Steinen Wiedersehen mit alter Bekannten

Markgräfler Tagblatt
Hans-Peter Günther aus Steinen hat eine weitere Kurzgeschichte geschrieben, in deren Mittelpunkt eine Schreibmaschine steht. Foto: Harald Pflüger Foto: Markgräfler Tagblatt

Kurzgeschichte: Hans-Peter Günthers Erlebnis auf einem Recyclinghof

Von einem Wiedersehen mit einer alten Bekannten handelt die jüngste Kurzgeschichte von Hans-Peter Günther, die auf einem Recyclinghof beginnt.

Steinen. „Ab und zu muss man manche Dinge entsorgen. Auch wenn diese noch zu gebrauchen und funktionsfähig sind. Seltsamerweise fällt Derartiges mit zunehmendem Alter des Besitzers immer mehr an. Liegt es daran, dass man zuviel gesammelt und gehortet hat, oder man immer weniger davon braucht? Wahrscheinlich wird beides zutreffen. Hiermit meine ich natürlich kein Altpapier, Altglas oder Schrott, sondern technische Geräte.

Damit diese nicht sinnlos vernichtet werden, gibt es die guten Einrichtungen der vom Landkreis getragenen Recyclinghöfe, mehrere davon im Umkreis.

Auch mich packte wieder einmal dieser „Fast-alles-muss-weg“-Koller, ich wollte Platz schaffen. Fragen Sie mich bitte nicht, zu was ich diesen Platz brauche (siehe oben). So stand ich an einem Dienstagvormittag auf dem hiesigen Recyclinghof, entlud meine Kartonagen und einiges an Altpapier.

Zu der Zeit fuhr ein älterer Herr mit seinem Golf Variant auf den Hof, öffnete die Heckklappe und begann eine Unmenge von Geschirrteilen in den betreffenden Container zu kippen. Als ich hinter dem Auto vorbeilief, sah ich, dass noch ein grün-grauer Koffer darin stand. Da ich bekanntlich für derartige Koffer ein geschultes Auge habe, fragte ich mich: Was konnte es nur sein? Eine Alpina-Kofferschreibmaschine, oder nur ein leerer Koffer?

Mutig und zugleich neugierig sprach ich den Herrn an und fragte, ob dies eine Schreibmaschine sei und ob er diese auch wegwerfen würde?

„Ja, die braucht bei uns niemand mehr. Die Kinder schreiben auf dem PC und ich schreibe keine Briefe mehr“, kam die Antwort. Noch mutiger geworden, lautete meine nächste Frage: „Kann ich die Maschine haben?“ „Wenn Sie Spaß daran haben, gerne“, kam die Antwort, gefolgt von einem „Ach, jetzt erkenne ich Sie. Sie sind doch der Schreibmaschinen-Mann aus der Oberbadischen. Na, dann kommt die Maschine in die richtigen Hände.“

Wie recht er noch haben sollte. Da die Maschine noch nicht im Container lag, war der Besitzerwechsel problemlos und rechtlich einwandfrei. Wäre sie schon im Container gelandet, hätte ich sie nicht mehr mitnehmen können. Aber so: Glück gehabt.

Daheim angekommen, führte der erste Gang gleich in meine Mini-Werkstatt. Koffer geöffnet. Dann die spannende Frage: Ist die Schreibmaschine Schrott oder kann man sie noch herrichten? Dann die Überraschung: Die Maschine sieht aus wie neu. Keinerlei Lackbeschädigungen, die Typen sind sauber, und ein extra Farbband liegt auch noch dabei.

Die grauen Tastknöpfe: tadellos. Als ich die Maschine aus dem Kofferboden nahm, habe ich mir den Unterboden angesehen, und was sah ich da? Auf der Innenseite der hinteren Gehäusewand klebte ein kleiner, vergilbter Zettel: „Juli 1977. GÜ, GEN.ÜBERH“.

Diese Maschine hatte ich im Juli 1977 auf der Werkbank, und sie wurde von mir einst generalüberholt. Seither war sie wohl nicht mehr groß im Einsatz. Derartige Aufkleber wurden seinerzeit in der Werkstatt angebracht, um bei eventuellen Reklamationen feststellen zu können, wer die Maschine auf dem Tisch hatte. War das nun Zufall, Glückfall oder war ich nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort? Nennen wir es einfach „Happy End Recyclinghof“. So etwas kann man sich nicht ausdenken. So etwas muss man erleben.“

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