Stolpersteine auch für Grenzach-Wyhlen Den Opfern ihre Namen zurückgeben

Rolf Rombach
Axel Huettner und Sandra Grether haben bereits viel ehrenamtliche Archivarbeit geleistet. Sie sind die Initiatoren des Stolperstein-Projekts in Grenzach-Wyhlen. Foto: Rolf Rombach

Auch in Grenzach-Wyhlen sollen „Stolpersteine“ verlegt werden. Die beiden Ideengeber, Pfarrer i. R. Axel Huettner und die Historikerin Sandra Grether, haben dazu im Gemeinderat erste Ideen vorgestellt. Doch sie benötigen weitere Infos von Bürgern.

Mit der aktuellen Ausstellung „Leben am Grenzzaun“ in der Römervilla wird aufgezeigt, dass das durch die Nationalsozialisten verursachte Leid nicht nur in fernen Großstädten, sondern auch direkt hier in den kleinen Gemeinden am Hochrhein präsent war. Im Gemeinderat berichtete Axel Huettner, wie er einst in Frankfurt durch einen sogenannten Stolperstein auf die Geschichte der Familie Bodenheimer aufmerksam geworden sei, welche von den Nationalsozialisten ermordet worden war.

Diese Stolpersteine sind inzwischen ein wichtiger Teil lokaler Erinnerungskultur. Mehr als 100 000 Stück sind inzwischen europaweit verlegt worden. Nach Lörrach, Schopfheim und Zell im Wiesental streben Huettner und seine Mitstreiterin Sandra Grether nun an, dass Grenzach-Wyhlen als vierte Kommune im Landkreis den NS-Opfern ihren Namen zurückgibt.

Rund 70 Opfer sind bisher benannt

Wie der Pfarrer im Ruhestand ausführte, seien die Archive von Grenzach und Wyhlen bezüglich der Jahre zwischen 1933 und 1945 „sehr löchrig“. Im Rahmen seiner Tätigkeit auf Kreisebene sei er dennoch auf Namen aus Grenzach-Wyhlen gestoßen. Auf einer ersten Liste haben Huettner und Grether Namen von Opfern mit Bezug zu Grenzach-Wyhlen gesammelt. 14 Personen seien aufgrund der NS-Rassenlehre ermordet worden, 15 Menschen wurden getötet unter dem Vorwand der Euthanasie. Doch auch 40 politisch Verfolgte fanden den Tod, weil sie sich gegen das Unrechtsregime positioniert hatten.

„Die erste Liste ist bereits vierfach überarbeitet. Unterlagen des Bundes- und Landesarchivs haben wir bereits ausgewertet. Aktuell sind wir im Staatsarchiv Freiburg auf der Suche“, teilte Huettner dem Gemeinderat mit.

Einige Personen, die sich nach dem Krieg als Opfer der Nationalsozialisten bezeichnet hätten oder als solche bezeichnet wurden, konnten die Ehrenamtlichen bereits streichen. Dennoch sind sie auf der Suche nach weiteren möglichen Opfern.

„Da hoffen wir auf die Unterstützung aus der Bevölkerung, auf Menschen, die uns Namen nennen können. Lieber doppelt und dreifach genannt als vergessen“, warb Sandra Grether um Mitwirkung aus der Bevölkerung. Für die Verlegung der Gedenksteine fallen jeweils Kosten von rund 120 Euro an, wofür man ebenfalls um Spenden bittet. Aaron Gössler (Grüne) betonte die Bedeutung der lokalen Aufarbeitung. Gertrud Wittek (Freie Wähler) verwies darauf, dass wirklich politisch Verfolgte damals inhaftiert und getötet worden seien. Ulrike Ebi-Kuhn (CDU), die die Zahl 70 schon als denkwürdig hoch einstufte, schätzt, dass die Zahl sogar noch steigen werde. Heinz Intveen (SPD) erinnerte daran, dass vor 20 Jahren bereits durch Gymnasiasten eine erste Aufarbeitung für Euthanasie-Opfer stattfand. Es sei unvorstellbar und unbegreiflich, wie der Antisemitismus wieder Aufwind erfahre.

Erste Verlegung soll im Herbst 2025 stattfinden

„Auf der Liste sind Namen von Familien, die ich selbst kenne“, zog Ralf Blubacher (FDP) abschließend nochmals den Bogen zur Doppelgemeinde. „Das Grauenhafte war nicht so weit weg“, ergänzte Peter Weber (FW). „Vielleicht ist das ein Projekt für unsere neue Bürgerstiftung“, warb Marianne Müller (SPD) für eine Unterstützung im Kampf gegen das Vergessen.

Einstimmig positionierte sich der Gemeinderat für die Umsetzung der Initiative. Viele Räte boten auch ihre persönliche Hilfe an. Im Herbst 2025 sollen dann, so die vorläufige Planung der Beteiligten, die ersten Steine verlegt werden. Mit Steckbriefen und eventuell auch einer Ausstellung sollen die Opfer wieder ein Gesicht erhalten.

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