Steinen Mit dem Rad ins Land der Mitternachtssonne

Harald Pflüger

Interview: Peter Klein fährt im Sommer mit E-Bike und Miniwohnwagen ans Nordkap

Steinen-Schlächtenhaus - Richtung Norden und dann immer geradeaus: Mit E-Bike und Miniwohnwagen möchte Peter Klein im Sommer zum Nordkap aufbrechen. Über seine Reise - hin und zurück sind es auf der kürzesten Route knapp 7000 Kilometer - sprach der 66-jährige Rentner aus Schlächtenhaus im Vorfeld mit unserem Redakteur Harald Pflüger.

Frage: Herr Klein, wann reifte bei Ihnen die Idee, zum Nordkap zu fahren?

Das war vor ungefähr fünf Jahren, als absehbar war, dass ich in Rente gehen und mehr Zeit für Unternehmungen haben werde. Auf YouTube habe ich mir dann Filme über Fahrradtouren ans Nordkap angeschaut und auch die Probleme gesehen, die die Leute hatten. Zum einen fahrradtechnischer Natur und zum anderen vom Wetter her, als es zwei Wochen lang regnete. Da habe ich gemerkt, dass ein Zelt nicht ideal ist. Daher reifte bei mir die Idee, einen Anhänger mit festen Wänden zu bauen, in dem man im Trockenen liegt und nicht mit nassen Klamotten herumfahren muss. Im Hinblick darauf, dass es dort oben auch im Sommer an die null Grad haben kann, dachte ich mir, dass ein Anhänger, zumal aus Isolierplatten gebaut, wärmetechnisch die bessere Lösung ist.

Frage: Die meisten Leser würden wohl vermuten, Sie sind mit einem Wohnmobil unterwegs. Dem ist aber nicht so.

Nein. Ich habe zwar einen großen Wohnwagen und ein Zugfahrzeug. Doch mein Plan ist, die Strecke zum Nordkap und zurück mit Fahrrad und Anhänger zurückzulegen. Es gibt auch Leute, die fahren mit dem Velo ans Nordkap und mit dem Schiff zurück.

Frage: Sie fahren mit einem E-Bike und Miniwohnwagen gen Norden.

Genau.

Frage: Weshalb haben Sie sich gegen eine bequemere Lösung entschieden?

Weil es eine Herausforderung und auch gut für die Umwelt ist. Außerdem sieht man wesentlich mehr, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist. Ich habe schon mehrfach den Westweg mit dem Rad befahren und bin schon über die Alpen geradelt – von Garmisch bis an den Gardasee.

Frage: Sie unternehmen die E-Bike-Tour mitten in der Corona-Krise. Die Situation kann sich in den einzelnen Regionen täglich ändern. Haben Sie für alle Fälle einen Plan B?

Ich wollte die Fahrt schon im vergangenen Jahr machen. Da ging es coronabedingt jedoch nicht. Sollte ich auf meiner Reise größere Probleme bekommen, so ist abgesprochen, dass ich abgeholt werde. Deshalb sehe ich kein Problem.

Frage: Wie ist Ihre Idee zu der Reise entstanden?

Ich reiste schon immer gerne, auch unkonventionell und abenteuerlich. Und als Rentner – meine Frau ist noch berufstätig – habe ich Zeit.

Frage: Wie haben Sie ihre Route geplant?

Ich besitze eine Fahrradapp, in der kann man Touren, Tagesetappen und Campingplätze, auf denen man übernachten möchte, eingeben. Zudem habe ich mit Personen, die diese Reise schon gemacht haben, gesprochen, darunter Siegfried Burkart aus Weil am Rhein, von dem ich wertvolle Tipps bekam.

Frage: Wo sehen Sie die besonderen Herausforderungen auf Ihrer Reise?

Das wäre zum einen die Fahrzeugtechnik und dass der Fahrradanhänger hält. Nach einigen Touren habe ich ihn so verstärkt, dass er halten sollte. Für mich ist der Weg das Ziel. Mir geht es um die Fahrt an sich.

Frage: Wie viel Zeit haben Sie für die Tour eingeplant?

Ich fahre am Tag mindestens 100 Kilometer, vorausgesetzt die Strecke ist nicht zu bergig. Für die Reise habe ich 100 Tage plus eingeplant, auch weil ich noch Verwandte in Cottbus und Berlin besuchen möchte.

Frage: Wie bereiten Sie sich körperlich auf die Reise vor?

Ich bin verhältnismäßig sportlich und habe im Keller einen Fitnessraum. Zudem unternehme ich zweimal die Woche 60 bis 80 Kilometer lange Touren.

Frage: So wie Sie reisen, zählt wohl jedes Kilogramm an Gepäck. Da stimmt das Sprichwort, dass weniger mehr ist, oder?

Ich bin zehn Jahre lang Motorradrennen gefahren und daher ein Gewichtsfanaktiker. Meinen Anhänger habe ich erst geschraubt und dann geklebt, um so eineinhalb Kilogramm an (Schrauben-)Gewicht einzusparen. Ich lege jedes Teil, das mit soll, auf die Waage, auch das Kopfkissen und Schuhe. Mein Anhänger wiegt inklusive Bremsen rund 30 Kilogramm. Mit Gepäck sind es etwa 50 Kilo- gramm.

Frage: Welche Kriterien haben Sie bei der Zusammenstellung Ihrer Ausrüstung angelegt?

Sie muss minimalistisch und dennoch funktionell sein. Dabei achte ich auf hochwertige Sachen.

Frage: Woher rührt Ihre Abenteuerlust?

Die hatte ich schon immer. Schon mit 18 Jahren bin ich mit dem Motorrad nach Gibraltar gefahren, habe mit dem Kajak Istrien umkurvt und habe mit dem Fahrrad Schwarzwald- und Alpentouren unternommen. Daraus resultiert ein gewisser Erfahrungsschatz. Ich weiß, was mich erwartet, ich gehe nicht blauäugig an die Sache.

Frage: Was müssen sie bei Ihrer E-Bike-Tour alles berücksichtigen?

Das Allerwichtigste ist, genügen Akkus dabei zu haben. Bei Tagesetappen von 160 Kilometer reichen meistens nicht mal zwei Akkus. Für den Fall, dass ich die Akkus nicht laden kann, nehme ich einen dritten Akku mit. Der müsste dann für eine halbe Tagesetappe reichen. Ohne Akku mit Anhänger kommt man zwar auf der Ebene vorwärts, aber Berge können sie vergessen.

Frage: Und Sie wissen, was Sie im Sommer im Norden erwartet? Helle Nächte, Rentiere und Milliarden Mücken.

Deshalb habe ich mir bereits mückensichere Kleidung und Gesichtsschutz besorgt. Ich habe Fotos von Beinen gesehen, die waren übersät von Mückenstichen.

Frage: Wie weit ist die Gesamtstrecke, die Sie zurücklegen werden?

Ich schätze mal über 8000 Kilometer. Mit 7000 Kilometer komme ich nicht hin, da ich über Berlin, Bergen und die Lofoten fahren werde.

Frage: Wer mit dem E-Bike unterwegs ist, muss auch regelmäßig den Akku laden. Haben Sie sich schon nach Lademöglichkeiten erkundigt?

Bei 5000 Kilometer mit E-Bike und Fahrradanhänger habe ich einige Erfahrungen sammeln können. Auf Campingplätzen geht das Akkuladen am einfachsten. In Sachsen bin ich tatsächlich einmal mit leerem Akku am Berg stehen geblieben. Neben der Bundesstraße standen zwei Häuser. Dort habe ich geklingelt und durfte meinen Akku aufladen. Man muss mit den Leuten reden. Damit habe ich als kommunikativer Mensch wenig Probleme.

Frage: Sie übernachten in einem Miniwohnwagen. Wie schläft es sich darin?

Sehr minimalistisch. Das ist nicht jedermanns Sache. Doch ich kann ausgestreckt liegen, weil ich meinen Anhänger wie eine Schublade ausziehen kann. Und dadurch, dass er glasfaserverstärkt und mit Styrodur-Platten ausgekleidet ist, isoliert er sehr gut. Im Winter habe ich einmal bei minus fünf Grad im Anhänger auf der Terrasse übernachtet. Im Anhänger herrschen fünf Grad. Und es schläft sich wesentlich ruhiger als in einem Zelt. Im Sommer ist es trotz Zwangsbelüftung fast zu warm. Dann schlafe ich mit offenem Deckel.

Frage: Können wir daraus schließen, dass Sie schon kleinere Touren gefahren sind?

Wie gesagt bin ich schon 5000 Kilometer gefahren. 2019 bis an die holländische Grenze – wo es einen Deichselbruch gab – und 2020 rund um den Bodensee.

Frage: Wie sind Ihre Erfahrungen?

Bei der Bevölkerung stößt der Wohnanhänger auf ein Wahnsinnsinteresse. Angesichts der windschnittigen Form werde ich oft auch gefragt, ob der für einen Hund sei. Auf jedem Campingplatz kommen acht bis zehn Leute zur „Hausbegehung“, die dann viele Fragen haben. Zumal es wenige Anhänger zu kaufen gibt.

Frage: Aber Platzangst darf man nicht haben?

Das ist so eine Sache. Platzangst sollte man nicht haben.

Frage: Das Besondere: Es ist kein Anhänger „von der Stange“. „Bicycle Camper“ nennen Sie Ihren Selbstbau. Weshalb haben Sie keine Fertigware gekauft?

Es gibt mittlerweile welche zu kaufen. Doch vieles ist in meinen Augen nicht durchdacht. Ich finde sie zu groß, zu schwer und zu teuer. Es gibt auch Faltwohnanhänger. Doch denen mangelt es an Platz. Mein Bicycle Camper ist schlank und daher weniger windempfindlich. Da kann mir, wenn es in Norwegen stürmt, wenig passieren. Außerdem habe ich an dem Hänger Halterungen, so dass ich ihn wie ein Zelt sichern kann.

Frage: Inwieweit könnte Ihnen die Corona-Pandemie noch einen Strich durch die Planung machen? Derzeit dürfen Ausländer ohne Wohnsitz in Dänemark nur bei Nachweis eines wichtigen Grundes nach Dänemark einreisen. Ähnliches gilt für Norwegen: Norwegen hat seine Grenzen bis auf weiteres geschlossen. Die Einreise ist nur noch für Reisende möglich, die einen festen Wohnsitz in Norwegen nachweisen können.

Das hatte ich vergangenes Jahr auch schon. Ich wollte in die Schweiz, durfte nicht rein. Jetzt hoffe ich auf den Sommer und darauf, das ich bis spätestens Juni gegen Corona geimpft bin. Ich gehe davon aus, dass ich am 1. Juli aufbrechen kann. Notfalls kann ich noch im August losfahren.

Peter „Pit“ Klein (66 Jahre), gelernter Maschinenschlosser, hat nach einem Mopedunfall auf Büromaschinentechniker umgeschult und in diesem Beruf bis zum Wechsel zu einem Baumarkt gearbeitet. Seit zweieinhalb Jahren ist der frühere Motorradsportler (OKM-Juniorenmeister in der 500er Klasse) in Rente. Zu den Hobbys des gebürtigen Cottbusers zählen neben Motorradfahren Mountainbikefahren und Surfen.

Weitere Informationen: Das Nordkap gilt seit 1999 als der nördlichste vom Festland aus auf dem Straßenweg erreichbare Punkt Europas und ist mit seinem Wahrzeichen, dem Globus, ein bedeutendes touristisches Reiseziel.

Richtung Norden und dann immer geradeaus: Mit E-Bike und Miniwohnwagen möchte Peter Klein im Sommer – Starttermin soll der 1. Juli sein – zum Nordkap aufbrechen. Über seine Reise – hin und zurück sind es auf der kürzesten Route knapp 7000 Kilometer – sprach der 66-jährige Rentner aus Schlächtenhaus im Vorfeld mit unserem Redakteur Harald Pflüger.

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