Steinen Übers Raufen, Riffeln und Rätschen

Markgräfler Tagblatt
Ruth Noack riffelt den Flachs. Foto: Hans-Jürgen Hege Foto: Markgräfler Tagblatt

Schneiderhof: Aktionstag zum Flachs: Wissenswertes über die Pflanze, den Umgang damit und Redewendungen

„Des war früher un isch au jetz noch e Wahnsinnsarbeit“, flachste Ruth Noack, als sie am Samstag im und rund um das Bauernhof-Museum „Schneiderhof“ bei geradezu idealem Stubenhocker-Wetter die vielen Stationen des Flachses „vom Büschel zum Leinenhemd“ beschrieb.

Von Hans-Jürgen Hege

Steinen-Endenburg. Ruth Noack zeigte den vielen Gästen aus dem gesamten Badnerland, was die Altvorderen einst unter „raufen“, „riffeln“, „rösten“ oder „dörren“, „brechen“, „spinnen“ und „hecheln“ verstanden, als sie diese interessante Pflanze mit mühsamer Hand- oder besser „Knochenarbeit“ zum Stoff für Kleidungsstücke verarbeiteten.

Diese Arbeit am Leinenhemd beginnt am 100. Tag eines ganzen Jahres mit der Aussaat Ende April. 100 Stunden liegt er im Boden. Beginnt er zu sprießen, gilt es in die Hände zu spucken. „Der Flachs ist sehr konkurrenzschwach“, erfahren die Zuhörer, die Ruth Noack an Lippen und flinken, geschickten Händen kleben.

Am 100. Tag beginnt die Arbeit

Deshalb müssten Begleitpflanzen um den Flachs entfernt werden. Mit Stäben und Schnüren werde verhindert, dass das Pflänzchen umfällt. Es muss gerade wachsen und genügend Feuchtigkeit zugeführt bekommen. 100 Tage später werde der Flachs gerauft. Die Hälfte seiner Samenkapseln sind dann idealerweise braun. Seine Fasern sind dann nicht brüchig und spröde, wie das der Fall wäre, wenn er zu spät geerntet wird. Er kann dann „mit der Wurzel ausgerauft und zum Trocknen und Nachreifen aufgehängt werden.“

Ruth Noack unterstrich die „enorme wirtschaftliche Bedeutung“ des Flachs. Aus seinen Fasern werden Textilien und Garne gefertigt, aus den Samen wird unter anderem Öl gepresst, in Ölmühlen wurde Leinöl und Leinkuchen gewonnen. Kein Wunder, dass Flachs zur Rarität geworden ist.

Es sei, so Noack, immer schwieriger, an Samen ranzukommen. Auch deshalb ging sie bei ihrer Vorführung auf dem Schneiderhof äußerst sparsam um mit dem kostbaren Gut, das sie zur Demonstration der uralten Fertigungsmethode benötigte. „Wer weiß, was kommt und ob’s weiter gedeiht“, sagte sie und brachte nach dem Abstreifen, dem „Riffeln“ der Stängel, Samen und Blütenreste in Sicherheit. Zwei der drei von ihr „geernteten“ Pflanzengarben mussten genügen, um das weitere Werk zumindest in Ansätzen demonstrieren zu können.

Fahrt ins Blaue - das ist Blütezeit

Zur Erläuterung einiger Redensarten, die auf den Flachs zurückzuführen sind, genügte es – zusammen mit ein paar Fotos – allemal. So war zu erfahren, dass „die Fahrt ins Blaue“ mit einer Fahrt aufs Land zur Zeit der Blütezeit des Flachses zu vergleichen sei, dass ein „Rätschwiib“ eine Frau gewesen sei, die den Flachs „rätschte“ oder dass es durchaus was auf sich hatte, wenn die Aussteuer einer Braut aus viel Selbstgemachtem bestand, denn war die überaus „gut betucht“ und hatte sich bei der Arbeit an ihren Textilien weder „verzettelt“ noch allzu oft „verhaspelt“ oder hatte gar irgendwann einmal beim Spinnen „den Faden verloren“.

Schöne Geschichten waren das, die Ruth Noack bei diesem faszinierenden Streifzug durch die Geschichte in ihrer zweiten Heimat, dem Schneiderhof, zum Besten gab. Auch für die beiden Damen aus dem Elztal hatte sich die weite Anfahrt nach Kirchhausen gelohnt, obwohl in deren nächster Nähe die „Vogtsbauernhöfe“ angesiedelt sind.

„Wir haben von dieser Aktion über den Schwarzwaldverein erfahren. Und da es so etwas bei uns nicht gibt, wir das aber unbedingt einmal persönlich erleben wollten, sind wir hierhergekommen“, sagte eine der beiden Frauen, und die andere ergänzte: „Gott sei Dank.“ Ruth Noack hat ihre Sache mal wieder außerordentlich gut gemacht und ihre Gäste einmal mehr restlos begeistert.

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