag der offenen Tür“ der Genossenschaft „Energie aus Bürgerhand“ am Sonntag, 16. September, von 10.30 bis 16 Uhr in der Heizzentrale hin. Dort gibt es Informationen über den Weg Hägelbergs zur Bioenergiegemeinde sowie über Technik und Betrieb der Heizzentrale. „Segnen sie das Projekt ab, und sägen sie es nicht ab“, appellierte Rösch an die Zuhörer.

Über den Breitbandausbau in Höllstein informierte Paul Kempf vom Zweckverband Breitband Landkreis Lörrach. Ziel des Landkreises Lörrach ist es, gemeinsam mit den Städten und Gemeinden eine zukunftsfähige Glasfaserinfrastruktur aufzubauen und bis 2030 jedes Haus im Landkreis mit einem direkten Glasfaseranschluss zu versorgen. Derzeit mangelt es insbesondere in Gemeinden im ländlichen Raum am schnellen Internet.

Als Grundversorgung gilt laut Kempf aktuell eine verfügbare Bandbreite von 50 mbit/s im Download. Der Bandbreitenbedarf wird laut Kempf jedoch schon in wenigen Jahren bei 100 mbit/s bei bis zu 1000 mbit/s liegen. Kempf geht davon aus, dass das Interesse in Höllstein am schnellen Internet groß sein wird. Laut Kempf sind für den Breitbandausbau dort Investitionen von rund 2,8 Millionen Euro notwendig.

Aus den Zuhörerreihen tauchte alsbald die Frage nach den Kosten auf. Die hängen laut Rolf Pfeifer von mehreren Faktoren ab, auch davon, ob Synergien genutzt werden können, wenn etwa gleichzeitig Rohre für die Nahwärmeversorgung, Glasfaserkabel für das schnelle Internet und neue Wasserleitungen verlegt werden, und die Straße dadurch nur einmal aufgegraben werden muss.

Zu den Kosten sagte Sabine Barden, Projektleiterin bei Endura Kommunal, und Moderatorin des Abends, nur so viel, dass diese sinken, je mehr Haushalte mitmachen. Für Bürgermeister Gunther Braun muss die Wirtschaftlichkeit gegeben sein, sonst lohnt sich das Nahwärmenetz nicht.

Das weitere Vorgehen sieht nun so aus, dass nach der Informationsveranstaltung und der Fragebogenaktion, die zeigt, ob genügend Interesse vorhanden ist – laut Rolf Pfeifer das A und O des Quartierskonzepts – die Auswertung beginnt, über deren Ergebnis in einer weiteren Veranstaltung informiert wird. Veranschlagt wird für das Ganze ein Zeitraum von zwölf Monaten.

Bis zur Umsetzung würden dann noch einmal weitere zwei Jahre vergehen, so dass das Nahwärmenetz 2021 in Betrieb gehen könnte.

Vor Beginn der Informationsveranstaltung in der Wiesentalhalle bestand die Möglichkeit, auf einem Monitor die Liveübertragung eines Drohnenflugs über Höllstein zu verfolgen und in Elektrofahrzeugen vom Typ Tesla Model S und BMW i3 mitzufahren.

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