Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, gibt es laut Brockmann eine ganze Palette an Maßnahmen. Von denen, die zum Verlust der Fahrerlaubnis führen könnten, sei jedoch keine einzige positiv bewertet worden. Hauptproblem dabei sei die "Falsch-negativ-Quote". Wenn nämlich jeder ältere Mensch einen Test machen müsse, könne nicht wie bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) "das ganze Besteck" aufgefahren werden. Bei der MPU nehme man sich zwar den Tag Zeit für die Menschen, das koste den Beurteilten jedoch 700 Euro - und zwar in dem Fall dann "anlass- und verdachtslos", betonte der UDV-Leiter. Dies benachteilige vor allem arme Rentner überproportional.
Plädoyer für verpflichtende Rückmeldefahrt
Daher plädiert Brockmann für ein niederschwelligeres Angebot: und zwar eine verpflichtende Rückmeldefahrt. Bei dieser Fahrt werde der Rentner beispielsweise 45 Minuten von einem Profi begleitet und beurteilt. Die Seniorinnen und Senioren sollten dabei über ihre Fahrtüchtigkeit aufgeklärt werden und müssten im nächsten Schritt aufgrund der Bewertung selbst entscheiden, ob sie den Führerschein abgeben wollen oder nicht. Diese Rückmeldefahrt dürfe nicht an den Verlust der Fahrerlaubnis gekoppelt sein, da dies, schon wegen großer Nervosität, zu vielen Falschurteilen führen würde.
Für den Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC) zeigt die Unfallstatistik, dass die Gruppe der älteren Autofahrer und Autofahrerinnen nicht überdurchschnittlich viele schwere Unfälle verursacht. Der dennoch registrierte Anstieg von Unfällen mit Senioren über 75 Jahren liegt dem Verband zufolge an zwei Gründen: Erstens hat die Zahl der Menschen über 75 Jahren mit Führerschein zugenommen und zweitens steigt der Anteil dieser Altersgruppe in der Bevölkerung.
Das Alter der Menschen ist für den ADAC nicht entscheidend für die Teilnahme am Straßenverkehr, sondern der Gesundheitszustand und die Fahrerfahrung. Die Gruppe der älteren Fahrer und Fahrerinnen zeichne sich in der Regel durch einen situationsangepassten Fahrstil und vorausschauendes Fahren aus. Auch bisher entwickelte Testverfahren lehnt der Verband ab, da diese dazu führen könnten, dass Autofahrer irrtümlich den Führerschein verlieren.
Debatte um Meldepflicht für Ärzte
Ein alternatives Modell wird seit Mittwoch beim Verkehrsgerichtstag in Goslar debattiert: Eine Meldepflicht für Ärztinnen und Ärzte von fahrungeeigneten Menschen. Dabei geht es neben Senioren auch um schwer kranke Menschen. Die dahinterstehende Frage ist, ob und wann Ärzte Patienten mit Einschränkungen an Fahrerlaubnisbehörden melden dürfen oder gar sollen. Viele Verbände, darunter auch der ADAC, sind gegen eine solche Meldepflicht, die die ärztliche Schweigepflicht aufbrechen würde. Sie fürchten einen Vertrauensverlust zwischen Arzt und Patient.
Durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1968 dürfen Ärzte bereits fahrungeeignete Menschen in Ausnahmefällen den Behörden melden, wenn "Gefahr in Verzug" ist, erklärte ein Sprecher des Automobilclubs von Deutschland. Dazu müssen sie zuerst den Patienten über seine Erkrankung und die damit verbundenen Gefahren des Autofahrens aufklären.
Ein alternatives Modell
Ein alternatives Modell wurde seit Mittwoch beim Verkehrsgerichtstag in Goslar debattiert: Eine ärztliche Meldepflicht fahrungeeigneter Menschen. Die Teilnehmer der Fachtagung sprachen sich aber gegen eine solche Regelung aus. Dabei ging es neben Senioren auch um schwer kranke Menschen. Viele Verbände, darunter der TÜV-Verband und der Verkehrssicherheitsrat, begrüßten die Entscheidung. Sie fürchteten einen Vertrauensverlust zwischen Arzt und Patient.
Für Ausnahmefälle solle aber eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, die es Ärztinnen und Ärzten erlaubt, Patienten trotz der Schweigepflicht den Behörden zu melden, forderten die Fachleute. Durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1968 ist das bereits erlaubt wenn "Gefahr in Verzug" ist, erklärte ein Sprecher des Automobilclubs von Deutschland. Dazu müssen Ärzte zuerst den Patienten über seine Erkrankung und die damit verbundenen Gefahren des Autofahrens aufklären. Das solle nun auf sich langsam entwickelnde Krankheiten wie etwa Epilepsie ausgeweitet werden - unter der Voraussetzung, dass die therapeutischen und beratenden Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Über die Diskussion hinaus zeigt die japanische Studie nach obligatorischen Eignungstests für Fahrer über 70 Jahren nicht nur eine Abnahme der Autounfälle, sondern es stieg zugleich die Zahl der Unfälle bei Radfahrern und Fußgängern in dem Alter.
Daraus schloss Mitautor Haruhiko Inada von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, dass die Sicherheitsmaßnahmen für Radfahrer und Fußgänger verstärkt werden müssten. Ältere Menschen sollten zudem auf den Verzicht des Autofahrens vorbereitet und ihnen "sichere, alternative Verkehrsmittel" zur Verfügung gestellt werden.