Resultate: Für 42 gesundheitliche Probleme sank unter der GLP-1-RA-Therapie das Risiko, dagegen stieg es für 19 andere. Günstige Effekte fand das Team auf Suchtprobleme - etwa mit Alkohol, Opiaten, Tabak oder Cannabis -, psychotische Störungen, Demenz wie etwa Alzheimer, Blutgerinnungsstörungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Infektionskrankheiten und diverse Atemwegsprobleme - von Bronchitis über Lungenentzündung bis zu chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Mit einer Risikominderung von jeweils meist 10 bis 20 Prozent fällt die Effektstärke jedoch eher mäßig aus.
"GLP-1-RA-Präparate wirken auf Rezeptoren in Gehirnarealen, die an Impulskontrolle, Belohnung und Sucht beteiligt sind", erläutert Al-Aly. "Das erklärt möglicherweise ihre Wirksamkeit beim Drosseln von Appetit und Suchterkrankungen." Die möglicherweise verringerte Demenzgefahr erklärt er mit der entzündungshemmenden Wirkung im Gehirn. Das geringere Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen - hierzulande die häufigste Todesursache - führt Tacke auf die Gewichtsreduktion und eine veränderte Lebensführung wie etwa mehr Bewegung zurück.
Lange Verweildauer der Nahrung im Darm
Die Studie bestätigt auch Analysen, wonach GLP-1-RA-Präparate nicht mit suizidalen Gedanken und Selbstverletzungsgedanken einhergehen. Diese Gefahr sei sogar reduziert, schreibt die Gruppe und verweist auf mögliche antidepressive Eigenschaften der Medikamente.
Als Risiken nennt die Gruppe unter anderem Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Sodbrennen, Gelenkentzündungen, Schlafstörungen oder Hypotonie, also zu niedrigen Blutdruck. Zudem könnte die Einnahme in seltenen Fällen entzündliche Prozesse in den Nieren und der Bauchspeicheldrüse fördern. Der deutsche Experte Tacke erklärt die bekanntermaßen häufigen Magen-Darm-Probleme mit der längeren Verweildauer der Nahrung im Verdauungstrakt.
Eventuell Blutdruckmittel anpassen
Das Autorentrio betont, die Erkenntnisse der Studie könnten generell dazu führen, neue medizinische Zusammenhänge systematisch zu erforschen. Gleichzeitig hätten sie schon jetzt Bedeutung für die medizinische Praxis. So sollte beim Einsatz der Präparate etwa der Blutdruck gut kontrolliert und bei Bedarf die Einnahme von Blutdrucksenkern angepasst werden. Auch auf andere mögliche negative Auswirkungen der Therapie sollte künftig verstärkt geachtet werden. "GLP-1-RA-Präparate können einen breiten gesundheitlichen Nutzen bieten", sagt Al-Aly. "Aber risikofrei sind sie nicht."
Trotz der insgesamt deutlich positiven Bilanz der GLP-1-RA-Präparate bleibt eine wichtige Frage ungeklärt. Für die Bewertung einer möglicherweise erhöhten Tumorgefahr sei die Beobachtungszeit von 3,7 Jahren zu kurz, sagt Tacke. Allerdings gebe es auf ein solches Risiko bislang keinerlei Hinweise.